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Narrenturm - Roman

Narrenturm - Roman

Titel: Narrenturm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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dich wundern. Eine junge Frau mit einer Maske und fest in einen Mantel gehüllt. Sie ist in der Nacht zu uns gekommen, ins Wirtshaus. Mit einer Eskorte bewaffneter Knechte. Wundert dich das wirklich?«
    »Nein.«
    Samson fragte nicht weiter.
     
    Am Steubernhau war niemand, keine einzige lebende Seele. Das sah man deutlich und sogar schon von weitem. Die Raubritter verzichteten darauf, sich anzuschleichen. Sie galoppierten auf die Lichtung, lärmend und schreiend. Wodurch aber nur die Krähen verscheucht wurden, die neben der mit Steinen gesäumten Feuerstelle bei einem Festmahl saßen.
    Der Tross schwärmte aus und durchstöberte das Buschwerk. Buko von Krossig wandte sich im Sattel um und heftete seinen Blick drohend auf Reynevan.
    »Hör auf!« Notker von Weyrach kam ihm zuvor. »Er hat nicht gelogen. Man sieht, dass hier jemand Rast gemacht hat.«
    »Hier ist ein Wagen gewesen.« Tassilo de Tresckow ritt heran. »Da sind Spuren von Rädern.«
    »Die Grasnarbe wurde von Hufen aufgerissen«, meldete Paszko Rymbaba. »Hier waren viele Pferde!«
    »Die Asche in der Feuerstelle ist noch warm«, berichtete Hubertl, Bukos Knappe, der Verkleinerungsform zum Trotz ein Mann von etlichen Jahren. »Ringsherum liegen Hammelknochen und Rübenreste.«
    »Wir sind zu spät gekommen«, folgerte Woldan von Nossen finster. »Der Steuereinnehmer hat hier Rast gemacht. Und ist weitergefahren. Wir sind zu spät gekommen.«
    »Zweifellos«, brummte von Krossig. »Wenn der Jüngling uns bloß nicht angelogen hat. Er gefällt mir nicht, dieser Hagenau. He? Wer hat euch in der Nacht verfolgt? Wer hat euch die Fledermäuse auf den Hals gehetzt? Wer . . .«
    »Lass gut sein, Buko.« Erneut kam ihm von Weyrach in die Quere. »Du kommst vom Thema ab. Weiter,
comitiva,
reitet die Lichtung ab, sucht Spuren. Wir müssen herausfinden, was wir tun sollen.«
    Die Raubritter strömten wieder auseinander, ein Teil von ihnen stieg ab und schlug sich in die Büsche. Zu Reynevans Verwunderung gesellte sich Scharley zu den Suchenden. Der weißhaarige Magier beachtete das Getümmel hingegen gar nicht, breitete seinen Fellmantel aus, machte es sich darauf bequem, nahm aus den Satteltaschen Brot, Dörrfleisch und eine Feldflasche.
    »Herr Huon, haltet Ihr es nicht für angebracht, uns bei der Suche zu helfen?« Buko runzelte die Brauen.
    »Nein, das tue ich nicht.«
    Weyrach lachte. Buko murmelte einen Fluch in seinen Bart. Woldan von Nossen ritt heran.
    »Schwer, aus diesen Spuren etwas herauszulesen«, antwortete er, bevor ein anderer ihn fragen konnte. »Sicher ist nur, dass viele Pferde hier waren.«
    »Davon habe ich auch schon gehört.« Buko bedachte Reynevan abermals mit einem giftigen Blick. »Aber ich würde gerne noch ein paar Einzelheiten erfahren. Wie viel Leute waren bei dem Steuereinnehmer? Und wer waren sie? Ich rede mit dir, Hagenau!«
    »Ein Soldat und fünf Bewaffnete«, stotterte Reynevan. »Außerdem . . .«
    »Na? Ich höre! Und sieh mir in die Augen, wenn ich dich etwas frage!«
    »Vier Minderbrüder . . .«, Reynevan hatte sich schon vorher dafür entschieden, Tybald Raabe zu verschweigen, nach kurzem Nachdenken dehnte er seine Entscheidung auch auf Hartwig Stietencron und dessen hässliche Tochter aus. »Und vier Pilger.«
    »Bettelmönche und Pilger.« Die zu einer Grimasse verzogenen Lippen Bukos gaben seine Zähne frei. »Im Sattel und auf mit Hufeisen beschlagenen Pferden? He? Was willst du mir hier . . .«
    »Er lügt nicht.« Kuno Wittram sprengte heran und warf ihnen ein Stück geflochtene Schnur vor die Füße.
    »Weiß«, verkündete er, »Franziskaner!«
    »Pech und Schwefel!« Notker Weyrach runzelte die Stirn. »Was war hier los?«
    »Was war los, was war los!« Buko hieb mit der Hand auf den Schwertknauf. »Was geht mich das an? Ich will wissen, wo der Steuereinnehmer ist! Wo ist der Wagen, wo ist das Geld! Kann mir das einer sagen? Herr Huon von Sagar!«
    »Ich esse jetzt.«
    Buko fluchte.
    »Aus dem Kahlschlag führen drei Wege«, sagte Tassilo de Tresckow nachdenklich. »Auf allen sind Spuren. Aber man kann nicht unterscheiden, welche welche sind. Es lässt sich nicht feststellen, welchen Weg der Steuereinnehmer eingeschlagen hat.«
    »Wenn er überhaupt losgefahren ist.« Aus den Büschen tauchte Scharley wieder auf. »Ich denke, er ist nicht weitergefahren. Er ist immer noch hier.«
    »Wie denn? Wo? Woher wisst Ihr das? Wie seid Ihr darauf gekommen?«
    »Indem ich meinen Verstand benutzt habe.«
    Buko von Krossig

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