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Narrenturm - Roman

Narrenturm - Roman

Titel: Narrenturm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Herrschaft und die Unfehlbarkeit des Papstes, die Sakramente und die Transsubstantiation. Die Kommunion
sub utraque specie.
Auch im Hinblick auf die Bibel für das gemeine Volk, die Ohrenbeichte und die Existenz des Fegefeuers. Und so weiter.«
    Reynevan öffnete den Mund, aber der Inquisitor bedeutete ihm mit einer Geste, besser zu schweigen.
    »Ich weiß nicht«, fuhr er fort und spuckte eine Gräte aus, »ob du, ähnlich wie dein Bruder, Ockham, Waldhausen, Wyclif, Hus und Hieronymus von Prag zitierst, ob du ähnlich wie dein Bruder Bibeln, bei denen der Inhalt verändert wurde,in Schlesien, in der Mark und in Großpolen vertreibst. Ich weiß nicht, ob du wie dein Bruder hussitischen Emissären und Spionen Unterschlupf gewährst. Kurz gesagt, ob du ein Häretiker bist. Ich vermute, und ich habe diesbezüglich einige Nachforschungen angestellt, dass du es nicht bist. Dass du unschuldig bist. Ich glaube, in die ganze Affäre bist du ganz einfach durch Zufall geraten, natürlich nur, falls das die passende Bezeichnung für die großen blauen Augen der Adele von Sterz ist. Und für deine mir wohlbekannte Schwäche für solch große Augen.«
    »Gregor . . .«, Reynevan presste das Wort mühsam heraus, »das heißt . . . Verzeihung . . . Ehrwürdiger Pater . . . Ich versichere, ich habe nichts mit der Häresie gemein. Auch mein Bruder, ich bürge dafür, das Opfer eines Verbrechens . . .«
    »Sei vorsichtig damit, für deinen Bruder bürgen zu wollen«, unterbrach ihn Gregor Hejncze. »Du würdest dich wundern, wie viel Anzeigen gegen ihn vorlagen, und keineswegs unbegründete. Er hätte vor dem Tribunal gestanden. Und hätte seine Komplizen verraten. Ich glaube, dass du nicht zu ihnen gehört hast.«
    Er warf die mittlere Gräte des Herings hin und leckte sich die Finger ab.
    »Aber weder die Gerechtigkeit noch ein Strafverfahren, auch nicht die
poenitentia
hat den unbegreiflichen Umtrieben Peter von Bielaus ein Ende gesetzt, sondern ein Verbrechen. Ein Verbrechen, dessen Schuldige ich gern bestraft sehen würde. Du auch, nicht wahr? Ich sehe, du auch. Daher wisse, dass sie bestraft werden, und das bald. Dieses Wissen sollte dir dabei helfen, einen Entschluss zu fassen.«
    »Welchen . . .«, Reynevan schluckte, »welchen Entschluss?«
    Hejncze schwieg ein Weilchen und zerkrümelte ein Stück Brot. Aus seinen Überlegungen riss ihn ein Schrei, der irgendwo aus der Tiefe des Hauses heraufzudringen schien, der wilde, schreckliche Schrei eines Menschen, dem Schmerz zugefügt wurde. Ein rasender Schmerz.
    »Bruder Arnulf«, der Inquisitor machte eine Kopfbewegung in die Richtung, »hat, wie ich höre, nicht lange gebetet, ist schnell fertig geworden und zu seiner Arbeit zurückgekehrt. Das ist ein eifriger Mensch, ein eifriger. Bis hin zur Übertreibung. Aber er erinnert mich daran, dass auch ich Pflichten habe. Kommen wir daher also zum Schluss.«
    Reynevan zuckte zusammen. Mit Recht.
    »Du bist, lieber Reynevan, in eine ernste Affäre verwickelt worden. Man hat dich benutzt. Du tust mir leid. Aber da du nun einmal ein Werkzeug bist, wäre es Sünde, dich nicht zu benutzen, vor allem, da es für eine gute Sache und zum Ruhme Gottes,
ad maiorem Dei gloriam
, ist
.
Du erlangst also deine Freiheit wieder. Ich hole dich aus dem Turm, beschütze und verteidige dich vor denen, die dir nachstellen, und das sind immer mehr geworden, oh, es sind viele. Deinen Tod wollen, soweit ich weiß, die Sterz’, Herzog Johann von Münsterberg, Johanns Geliebte, Adele von Sterz, der Raubritter Buko von Krossig, und auch   – warum, muss ich erst noch herausfinden   – der edle Herr Johann von Biberstein . . . Ha, es gibt wahrhaftig mehr als einen Grund, um dein Leben zu bangen. Aber, wie gesagt, ich stelle dich unter meinen Schutz. Nicht ohne Gegenleistung natürlich. Ein Dienst ist den anderen wert. Das geht bis zum
ut des.
Oder besser:
ut facias.
« Der Inquisitor verharrte einen Augenblick. »Ich veranlasse das. Er begann, schneller zu reden, so, als rezitiere er einen auswendig gelernten Text. Ich richte alles so ein, dass du in Böhmen, wohin du dich begeben wirst, keines Menschen Verdacht erregst. In Böhmen nimmst du Kontakt zu den Hussiten auf, zu Leuten, auf die ich dich hinweisen werde. Du solltest mit der Kontaktaufnahme keine Schwierigkeiten haben. Schließlich bist du der Bruder Peter von Bielaus, der sich um die hussitische Sache verdient gemacht hat, eines wahren Christen, eines Märtyrers für die Sache, ermordet von den

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