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Narrenturm - Roman

Narrenturm - Roman

Titel: Narrenturm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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ketzerischen Seuche! Darum sage ich und bitte Euch im Namen Seiner Eminenz des Bischofs Konrad tragt das Zeichen des Kreuzes über Eurer Rüstung, und werdet zu einer Engelsmiliz. Sünden und Schuld werden Euch erlassen, sowohl hier in diesem Jammertal als auch vor Gottes Gericht. Und was einer erbeutet, soll ihm gehören.«
    Eine Zeit lang herrschte Stille. Irgendwo rülpste einer, einem anderen ging es vernehmlich im Bauch umeinander. Markwart von Stolberg räusperte sich, kratzte sich hinterm Ohr und ließ seinen Blick umherschweifen.
    »Was sagt Ihr dazu, Ihr Herren Ritter?«, fragte er, wieder das Wort ergreifend. »Hä? Ihr Herren, eine Engelsmiliz?«
    »Das war zu erwarten.« Bożywoj de Lossow sprach als Erster. »Brand, der päpstliche Legat, war zu Gast in Breslau, mit reichlich Gefolge. Ha! Ich hab’ sogar überlegt, ob ich ihn nicht auf der Straße nach Krakau überfallen soll, aber die Eskorte war zu groß. Es ist kein Geheimnis, dass Kardinal Brand zum Kreuzzug aufruft. Die Hussiten haben dem römischen Papst ganz schön zugesetzt!«
    »Und auch das ist wahr, in Böhmen ist es in überhaupt nicht lustig«, versetzte Jaśko Chromy von Lubna, jener Raubritter mit dem Tatarenbart, den Reynevan schon kannte. »Die Festungen Karlstein und Zebrak werden belagert, sie können jeden Tag fallen. Ich denke, wenn wir uns nicht rechtzeitig über die Böhmen hermachen, dann machen die sich über uns her. Das muss man, scheint mir, auch erwägen.«
    Eckhard von Sulz, der mit der schräg verlaufenden Narbeauf der Stirn, fluchte und schlug mit der Hand gegen sein Schwertheft.
    »Was soll ich da noch überlegen!« Er lachte auf. »Pater Hyazinth sagt ganz richtig: Tod den Ketzern, Feuer und Vernichtung! Schlagt die Böhmen, wenn ihr tugendhaft seid! Und wir bringen bei der Gelegenheit unsere Schäfchen ins Trockne, denn es ist rechtens, dass die Sünde bestraft und die Tugend belohnt wird.«
    »Es ist wahr«, meldete sich Woldan von Nossen zu Wort, »so ein Kreuzzug ist ein großer Krieg. Und in großen Kriegen wird man schneller reich.«
    »Da kriegst du auch schneller eins über den Kopf gezogen«, bemerkte der Lockenkopf Poraj, »und schlimmer obendrein.«
    »Du bist furchtsam geworden, Herr Blażej, rief Otto Glaubitz, der Ohrabschneider. »Wovor sollten wir denn Angst haben? Die Mutter hat uns nur einmal geboren! Und hier, riskieren wir nicht auch hier unseren Hals, wenn wir auf Beutezüge gehen? Wovon wirst du dabei reich? Was erbeutest du denn schon? Das Geldsäckchen eines Kaufmanns? Aber dort, in Böhmen, in der offenen Schlacht, nimmst du, wenn du Glück hast, einen Ritter lebendig gefangen und kannst Lösegeld fordern, sogar zweihundert Schock Groschen. Erschlägst du ihn, nimmst du das Pferd und die Rüstung des Erschlagenen, das sind wenigstens zwanzig Mark, da kannst du rechnen, wie du willst. Und wenn wir eine Stadt einnehmen . . .«
    »Denkt doch mal«, Paszko Rymbaba erwärmte sich für diese Idee, »die Städte da unten sind reich, und in den Burgen sind die Schatzkammern voll. Nehmt nur mal Karlstein, von dem so viel die Rede ist. Das nehmen wir ein und machen Beute . . .«
    »Da hast du dir ja was Schönes ausgedacht«, lachte der Ritter mit dem roten Balken im Wappen. »Karlstein ist nicht in hussitischer, sondern in katholischer Hand. Die Festung wird von den Hussiten belagert, der Kreuzzug soll zu ihrem Entsatz durchgeführt werden! Du, Rymbaba, du dummer Flegel, kennst dich mit Politik überhaupt nicht aus.«
    Paszko Rymbaba wurde rot und zwirbelte seinen Schnurrbart.
    »Du pass bloß auf, Kottwitz«, brüllte er dann und zog seine Streitaxt aus dem Gürtel, »wen du hier einen Dummkopf nennst! Ich habe vielleicht nicht viel Ahnung von Politik, aber wie ich jemandem eins über den Schädel ziehe, das weiß ich genau!«
    »Pax, pax«
, beschwichtigte Bożywoj de Lossow und hielt Kottwitz, der sich schon, seinen Dolch umklammernd, über den Tisch beugte, zurück. »Ruhe! Alle beide! Wie die Kinder! Nichts anderes, nur saufen und nach den Messern greifen!«
    »Da hat Herr Hugo Recht«, fügte Traugott von Barnhelm hinzu. »Paszko, du bist mit den Geheimnissen der Politik nicht vertraut. Wir reden hier von einem Kreuzzug. Weißt du überhaupt, was ein Kreuzzug ist? So was wie bei Gottfried von Bouillon, wie bei Richard Löwenherz, wisst ihr, versteht ihr, Jerusalem und all diese Dinge. Nicht?«
    Die Raubritter nickten, aber Reynevan wäre jede Wette eingegangen, dass nicht alle alles verstanden

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