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Narziss Und Goldmund

Narziss Und Goldmund

Titel: Narziss Und Goldmund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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sehr einverstanden, man war sicher vor Ansteckung sowohl wie vor Feindselig-keiten, aber es hatte den Nachteil, daß sich sehr wenig zu essen fand. Es gab eine verlassene Bauernhütte in der Nähe, diesmal ohne Tote darin, so daß Goldmund vorschlug, sie zum Quartier zu wählen statt ihrer Blockhütte, aber Robert weigerte sich schaudernd und sah es ungern, daß Goldmund das leere Haus betrat, und jedes Stück, das jener von dort herüberbrachte, mußte erst geräuchert und gewaschen werden, eh Robert es anfaßte. Viel war es nicht, was Goldmund drüben fand, doch aber zwei Stabellen, einen Milcheimer, einige Stück irdenes Geschirr, ein Beil, und eines Tages fing er 221
    zwei verflogene Hühner im Felde. Lene war verliebt und glücklich, und allen dreien machte es Spaß, an ihrer kleinen Heimat zu bauen und sie jeden Tag ein bißchen hübscher zu machen. An Brot fehlte es, dafür stellten sie noch eine Ziege ein, und ein Äckerchen mit Rüben wurde auch gefunden. Tag um Tag verging, die geflochtene Wand war fertig, die Lagerstätten wurden verbessert und ein Herd gebaut. Der Bach war nicht weit, das Wasser war hell und süß Oft wurde zur Arbeit gesungen. Eines Tages, als sie gemeinsam ihre Milch tranken und ihr häusliches Leben rühmten, sagte Lene plötzlich, mit träumerischem Ton: »Wie wird es aber, wenn dann der Winter kommt?«
    Niemand gab Antwort. Robert lachte, Goldmund blickte sonderbar vor sich hin. Allmählich merkte Lene, daß niemand an den Winter dachte, daß niemand daran dachte, allen Ernstes so lange Zeit am selben Ort zu bleiben, daß die Heimat keine Heimat, daß sie unter Landfahrern war.
    Sie ließ den Kopf hängen.
    Da sagte Goldmund, spielerisch und ermunternd wie zu einem Kind: »Du bist eine Bauerntochter, Lene, die sorgen weit voraus. Hab keine Angst, du wirst schon wieder nach Hause finden, wenn diese Pestzeit vorüber ist, sie wird ja nicht ewig dauern. Dann gehst du zu deinen Eltern oder wen du sonst hast, oder gehst wieder in die Stadt in einen Dienst und hast dein Brot. Jetzt aber ist noch Sommer, und überall in der Gegend ist das Sterben, hier aber ist es hübsch, und es geht uns gut. Darum bleiben wir hier, so lang oder so kurz als es uns gefällt.«
    »Und nachher?« rief Lene heftig: »Nachher ist alles aus?
    Und du gehst fort? Und ich?«
    Goldmund haschte ihren Zopf und zog sachte daran.
    »Kleines dummes Kind«, sagte er, »hast du die Totenknechte schon vergessen, und die ausgestorbenen Häuser, und das große Loch vor dem Tor, wo die Feuer brennen?

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    Du sollst froh sein, daß du nicht dort in dem Loch liegst und der Regen auf dein Hemdchen regnet. Daran sollst du denken, daß du entronnen bist, daß du noch das liebe Leben in deinen Gliedern hast und noch lachen und singen kannst.«
    Sie war noch nicht zufrieden.
    »Ich will aber nicht wieder fort«, klagte sie, »und will dich nicht fortlassen, nein. Man kann doch nicht froh sein, wenn man weiß, daß schon bald alles wieder aus und vorbei sein soll!«
    Nochmals gab Goldmund Antwort, freundlich, aber mit einem verborgenen Klang von Drohung in der Stimme:
    »Darüber, kleine Lene, haben sich schon alle Weisen und Heiligen den Kopf zerbrochen. Es gibt kein Glück, das lange dauert. Wenn dir aber das, was wir jetzt haben, nicht gut genug ist und nicht mehr Freude macht, dann zünde ich noch in dieser Stunde die Hütte an, und jeder von uns geht seiner Wege. Laß es gut sein, Lene, es ist genug gesprochen.«
    Dabei blieb es, und sie ergab sich, aber ein Schatten war auf ihre Freude gefallen.
    Vierzehntes Kapitel
    Noch eh der Sommer ganz verblüht war, fand das Hütten-leben sein Ende, anders als sie gedacht hatten. Es kam ein Tag, da trieb sich Goldmund lange mit einer Vogel-schleuder in der Gegend herum in der Hoffnung, etwa ein Rebhuhn oder sonst ein Wild zu erwischen, die Nahrung war ziemlich karg geworden. Lene war in der Nähe und sammelte Beeren, manchmal strich er an ihrem Revier vorüber und sah überm Gesträuch ihren Kopf auf dem 223
    braunen Hals aus dem Leinenhemd ragen oder hörte sie singen, einmal naschte er ein paar Beeren bei ihr, dann streifte er weiter und sah sie eine Weile nicht mehr. Er dachte an sie, halb zärtlich, halb ärgerlich, sie hatte wieder einmal vom Herbst und von der Zukunft gesprochen, und daß sie schwanger zu sein glaube, und daß sie ihn nicht fortlasse. Nun geht es bald zu Ende, dachte er, bald wird es genug sein, dann wandere ich allein und lasse auch Robert zurück, ich will sehen,

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