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Narrenwinter

Narrenwinter

Titel: Narrenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Komarek
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„Ich hab mitgehört. Bist jetzt so gscheit, Daniel, oder tust nur so?“
    „Frag mich was Leichteres. Kann ich einen Besen haben?“
    „Meinetwegen. Aber was hast du vor damit?“
    „Auto freilegen. Es ist höchste Zeit für eine Wiedersehensrunde.“
    „Bei dem Schnee? Na dann viel Vergnügen, der Herr!“
    Es hatte aufgehört zu schneien. Käfer brauchte gut zwanzig Minuten, um die Ente fahrbereit zu machen. Mit dem Feuerzeug taute er das vereiste Türschloss auf, stieg fröstelnd ein und war einigermaßen erstaunt, als der Motor sofort ansprang.
    Er freute sich auf die Fahrt durchs winterliche Ausseerland. Gleichzeitig hatte ihn das Gespräch mit Bruno Puntigam in eine merkwürdig gereizte Stimmung versetzt, obwohl es doch im Grunde genommen positiv gelaufen war. Ja, natürlich war er überdreht, nach dieser arbeitsreichen Nacht. Und Puntigam mochte durchaus Recht haben, wenn er dazu riet, gelassen und abwartend zu taktieren. Aber genau das war Käfer eigentlich immer zu mühsam gewesen. Er mochte es, wenn Ideen frisch und ohne Vorbehalte auf den Tisch kamen, um dann gemeinsam bewertet und weiterentwickelt zu werden. Aber diese Zusammenarbeit hatte ihm Puntigam verweigert. Er war in Eile gewesen, stimmt schon, und er wollte sich nicht festlegen in dieser sensiblen Anfangsphase, auch gut. Aber, verdammt noch einmal, der Konzernsitz war in Hamburg und sie hatten in Maria Schlömmers Küche miteinander geredet.
Daniel, du bist in die eine oder andere Sackgasse gerannt. Wir werden noch heftig ins Streiten kommen. Aber im Großen und Ganzen hast du mich überzeugt
. Wäre es nicht möglich gewesen, das zu sagen, oder etwas in dieser Art?
    Käfer überlegte und grübelte, nahm seine Umgebung erst wieder bewusst wahr, als die Straße in Altaussee endete. Er stellte das Auto ab, stapfte zum See hinunter und schaute über die von Schnee bedeckte Eisfläche. Dann schüttelte er unwillig den Kopf, ging zur Straße zurück und setzte seine Fahrt fort.
    Käfer wurde den Verdacht nicht los, dass Puntigam gar keine selbständige Leistung von ihm erwartete, sondern eher einen Assistenten für seine zweifellos virtuose Spiegelfechterei brauchte, allenfalls einen Waffenlieferanten. Umso wichtiger würde es sein, die angekündigten Gespräche in Hamburg rasch zu führen, um Standpunkte und Positionen klarzustellen. Und dann Henning Mertens! Der Mann mochte beruflich und privat ein Wrack sein, er war noch immer allen über, da wagte Käfer jede Wette. Und die Art, in der ihn Puntigam zur lebenden Leiche erklärt hatte, war menschenverachtend, man konnte es nicht anders nennen.
    Käfer hatte den Grundlsee erreicht. Hier gab das Eis kleine Wasserflächen frei, auf denen Enten schwammen. Die Wolkendecke hatte sich gelichtet, ein paar blasse Sonnenstrahlen drangen durch und ließen den Schnee leuchten. Schön war es hier. Sabine würde wohl bald eintreffen und sich sehr über die berufliche Zukunft ihres hartnäckig geliebten Partners freuen. Vielleicht war auch Puntigams Rat, erst einmal loszulassen und sich auf das Buchprojekt zu konzentrieren, goldrichtig, geradezu freundschaftlich gemeint. Käfer musste doch dankbar dafür sein, dass er nicht gleich unter Leistungsdruck gesetzt wurde. Er war aber nicht dankbar, er war hungrig, hatte sich in seine künftige Aufgabe verbissen und wollte nicht mehr loslassen. Immerhin war seine schlechte Laune von vorhin einer grimmigen Entschlossenheit gewichen. Eines sah er nun ganz deutlich: Für seine eigene Arbeit war es unumgänglich, den Takt selbst anzugeben und das Gesetz des Handelns selbst zu bestimmen.
    Käfer war jetzt Richtung Bad Aussee unterwegs. Zugegeben, er ging lieber intuitiv seiner Wege, sogar träumerisch, wie eben jetzt bei dieser kleinen Winterreise, aber auch wenn es darum ging, Probleme zu lösen. Doch er würde es lernen, Ziele klar zu definieren und den Weg dorthin rasch und energisch zu bewältigen.
    Käfer fuhr auf einem annähernd geraden Straßenstück unwillkürlich schneller, als es seine Art war. Es folgte eine leichte Rechtskurve, die er, ganz in Gedanken versunken, erst sehr spät bemerkte. Käfer bremste zu stark, rutschte in die Straßenmitte, nahm erschrocken den Fuß vom Pedal und sah jetzt eine enge Linkskurve auf sich zukommen. Bremsen, Lenken, Gegenlenken, nichts half. Sein Auto näherte sich unaufhaltsam und verdammt schnell dem Straßenrand. Ein harter Stoß, Krachen, Knirschen, Brechen, Abheben von der Straße, dann unten, wo eben noch oben gewesen

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