Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Narrenturm - Roman

Narrenturm - Roman

Titel: Narrenturm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
werde weiterraten: Du hast nicht ohne Grund eine größere Eskorte als sonst. Nicht ohne Grund setzt sie sich aus Banditen zusammen, die bis an die Zähne bewaffnet sind. Wohin, hast du gesagt, begibst du dich?«
    »Ich habe gar nichts gesagt«, unterbrach sie ihn schroff. »Jene Angelegenheit habe ich nur deshalb erwähnt, damit ihr begreift, wie wichtig sie ist. Damit ihr begreift, dass das, was in Schlesien vor sich geht, beim besten Willen nicht den Sterz’ zuzuschreiben ist. Denn das hat viel früher begonnen, lange bevor man den jungen Herrn von Bielau mit Frau von Sterz im Bett erwischt hat. Es wird gut sein, wenn ihr darüber nachdenkt. Ich für mein Teil habe dem nichts mehr hinzuzufügen.«
    »Du hast schon zu viel gesagt, als dass du nicht zu Ende reden könntest.« Scharley blickt sie unverwandt an. »Wer tötet schlesische Kaufleute?«
    »Wenn wir das wüssten«, in Dzierżka de Wirsings Augen glomm es gefährlich auf, »würde derjenige schon nicht mehr morden. Aber keine Angst, wir bringen es in Erfahrung. Ihr aber haltet euch davon fern!«
    »Sagt dir der Name Horn etwas?«, warf Reynevan ein. »Urban Horn?«
    »Nein«, erwiderte sie, aber Reynevan wusste, dass sie log. Scharley schaute ihn an, mit seinem Blick warnend, nicht weiter zu fragen.
    »Haltet euch davon fern«, wiederholte Dzierżka. »Das ist eine gefährliche Sache. Und ihr habt, wenn man den Gerüchten glauben darf, schon genug Probleme. Die Leute erzählen, dass die Sterz’ ganz versessen auf euch sind. Dass Kyrieleison und Stork wie Wölfe herumstreichen und angeblich bereits eine Spur haben. Und auch, dass Guncelin von Laasan eine Belohnung für die Ergreifung von zwei Schelmen ausgesetzt hat . . .«
    »Das ist nur dummes Gerede«, unterbrach Scharley sie, »das sind Gerüchte.«
    »Möglich. Nichtsdestotrotz haben sie schon mehr als einen an den Galgen gebracht. Ich würde euch also empfehlen, euch von den Hauptstraßen fern zu halten. Statt Wartha, wohin ihr angeblich zu reisen vorhabt, würde ich eine weiter entfernte Stadt empfehlen. Das könnte zum Beispiel Pozsony sein. Oder Esztergom. Buda eventuell.«
    Scharley verbeugte sich höflich.
    »Ein wertvoller Rat«, sagte er. »Dafür Dank. Aber Ungarn ist weit, sehr weit . . . Und ich bin zu Fuß . . . Ohne Pferd . . .«
    »Bettle nicht, Scharley. Das steht dir nicht . . . Lumpenpack!«
    Sie sprang wieder zum Fenster und bedachte erneut jemanden, der mit den Pferden nicht sorgsam umging, mit Schimpfwörtern.
    »Lasst uns hinausgehen«, sagte sie dann, strich sich über die Haare, und ihr Busen wogte. »Wenn ich nicht persönlich darauf achte, verderben mir diese Hurensöhne die Pferde.«
    »Eine schöne Herde«, lobte Scharley, als sie hinausgingen. »Selbst für das Schalkauer Gestüt. Da kommt ein ordentlicher Batzen rein, wenn du sie verkaufst.«
    »Keine Angst«, Dzierżka de Wirsing betrachtete ihre Rösser mit Wohlgefallen, »die Nachfrage nach Kastilianern ist groß, auch die Arbeitspferde gehen nicht schlecht. Wenn es um Pferde geht, haben die Herren Ritter keine zugeknöpften Taschen. Ihr wisst ja, wie das ist: Im Feldzug will sich jeder seines eigenen Pferdes rühmen und seines Fähnleins.«
    »Was denn für ein Feldzug?«
    Dzierżka räusperte sich und sah sich um. Dann verzog sie den Mund.
    »Um diese Welt zu verbessern.«
    »Aha«, erriet Scharley, »Böhmen.«
    »Darüber sollte man besser nicht laut reden.« Die Pferdehändlerin verzog das Gesicht. »Der Bischof von Breslau hat sich der Häretiker unerbittlich angenommen. An wie viel Städtenich unterwegs auch vorbeigekommen bin, überall hingen die Galgen voll mit Gehängten, waren Brandnarben von Scheiterhaufen zu sehen.«
    »Aber wir sind keine Häretiker. Wovor sollten wir uns also fürchten?«
    »Dort, wo man Hengste kastriert«, meinte Dzierżka sachverständig, »schadet es nicht, wenn man auf seine eigenen Eier aufpasst.«
    Scharley enthielt sich jeglichen Kommentars. Er war damit beschäftigt, einige Bewaffnete zu beobachten, die gerade einen mit schwarzer, geteerter Plane bedeckten Wagen aus dem Schuppen herauszogen. Zwei Pferde wurden vor den Wagen gespannt. Anschließend trugen die Waffenknechte, von einem Soldaten angetrieben, einen großen samtbeschlagenen Kasten heraus und verstauten ihn unter der Plane. Zu guter Letzt trat ein hoch gewachsener Mann mit einer Biberfellkappe und in einem Mantel mit Biberpelzkragen aus der Wirtschaft.
    »Was ist das denn für einer?«, fragte Scharley neugierig. »Ein

Weitere Kostenlose Bücher