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Narrenturm - Roman

Narrenturm - Roman

Titel: Narrenturm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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habe! Und sicher ist, de Bielau ist ein Zauberer, in Oels hat er schwarze Magie angewandt, einen Zauber über die Frau geworfen. Diese Herren dort können es bestätigen!«
    »Ich weiß nichts davon«, stotterte, Benno Ebersbach anblickend, Hirsch Krompusch. Sie hatten beide in der vergangenen Nacht Reynevan mitten in der am Himmel dahinfliegenden Hexenschar erkannt, wollten sich damit aber nicht verraten.
    »Ja, so ist das.« Ebersbach räusperte sich. »Wir sind selten in Oels. Und auf Gerüchte geben wir nichts . . .«
    »Das sind keine Gerüchte«, Runge sah ihn an, »sondern Tatsachen. Bielau hat Zauberei angewendet. Dieser Verdammte hat, scheint’s, den eigenen Bruder umgebracht, wie Kain, als dieser seine teuflischen Praktiken entdeckte.«
    »Das ist richtig«, stimmte ihm Eustachius von Rochow zu. »Herr von Reideburg, der Starost von Strehlen, hat davon gesprochen. Der junge Reinmar de Bielau ist durch die Zaubereiverrückt geworden, der Teufel hat ihm den Verstand verwirrt. Die Hand des Teufels leitet ihn und drängt ihn zum Verbrechen. Er hat den eigenen Bruder umgebracht, er hat Albrecht Bart von Karzen getötet, er hat den Kaufmann Neumarkt ermordet, den Kaufmann Hanusz Throst, ja sogar auf den Herzog von Münsterberg hatte er es abgesehen . . .«
    »Freilich hatte er es auf ihn abgesehen«, bestätigte Spatz. »In den Turm ist er dafür gekommen. Aber er ist geflohen. Gewiss mit dem Beistand des Teufels.«
    »Wenn dies hier Teufelswerk ist«, Kunad von Neudeck sah sich unruhig um, »dann sollten wir zusehen, dass wir schnell von hier fortkommen . . . Sonst kommt vielleicht auch noch etwas Böses über uns . . .«
    »Über uns?« Ramfold von Oppeln tätschelte mit der Hand seinen am Sattel hängenden Schild mit dem silbernen Enterhaken, den ein Band mit einem roten Kreuz umschlang. »Über uns? Über dieses Zeichen? Wir haben das Kreuz genommen, wir sind Kreuzritter, ziehen mit Bischof Konrad auf einen Kreuzzug nach Böhmen, um die Häretiker zu bekämpfen, Gott und die Religion zu verteidigen! Der Teufel vermag uns nichts anzutun. Weil wir
milites Dei,
die Engelsmiliz, sind.«
    »Als Engelmiliz«, bemerkte Rochow, »haben wir nicht nur Privilegien, sondern auch Verpflichtungen.«
    »Was wollt Ihr damit sagen?«
    »Herr von Bischofsheim hat Reinmar von Bielau unter den zum Sabbat fliegenden Hexen erkannt. Das werden wir, sobald wir zum Sammelplatz für den Keuzzug nach Glatz kommen, dem Heiligen Officium berichten.«
    »Denunzieren? Herr Eustachius! Wir haben die Schwertleite empfangen!«
    »Bei Zauberei und Häresie kann man nicht von einer Denunziation sprechen, welche die Ritterehre befleckt.«
    »Sie befleckt sie immer!«
    »Sie befleckt sie nicht!«
    »Sie befleckt sie«, entschied Ramfold von Oppeln. »Aberwir müssen es trotzdem melden. Und wir werden es melden. Also weiter, meine Herren, machen wir uns auf den Weg nach Glatz, als Engelsmiliz dürfen wir uns am Sammelplatz nicht verspäten.«
    »Es wäre eine Schande«, bekräftigt Spatz mit dünnem Stimmchen, »wenn die Kreuzritter des Bischofs ohne uns nach Böhmen zögen.«
    »Also los, weiter!« Kauffung wendete sein Pferd. »Je eher, desto besser. Wir können hier sowieso nichts mehr tun. Ein anderer wird sich, glaube ich, dieses Verbrechens annehmen.«
    Und in der Tat, des Weges kamen bewaffnete Reiter des Burggrafen von Frankenstein.
     
    »Dort.« Dzierżka de Wirsing hielt das Pferd an und seufzte tief, Reynevan, an ihren Rücken geschmiegt, spürte ihr Seufzen. »Dort ist Frankenstein. Die Brücke über den Pausebach. Dahinter, auf der linken Seite, ist das Spital zum Heiligen Grabe, St. Georg und der Narrenturm. Weiter hinter der Brücke das Stadttor, das Glatzer Tor. Dort ist das Schloss, dort der Rathausturm, dort die Pfarrei St. Anna. Steig ab.«
    »Hier?«
    »Hier. Ich denke ja gar nicht dran, mich in der Nähe der Stadt auch nur zu zeigen. Auch du solltest darüber nachdenken, Vetter.«
    »Ich muss.«
    »Das habe ich mir gedacht. Steig ab.«
    »Und du?«
    »Ich muss nicht.«
    »Ich habe gefragt, wohin du reitest.«
    Sie blies sich die Haare aus dem Gesicht, sah ihn an. Er verstand und stellte keine weiteren Fragen.
    »Leb wohl, Vetter. Auf Wiedersehen.«
    »Hoffentlich in besseren Zeiten.«

Sechsundzwanzigstes Kapitel
    in dem sich in der Stadt Frankenstein viele alte   – aber nicht unbedingt gute   – Bekannte begegnen.
    F ast genau in der Mitte des Marktplatzes, zwischen Pranger und Brunnen, stand eine große Pfütze, die

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