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Narrenturm - Roman

Narrenturm - Roman

Titel: Narrenturm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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hab’ ich mich geirrt? Vielleicht hast du ihr gar nicht aufgelauert, vielleicht ist das Liebe? Vielleicht willst du sie retten, sie unter meinen Augen entführen? Ich sinne hin und her, und die Galle kommt mir hoch, wenn ich daran denke, dass du Buko von Krossig für solch einen Idioten hältst. Und ich verspüre das starke Verlangen, dir die Kehle durchzuschneiden. Aber ich beherrsche mich. Vorläufig . . .«
    »Vielleicht sollten wir«, Scharleys Stimme klang absolut beherrscht, »vielleicht sollten wir für heute Schluss machen? Der Tag war angefüllt mit anstrengenden Ereignissen, das spüren wir alle in den Knochen, da, seht nur, Herr Woldan ist mit dem Gesicht in der Soße eingeschlafen. Ich schlage vor, dass wir weitere Diskussionen auf morgen verschieben,
ad cras.
«
    »Nichts da«, knurrte Buko, »wir verschieben nichts
ad cras
. Ich gebe das Ende unseres Gelages bekannt, sobald die Zeit dafür gekommen ist. Trink, du Sohn eines Mönches, du Bankert, wenn dir eingeschenkt wird. Und du trink auch, Hagenau.Woher wollt ihr denn wissen, ob das nicht euer letzter Schluck ist? Der Weg nach Ungarn ist weit und gefährlich. Wer weiß, ob ihr je ankommt? Wie heißt es doch so schön: Der Mensch weiß am Morgen nie, was der Abend bringt.«
    »Zumal«, fügte Notker Weyrach giftig hinzu, »da Herr Biberstein bestimmt schon Häscher in alle Himmelsrichtungen ausgesandt hat. Er muss schrecklich wütend sein auf die Entführer, wegen seiner Tochter.«
    »Habt ihr nich’ gehört«, brabbelte Paszko Rymbaba, »was ich gesagt hab’? Biberstein is’ ‘n Klacks. Ich heirate doch seine Tochter. Ich . . .«
    »Schnauze!«, unterbrach ihn Weyrach. »Du bist besoffen. Buko und ich haben eine bessere Lösung gefunden, besser und einfacher für Biberstein. Komm uns jetzt bloß nicht mit deinem Heiratsgerede. Das brauchen wir nicht.«
    »Aber sie gefällt mir . . . Die Verlobung . . . Und die Hochzeitsnacht . . . Ein Hoch dem Pflock, wird er erst groß, passt er in jeden . . .«
    »Halt die Schnauze!«
    Scharley wandte seinen Blick von Bukos Augen und sah zu Tresckow hinüber.
    »Herr Tassilo«, fragte er ruhig, »billigt Ihr den Plan Eurer Kumpane? Haltet Ihr ihn auch für gut?«
    »Ja«, antwortete Tresckow nach längerem Schweigen. »Auch wenn ich bedaure, dass ich dieser Meinung bin. Aber so ist das Leben. Euer Pech, dass Ihr vortrefflich in dieses Ränkespiel passt.«
    »Vortrefflich, vortrefflich«, rief Buko von Krossig aus. »Und wie vortrefflich erst! Von denen, die an der Entführung beteiligt waren, erkennen sie am leichtesten die wieder, die keinen Helm trugen. Herrn Scharley. Herrn Hagenau, der den entwendeten Wagen so wacker gelenkt hat. Und euer Knecht, der Baumausreißer, gehört auch nicht gerade zu denen, die man leicht vergisst. Die Visage erkennen sie wieder, sogar bei einer Leiche. Alle, unter uns gesagt, werden die Leichen wiedererkennen.Dann wird schon klar werden, wer den Tross überfallen hat. Wer die Biberstein geraubt hat . . .«
    »Und wer sie ermordet hat?«, setzte Scharley gelassen hinzu.
    »Und vergewaltigt hat.« Weyrach lachte wollüstig. »Vergessen wir die Vergewaltigung nicht.«
    Reynevan sprang von der Bank auf, setzte sich aber gleich wieder hin, weil de Tresckows schwerer Arm ihn nach hinten drückte. Im selben Moment umfasste Kuno Wittram Scharleys Schulter, und Buko setzte dem Demeriten den Dolch an die Kehle.
    »Ist das denn richtig?«, brabbelte Rymbaba. »Sie sind uns doch zu Hilfe . . .«
    »Das muss so sein«, unterbrach ihn Weyrach. »Nimm dein Schwert.«
    Am Hals des Demeriten floss unterhalb der Spitze des Dolches Blut in einem dünnen Rinnsal herab. Scharleys Stimme klang trotzdem ruhig.
    »Eure Rechnung geht nicht auf. Niemand wird Euch glauben.«
    »Sie glauben’s, sie glauben’s schon«, versicherte Weyrach. »Du würdest dich wundern, was die Leute alles glauben.«
    »Biberstein lässt sich nicht an der Nase herumführen. Eure Köpfe werden rollen.«
    »Willst du mir einen Schreck einjagen, du Mönchsbalg?« Buko beugte sich über Scharley. »Wo du doch das Morgengrauen gar nicht mehr erleben wirst? Biberstein glaubt es nicht, sagst du? Möglich. Es kostet mich den Kopf? Gottes Wille. Aber euch schneiden sie so oder so die Kehle durch. Wenigstens zum
gaudium,
wie der Hurensohn Sagar sagt. Dich, Hagenau, bringe ich schon allein deshalb um, um Sagar wehzutun, weil du sein Confrater und ebenfalls ein Zauberer bist. Bei Scharley nenne ich das Gerechtigkeit. Historische

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