Narrenturm - Roman
verdammten Papisten.«
»Ich soll . . .«, presste Reynevan heraus, »ich soll ein Spion werden?«
»Ad maiorem«,
Hejncze zuckte mit den Achseln, »
Dei gloriam.
Jeder sollte so dienen, wie er es vermag.«
»Ich eigne mich nicht dafür . . . Nein, nein. Gregor, nur das nicht. Ich bin damit nicht einverstanden. Nein.«
»Du weißt«, der Inquisitor sah ihm in die Augen, »was die Alternative ist.«
Der in den Tiefen des Hauses Gefolterte heulte, gleich darauf schrie er auf und verschluckte sich an seinem Schrei. Reynevan hätte auch so gewusst, wie die Alternative aussah.
»Du glaubst gar nicht«, Hejncze bestätigte seine Vermutung, »was alles bei der hochnotpeinlichen Befragung herauskommt. Was für Geheimnisse verraten werden. Sogar Bettgeheimnisse. Bei einer Untersuchung, die von solch einem Eiferer, wie es beispielsweise Bruder Arnulf ist, durchgeführt wird, beginnt der Deliquent, sobald er alles über sich erzählt und bekannt hat, über andere auszusagen . . . Manchmal ist es geradezu peinlich, sich derartige Geständnisse anzuhören . . . Zu erfahren, wer mit wem, wann und wie . . . Manchmal geht es dabei um Geistliche. Um Nonnen. Um Ehefrauen, die als treu gelten. Um heiratsfähige Mädchen, die als tugendhaft gelten. Bei Gott, ein jeder, denke ich, hat solche Geheimnisse. Das muss schrecklich erniedrigend sein, wenn einen der Schmerz dazu zwingt, sie zu gestehen. Einem Bruder Arnulf. Im Beisein der Folterknechte. Was, Reinmar? Hast du keine solchen Geheimnisse?«
»Behandle mich nicht auf diese Weise, Gregor.« Reynevan biss die Zähne zusammen. »Ich habe schon verstanden.«
»Das freut mich sehr. Wirklich.«
Der Gefolterte schrie auf.
»Wer wird da gerade gefoltert?« Die Wut half Reynevan, seine Furcht zu überwinden. »Auf deinen Befehl? Einer von denen, mit denen ich zusammen im Turm saß?«
»Interessant, dass du danach fragst.« Der Inquisitor blickte hoch. »Denn dies veranschaulicht geradezu vorbildlich meine Ausführungen. Unter den Gefangenen war der Stadtschreibervon Frankenstein. Weißt du, um wen es geht? Ich sehe, du weißt es. Der Häresie angeklagt. Die Untersuchung hat schnell erwiesen, dass die Anklage falsch war, dahinter steckten persönliche Gründe, der Denunziant war der Liebhaber seiner Frau. Ich habe angeordnet, den Stadtschreiber freizulassen und diesen Schelm festzunehmen, nur so, um zu sehen, ob es ihm nur um die Reize der Frauen geht. Dieser Narr, stell dir vor, hat bereits als er die Folterinstrumente gesehen hat, ausgesagt, dass dies nicht die erste Frau war, mit welcher er eine Liebesbeziehung eingegangen ist, um sie zu bestehlen. Bei seinem Geständnis hat er sich ein bisschen verheddert, daher hat man einige Instrumente verwendet. Ach, was hab ich da über mehrere Ehefrauen hören müssen, in Schweidnitz, in Breslau, in Waldenburg, über ihre frevelhaften Lüste und interessanten Arten, diese zu befriedigen. Und bei einer erneuten Untersuchung wurde bei ihm so ein Pasquill gefunden, das den Heiligen Vater beleidigt, so ein Bildchen, auf welchem dem Papst unter den Gewändern Teufelskrallen hervorstehen. So was hast du sicher schon gesehen.«
»Hab ich.«
»Wo?«
»Ich weiß ni . . .«
Reynevan verschluckte sich und erbleichte. Hejncze lachte.
»Siehst du, wie leicht es ist? Ich garantiere dir, der
strappado
hätte deinem Gedächtnis aufgeholfen. Der Hurenbock wusste auch nicht mehr, von wem er das Pasquill und das Bildchen mit dem Papst hatte, aber es ist ihm schnell wieder eingefallen. Und Bruder Arnulf, wie du hörst, überprüft gerade, ob sein Gedächtnis nicht vielleicht noch mehr interessante Dinge birgt.«
»Und dich . . .«, die Angst versah Reynevan mit dem Mut der Verzweiflung, »dich amüsiert das alles. So habe ich dich nicht gekannt, Inquisitor. In Prag hast du selbst noch die Fanatiker verlacht! Und heute? Was bedeutet dir denn dieser Posten? Ist das noch eine Profession oder schon eine Passion?«
Gregor Hejncze runzelte seine eckigen Brauen.
»In meiner Stellung«, sagte er ungerührt, »darf es keinen Unterschied geben. Und es gibt keinen.«
Das fehlte gerade noch! Obwohl Reynevan vor Angst zitterte und mit den Zähnen klapperte, zwang er sich dazu fortzufahren. »Nun erzähl’ mir aber auch noch was über den Ruhm Gottes, über das erhabene Ziel und den heiligen Eifer. Euren heiligen Eifer, ja, das ist gut! Beim geringsten Verdacht wird gefoltert, bei jeder Denunziation, bei jedem zufällig aufgeschnappten oder durch Erpressung
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