Narrenturm - Roman
einmal . . .«, stieß er wütend hervor, »wenn du noch einmal ›nicht mehr gültig‹ sagst, wirst du es bitter bereuen. Was erzählst du mir hier, du Strolch? Glaubst du vielleicht, du Halunke, ich hätte nichts Besseres zu tun, als durch die Wälder zu jagen? Auf Beute hoffend habe ich nur Zeit verloren. Jetzt sag mir nicht, dass ich vergebens gehofft habe, denn mir jucken die Finger nach dir.«
»Langsam, Buko«, beschwichtigte ihn Notker von Weyrach. »Warum denn gleich mit Gewalt? Vielleicht gelangen wir zu einer Einigung. Und du, Herr Scharley, erlaube, dass ich dir das sage, du hast nicht recht getan. Es war abgesprochen, dass ihrden Steuereinnehmer ab Münsterberg verfolgen würdet, dass ihr uns mitteilt, welchen Weg er nimmt und wo er anhält. Wir haben auf euch gewartet. Das war ein Gemeinschaftsunternehmen. Und was habt ihr gemacht?«
»In Münsterberg, als ich die Herren um Hilfe gebeten habe«, Scharley strich seine Kleider glatt, »als ich für die Hilfeleistung mit einer einträglichen Information und einem Angebot bezahlt habe, was habe ich da zu hören bekommen? Dass die Herren vielleicht, ich zitiere, wenn sie denn dazu Lust hätten, bei der Befreiung des hier anwesenden Reinmar Hagenau helfen würden. Dass ich von der Beute aus dem Überfall auf den Steuereinnehmer aber nicht einen müden Heller zu sehen bekäme. Sieht so etwa ein Gemeinschaftsunternehmen aus?«
»Euch ist es nur um euren Freund gegangen. Er sollte freikommen.«
»Und er ist frei. Er hat sich selbst befreit, aus eigenen Kräften. Daher ist doch wohl klar, dass ich die Hilfe der Herren nicht mehr in Anspruch nehmen muss.«
Weyrach breitete die Arme aus. Tassilo de Tresckow fluchte, Woldan von Nossen, Kuno Wittram und Paszko Rymbaba überschrien sich gegenseitig. Buko von Krossig brachte sie mit einer heftigen Geste zum Schweigen.
»Um ihn ist es gegangen, oder?«, presste er zwischen den Zähnen hervor und zeigte auf Reynevan. »Ihn sollten wir aus Stolz herausholen? Sein Leben sollten wir retten? Und jetzt, wo er frei ist, da brauchst du uns nicht mehr, Herr Scharley, was? Die Absprache gilt nicht mehr, und die Zusage hat der Wind verweht? Mehr als gewagt, Herr Scharley, und mehr als voreilig! Denn wenn dir, Herr Scharley, das Leben deines Freundes so teuer ist, wenn du so sehr auf seine Unversehrtheit bedacht bist, dann wisse, dass ich diese Unversehrtheit sehr wohl antasten kann! Also schwatze hier nicht herum, dass die Übereinkunft gelöst ist, weil dein Kumpan in Sicherheit ist. Denn hier auf dieser Wiese, direkt vor meiner Nase, befindet ihr beide euch verdammt weit entfernt von jeglicher Sicherheit!«
»Ganz ruhig«, Weyrach hob beschwörend die Hand. »Beherrsche dich, Buko. Und du, Herr Scharley, mäßige deinen Ton. Dein Freund ist glücklicherweise schon freigekommen? Wie schön für dich! Du brauchst uns nicht mehr, sagst du? Aber wir dich noch weniger. Reite weg von hier, wenn das dein Wille ist. Aber vorher bedankst du dich für die Rettung. Denn es ist noch keinen Tag her, da haben wir euch gerettet, da haben wir, wie jemand so trefflich bemerkte, eure Ärsche gerettet. Wenn euch letzte Nacht die Verfolger eingeholt hätten, wäre es gewiss nicht bei angeknabberten Ohren geblieben. Hast du das etwa schon vergessen? Ja, es ist wohl wahr, du vergisst schnell! Tja nun, so sage uns denn zum Abschied, welchen Weg der Steuereinnehmer mit seinem Wagen entlanggefahren ist, welchen Weg er an der Kreuzung eingeschlagen hat. Und dann leb wohl, der Teufel sei mit dir!«
»Für Eure Hilfe heute Nacht«, Scharley räusperte sich und verneigte sich leicht, aber nicht vor Buko und Weyrach, sondern in Richtung des weißhaarigen Magiers, der auf seinem Baumstrunk saß und das Geschehen mit gleichgültiger Miene verfolgte. »Für Eure Hilfe heute Nacht danke ich Euch. Ich will auch nicht weiter erwähnen, dass es kaum eine Woche her ist, als wir bei Leutmannsdorf den Herren Rymbaba und Wittram die Ärsche gerettet haben. Also sind wir quitt! Welchen Weg der Steuereinnehmer gewählt hat, weiß ich leider nicht. Wir haben die Spur seines Trosses vorgestern Nachmittag verloren. Und da wir kurz vor der Dämmerung auf Reinmar gestoßen sind, hat der Steuereinnehmer aufgehört, uns zu interessieren.«
»Haltet mich fest!«, brüllte Buko von Krossig, »haltet mich fest, verdammt noch mal, oder ich bringe ihn um! Mich trifft gleich der Schlag! Habt ihr das gehört? Er hat seine Spur verloren! Der Steuereinnehmer hat aufgehört,
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