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Narrenwinter

Narrenwinter

Titel: Narrenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Komarek
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ein dämliches Damenkränzchen!“
    Die Trommelweiber blieben stumm. Schiller schien das zu ärgern. „Alle diese traurigen Figuren, die sich hinter läppischen Larven verstecken, sind amtsbekannt! Aber ich will mich damit begnügen, an einem von euch ein Exempel zu statuieren! Und ich werde auch seinen Namen nicht verschweigen. Der Haftbefehl liegt vor. Erstens: Wegen fortwährender schamloser und exzessiver Vielweiberei, heimtückisch im Schutze der Nacht vollbracht und frech im Lichte des Tages!“
    Jetzt kam ja doch Bewegung in die Szene. Die vorderste Reihe der Trommelweiber bewegte sich einen Schritt auf Schiller zu, und tat – wie um seine Worte zu unterstreichen – ein paar Schläge.
    „Zweitens: Wegen wüster, wonniger Wunschbefriedigung durch Wilderei im Walde und tätiger Traumatisierung der Jägerschaft!“
    Wieder ein Schritt. Wieder Trommelschläge.
    „Drittens: Wegen schurkisch schandbarer Steuerhinterziehung durch schauerlich schwarz gebrannten Schnaps!“
    Die Trommelweiber trommelten und standen nun dicht vor dem Gendarmen.
    „Und nun zu den perfiden Personalien: Wohnhaft Sarstein. Name Hu …“
    Einer der Trommelschlegel hatte mit dumpfem trockenem Geräusch Schillers Kopf getroffen. Jetzt lag der Gendarm auf der schneebedeckten Straße. Die Trommelweiber setzten ihren Weg fort, trommelten, und intonierten später den Faschingsmarsch.

15
    „Den starken Mann spielen und dann beim ersten Schlag umfallen. So haben wir’s gern!“
    Käfer hatte die lädierte Amtsperson zum Straßenrand gebracht und rieb das Gesicht mit Schnee ein. Schiller stöhnte. „Es musste sein, es war mir ein unwiderstehliches Bedürfnis.“ Er stand taumelnd auf. „Kann ich Sie dazu überreden, Herr Käfer, diesen Ort des Schreckens zu verlassen, vorzugsweise Richtung Ebensee … die Fetzen, Sie wissen ja?“
    „Da brauchen Sie mich nicht zu überreden. Kommen Sie, wir nehmen mein neues Dienstauto. Was haben Sie eigentlich gegen die Trommelweiber? Recht hübsch übrigens, der Auftritt als Gendarm.“
    „Danke! Als Narr bin ich wirklich überzeugend. Ich wäre auch ein gutes Trommelweib.“
    „Ausreichend trinkfest?“
    „Auch das. Vor allem aber bin ich dieser zweifelhaften Ehre mehr als würdig. Seit Jahren hofiere ich das Obertrommelweib mit serviler Höflichkeit, entehrender Demut und verzehrender Sehnsucht. Aber dieser Unhold denkt nicht daran, mich einzuladen: mich, den Liebhaber des Ausseer Faschings, den furiosen Förderer, den vieledlen Spender.“
    „Ein unbestechlicher Mann eben, das Obertrommelweib.“
    „Stur und hartherzig nenne ich das!“ Schiller war unvermutet stehengeblieben. „Sehen Sie, was ich sehe?“
    „Weiß nicht. Was meinen Sie?“
    „Da vorne, aus dem Riemergässchen winkt ein Damenarm, so recht nach meinem Geschmack!“
    „Tatsächlich: Zarter Handschuh, Spitzentaschentuch! Das ist schon was für ältere Herren …“
    Als die beiden näher kamen, verschwand der winkende Arm. Schiller spähte neugierig in die schmale Gasse und taumelte im gleichen Augenblick mit einem Schmerzensschrei zurück. „Ein Nasenstüber! So eine Bestie!“
    Jetzt versuchte Käfer sein Glück. Offenbar war ihm die scheue Schönheit mehr gewogen. Eine zarte Hand griff nach seinem Rockärmel. Willig folgte Käfer seiner Entführerin, die nach wenigen Schritten, dicht ans Mauerwerk geschmiegt, stehenblieb. Sie war von zarter Gestalt, trug ein altmodisches, oben eng anliegendes Kleid mit langem, schwingenden Rock und einen reich geschmückten Hut. Käfer schaute in ein weiß geschminktes Gesicht mit Augenmaske. Der schwere Duft von Maiglöckchen wehte ihm entgegen. Sie kam ihm näher, drängte sich an ihn, und ihre Lippen berührten die seinen ganz leicht. Dann trat sie einen Schritt zurück, hob graziös ihre Hand und machte mit Daumen und Zeigefinger eine unangenehm deutliche Geste. Sie wollte also Geld haben, na gut. Und er wollte wissen, wie es weitergehen sollte. Verlegen schaute er sich um und nahm, ohne auf den Betrag zu achten, einen Schein aus der Brieftasche. Sie ergriff ihn, hob den Rocksaum hoch und höher, und schob dann das Geld hinter ein wahres Prunkstück von Strumpfband. Käfer, der das Inkasso fasziniert beobachtet hatte, spürte nun eine Hand im Nacken und einen Mund am Ohr.
    „Dafür ist der Votta in Ischl nit aloan“, flüsterte Anna, löste sich sanft von ihm und lief leichten Fußes davon.
    „Maiglöckchenparfüm, widerlich!“ Schiller betrachtete Käfer voller Neid. „Ich kann

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