Narrenturm - Roman
Schrecklichste gespalten. Walter de Barby rollte unter die Hufe seines Pferdes, ein großen Ritter, der das polnische Ogończyk-Wappen auf dem Schild trug, hatte ihn mit dem Schwert durchbohrt. Stork bekam eins mit dem Streitkolben über den Schädel gezogen. Sybek von Kobelau hatte so viel abbekommen, dass sein Blut den im Sattel zusammengekrümmten Reynevan bespritzte.
»Du bist frei, mein Freund.«
Reynevan blinzelte. In seinem Kopf drehte sich alles. Das war alles viel zu schnell gegangen.
»Danke, Bolko . . . Verzeihung . . . Euer fürstliche Gnaden . . .«
»Schon gut, schon gut«, unterbrach Bolko Wołoszek, der Herr von Oppeln und Neustadt, Herr von Oberglogau, sein Gestammel und schnitt mit einem Dolch die Fesseln durch. »Du musst mich nicht mit Titel anreden. In Prag warst du Reynevan und ich Bolko. Beim Bier und auch bei den Prügeleien. Und als wir uns wegen finanzieller Schwierigkeiten zusammeneine Hure im Bordell in der Zeltnergasse in der Altstadt genommen haben. Hast du das schon vergessen?«
»Nein, das habe ich nicht vergessen.«
»Ich auch nicht, wie du siehst. Man lässt keinen Studienfreund in höchster Not im Stich. Und Johann von Münsterberg kann mir den Arsch küssen. Übrigens stelle ich mit Genugtuung fest, dass wir gar keine Münsterberger erschlagen haben. Wir sind einem diplomatischen Zwischenfall aus dem Weg gegangen, obwohl das eher ein Zufall ist, denn ich gebe zu, wir haben hier auf dem Weg nach Stolz eher mit einer Münsterberger Eskorte gerechnet. Und jetzt so eine Überraschung! Was sind das für Leute, Herr Unterstarost? Reynevan, hier stelle ich dir meinen Unterstarosten, Herrn Chris von Kirchhain, vor. Also, Herr Chris, habt Ihr einen erkannt? Lebt noch einer?«
»Das sind Kunz Aulock und seine Kumpane.« Reynevan kam dem Riesen mit dem Ogończyk-Wappen auf dem Schild zuvor. »Einer atmet noch. Stork von Gorgewitz.«
»Oho!« Der Herr von Oberglogau hob die Augenbrauen und verzog den Mund. »Stork! Und lebendig! Her mit ihm!«
Wołoszek trieb sein Pferd an, vom Sattel herab blickte er auf die Toten.
Sybek von Kobelau, erkannte er. Mehrmals ist er dem Henker schon entwischt, aber, wie heißt es so schön, der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht. Und hier ist Kunz Aulock, verdammt noch eins, aus so einer ordentlichen Familie. Walter de Barby, tja, wie das Leben, so der Tod. Und wen haben wir hier? Herrn Stork?
»Erbarmen«, stotterte Stork von Gorgewitz und verzog ängstlich sein blutüberströmtes Gesicht. »Pardon . . . Gnade, Herr . . .«
»Nein, Herr Stork«, entgegnete Bolko Wołoszek kalt. »Oppeln ist in Kürze mein Herrschaftsgebiet, mein Herzogtum. Die Vergewaltigung einer Oppelner Bürgerin ist in meinen Augen ein sehr schweres Verbrechen. Ein zu schwerer Tatbestand für einen raschen Tod. Schade, dass ich so wenig Zeit habe.«
Der junge Prinz stellt sich in die Steigbügel und sah sich um.
»Bindet den Lumpenhund«, befahl er, »und ertränkt ihn!«
»Wo denn?« Ogończyk wunderte sich. »Hier ist doch gar kein Wasser.«
»Dort im Graben ist eine Pfütze.« Wołoszek deutete in die Richtung. »Sie ist zwar nicht groß, aber der Kopf passt gerade hinein.«
Die Glogauer und die Oppelner Ritter schleiften den schreienden und sich windenden Stork in den Graben, drehten ihn um und drückten, ihn an den Beinen haltend, seinen Kopf in die Pfütze. Der Schrei verwandelte sich in wildes Gurgeln. Reynevan wandte das Gesicht ab.
Es dauerte lange, sehr lange.
Chris von Kirchhain kam in Begleitung eines zweiten Ritters, eines Polen mit dem Nieczuja-Wappen, zurück.
»Das ganze Wasser hat der Unhold aus der Pfütze gesoffen«, sagte Ogończyk fröhlich. »Erst am Schlamm ist er erstickt.«
»Es wird Zeit, von hier zu verschwinden, Euer Gnaden«, meinte der Nieczuja.
»Ihr habt Recht«, stimmte Bolko Wołoszek zu. »Ihr habt Recht, Herr Slaski. Hör mal, Reynevan. Du kannst nicht mit mir reiten, ich kann dich weder in Glogau noch in Oppeln oder Falkenberg verstecken. Weder mein Vater noch mein Onkel Bernhard wollen eine Fehde mit den Münsterbergern, sie werden dich an Johann ausliefern, wenn der es verlangt. Und er wird es verlangen.«
»Ich weiß.«
»Ich weiß, dass du es weißt.« Der junge Piast zwinkerte ihm zu. »Aber ich weiß nicht, ob du es verstehst. Deswegen ein paar Einzelheiten. Egal, welche Richtung du wählst, meide Münsterberg! Meide Münsterberg, mein Freund, ich rate es dir, um unserer alten Freundschaft willen. Halte dich von
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