Narrenwinter
Sepp, sei nur kein Depp“, summte Käfer leise und schlug den Weg Richtung Grundlsee ein.
„Der Sepp ist nicht da.“ Christine Köberl stand in der offenen Haustür, lächelte, war aber auffallend blass.
„Der müsste doch müde sein von gestern! Wo treibt er sich denn schon wieder herum, dieser Wüstling?“
„In Ischl.“
„Tatsächlich in Ischl?“
„Man tät’s kaum glauben, nicht wahr? Kommen S’ weiter, Herr Käfer.“
„Gern. Und ich komm wirklich nicht ungelegen?“
„Keine Rede. Hunger?“
„Ehrlich gesagt, ja.“
„Groß gekocht wird bei uns nie im Fasching. Aber Bratwürstel hätt ich. Die macht der Sepp selber. Das Rezept hat er noch vom Öhlinger, dem ehemaligen Wirt am Oberen Markt.“
„Bei dem war ich als Kind mit meinen Eltern. Bratwürstel und Chabesade: das war knapp am Schlaraffenland.“
„Heute kriegen S’ ein Bier dazu. Kommen Sie mit in die Küche, Herr Käfer, dann brauchen Sie nicht allein herumsitzen. Erdäpfel sind gekocht. Schälen, schneiden und mit Zwiebel anrösten – bringen Sie das zusammen?“
„Na klar, als zwischenzeitlicher Junggeselle.“
„Passt schon, die Sabine, was?“
Käfer schälte den ersten Erdapfel mit geradezu liebevoller Sorgfalt. „Ja, mehr als das, eine großartige Frau, viel zu gut für mich.“
„Das sagen Männer immer, damit sie sich schlecht benehmen können.“
„Der Sepp auch?“
„Der nicht.“ Sie griff nach einer Zwiebel. „Ich helf Ihnen, sonst bin ich schneller fertig als Sie. Den Faschingsbrief haben S’ gehört gestern?“
„Ja! Ich bin schwer beeindruckt. Hey Sepp …“, sang Käfer, „… sei nur kein Depp“, sang Frau Köberl.
„Ganz verstanden hab ich das übrigens nicht.“
„Die, die’s angeht, werden’s begriffen haben.“ Sie legte zwei Bratwürste ins heiße Fett, Käfer röstete Zwiebel. „Riecht gut. Ich freu mich richtig drauf.“
„Und ich muss nicht allein essen. Die Sieglinde ist ja nicht zu halten im Fasching. Zwei, drei Stunden Schlaf und schon wieder als Maschkera unterwegs.“
„Die Anna und sie – war richtig stark gestern.“
„Kann ich mir denken. Und so vielsagend.“
Käfer schaute Frau Köberl überrascht ins Gesicht. Er hatte ihr vertrautes Lächeln erwartet, aber sie grinste, grinste geradezu unverschämt. „Und jetzt die Erdäpfel in die Pfanne. Um zwei werf ich Sie übrigens hinaus, nicht die Erdäpfel, den Herrn Käfer. Ich fahr heim nach Ebensee, die Fetzen lass ich mir nicht entgehen.“
„Gut, dass Sie das sagen, Frau Köberl. Auf die hätt ich jetzt fast vergessen, mit nichts als Trommelweibern im Kopf.“
„Eine andere Welt. – Salzen, Pfeffern nicht vergessen. So. Einverstanden, wenn wir am Küchentisch essen?“
„Ich liebe Küchentische.“
„Besonders den von der Schlömmer Mirz, nicht wahr?“
„Ja, freilich. Das ganze Haus mag ich, und seine Bewohner erst recht.“
„Na, ob ich mich an den Hubert gewöhnen könnt, weiß ich nicht. Mahlzeit, Herr Käfer.“
„Danke, Frau Köberl.“
„Klingt doch blöd, oder? Sagen wir du zueinander. Mit dem Sepp wirst du dann schon auch noch einig werden.“
„Hoffentlich.“
Die beiden aßen, ohne viel zu reden, und teilten sich eine Flasche Bier. Christine Köberl räumte das Geschirr ab. „Soll ich noch ein Bier aufmachen? Oder gönnen wir uns einen Lupitscher, einen echten diesmal.“
„Du haftest für die Folgen.“
„Wär nicht zum ersten Mal, Daniel.“
Bald füllte der Geruch von heißem Rum und Tee die Küche. Käfer hatte seine Tasse erst halb geleert, spürte aber deutlich die Wirkung des Getränks. Frau Schlömmers Gesicht war nicht mehr blass. „Der schmeckt nur am Anfang so gefährlich. Wenn du weiter trinkst, wirst wieder ganz normal.“
„Eine gefährliche Selbsttäuschung vermutlich.“
„Gibt’s was Schöneres?“
„Auch wieder wahr.“ Käfer nahm einen kräftigen Schluck. „Teufelszeug. Passt aber irgendwie zum Fasching.“
„Find ich auch.“ Jetzt war es wieder da, dieses schmale, spröde Lächeln. „Soll ich dir sagen, was du denkst, Daniel?“
„Versuch’s!“
„Du denkst: Was will diese Frau eigentlich von mir?“
„Was wirklich?“
„Ich muss erst nachdenken darüber.“ Sie füllte die Tassen nach. „Der Sepp imponiert dir, Daniel, stimmts? Mir auch.“
„Na also.“
„Aber es ist mehr als das. Mit ihm kann eine Frau wunschlos glücklich sein.“
„Gratuliere!“
„Danke. Nur manchmal sag ich mir: Gut geht’s mir. Und was kommt
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