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Narzissen und Chilipralinen - Roman

Narzissen und Chilipralinen - Roman

Titel: Narzissen und Chilipralinen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Dalinger
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merklich kühler geworden.
    Außerdem kann sie nicht begreifen, warum Tines Verschwinden mich so mitnimmt. Schließlich war Tine nicht meine beste Freundin. Aber die Hopis sind wie eine Familie für mich. Schätze, das war mir bis jetzt gar nicht klar. Tine ist in gewisser Weise immer ein Teil meines Lebens gewesen, und ich kann das nicht einfach abhaken und zur Tagesordnung übergehen. Rosi versteht das. Rosi. Auch so etwas, was Mandy ärgert. Dass ich mich mit der Niete Rosi abgebe.
    Aber die angebliche Niete, früher für mich unsichtbar, ist total nett und ich bin gerne mit ihr zusammen. So wie mit Sonja. Im Moment würde ich sogar sagen, dass Rosi und Sonja meine besten Freundinnen sind.
    Es war die Sache mit Tom, die Mandy den Rest gegeben hat. Sie hat mich drauf angesprochen und ich hab ziemlich patzig reagiert, denn im Ernst, was geht sie das eigentlich an? Tom und ich haben Basti zur Polizei gebracht – ist das etwa ein Grund, auszuflippen und mich anzuschreien? Dass Daniel komisch reagiert hat, kann ich ja noch verstehen. Er und Michael sind kurz nach uns an den Fluss gekommen, da waren wir gerade weg. Sie haben erst nachher erfahren, dass wir ihnen Bastian quasi vor der Nase weggeschnappt haben.
    Doch Mandys Probleme, was Tom angeht, finde ich nicht normal. Ich habe versucht, ihr zu erklären, dass wir ganz locker befreundet sind, aber sie glaubt das nicht.
    »Du bist so doof«, motzt sie mich an, sobald sie in meine Nähe kommt, aber meistens nicht in diesen Worten, sondern in viel schlimmeren, die ich lieber unausgesprochen lasse. Kim führt sich an ihrer Seite auf wie eine Bulldogge, bereit, es mit jedem aufzunehmen, der ihre Herrin nur schief anguckt. Ihr Plan ist voll aufgegangen.
    Habe ich es nötig, Mandy hinterherzuweinen?
    Mit Rosi ist es anders. Da muss ich gar nicht beweisen, dass ich supertolle Ideen hab. Ich kann auch einfach mal dummes Zeug labern oder langweilig sein. Es ist so eine Erholung, dass ich nicht ständig beweisen muss, wie toll ich bin! Stattdessen kann ich mich einfach mal hängenlassen und mir ihre Witze anhören. Rosi kann fabelhaft Witze erzählen. Der Versuch, mich zum zweiten Mal mit Gina anzufreunden, ist dagegen fehlgeschlagen. Sie hasst mich nicht mehr, glaube ich, aber nähergekommen sind wir uns auch nicht. Man kann Freundschaften nicht erzwingen. Gar nichts lässt sich erzwingen. Wenn ich das bloß früher gewusst hätte, dann hätte ich mich vielleicht nicht so krampfhaft bemüht, in Mandys Clique aufgenommen zu werden.
    Bastian ist immer noch auf freiem Fuß. Papa hat ihn von der Polizeistation abgeholt, weil seine Mutter nicht von der Arbeit wegkonnte. Nicht einmal dafür, angeblich. Von Bastis Vater weiß ich nur, dass er nie da ist. Es kommt bestimmt gut, wenn ein Verdächtiger von einem Pastor abgeholt wird. Danach hatten sie noch ein langes Gespräch, und nachher kommt mein Vater zu mir ins Zimmer und mustert mich nachdenklich, sodass mir ganz komisch zumute wird.
    »Was ist?«, frage ich schließlich. »Hab ich was falsch gemacht?«
    »Nein, im Gegenteil«, sagt er. »Du hast das Herz auf dem rechten Fleck. Wenn irgendjemand diesem Jungen ein bisschen mehr Selbstwertgefühl geben kann, dann seid ihr das, du und Daniel.«
    Ich bin sprachlos vor Freude.
    Papa seufzt. »Aber dass unsere Tine weg ist ... das macht ihm schwer zu schaffen.«
    Die Hopis haben ihr Bestes getan. Gebetet und gesucht. Ziellos durch die Stadt zu rennen ist immer noch besser, als herumzusitzen und Däumchen zu drehen.
    Ich rufe Daniel an und frage ihn, ob er mitkommt, zu Tine.
    »Zu Tine?«, fragt er verwirrt. »Wie meinst du das?«
    »Zu ihr nach Hause. Ich will ihre Eltern fragen, ob ich ihr Zimmer sehen kann. Ich könnte sagen, dass ich ihr irgendwas ausgeliehen habe, das ich zurückholen will.«
    Daniel ist skeptisch. »Die Polizei hat doch bestimmt schon alles durchgesehen. Ihren Rechner gecheckt. Sie haben bestimmt alle ihre Telefonkontakte und E-Mail-Freundschaften überprüft. Was soll dir denn da wohl auffallen, was sie nicht gefunden haben?«
    »Keine Ahnung«, muss ich zugeben. »Aber das weiß man doch vorher nicht.«
    Daniel seufzt in den Hörer. »Ich finde es ja echt süß, dass du dich so einsetzen willst, Miriam, aber ... «
    Ich bin nicht süß. Im Gegenteil. Ich bin wild entschlossen, etwas zu tun, selbst wenn es nichts bringt. »Kommst du nun mit oder nicht?«, frage ich.
    Er zögert. Ihm ist so etwas schrecklich peinlich, das weiß ich. Bei der Familie aufzutauchen,

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