Naschkatze
wispern, »hat er ihr wirklich eine Nähmaschine geschenkt?«
»Ja«, flüstert Shari zurück. »Und sie war so felsenfest überzeugt, sie würde einen Ring bekommen.«
»Armes Ding...«
Dann verstehe ich nichts mehr, weil sie ins Schlafzimmer gehen und die Tür schließen.
Blinzelnd schaue ich ins Halbdunkel. Ich habe das Haus verlassen, in dem Lukes Mutter ein Apartment besitzt, ein Taxi herangewinkt und dem Fahrer gesagt, er soll mich nach Park Slope bringen. Auf der Fahrt habe ich Shari angerufen. Ohne nach Einzelheiten zu fragen, hat sie mich aufgefordert, sofort zu ihr zu kommen. Wozu sind beste Freundinnen schließlich da?
Pats ebenerdige Wohnung ist sehr schön, mit einer Holztäfelung und graugrünen Wänden, mit spinnenförmigen Grünpflanzen, die in Körben von der Decke herabhängen, und mehreren Bildern von Enten. Auf der Decke, die Pat um meine Schultern gelegt hat, als ich weinend hereingekommen bin, prangt eine Stockente.
Irgendwie wirken die Enten tröstlich. Ich persönlich würde meine eigene Wohnung ja nicht mit Entenmotiven schmücken, aber die Tatsache, dass jemand es tut, gefällt mir.
Vielleicht, denke ich, während ich zwischen Scooter und Jethro liege und den heißen, stinkigen Hundeatem fast so tröstlich finde wie die Enten, vielleicht lassen Pat und Shari mich ja hier wohnen. Nur so lange, bis ich in ein eigenes Apartment ziehen kann. Ja, das wäre nett – drei Mädchen gegen den Rest der Welt. Gegen die Männerwelt, gegen die Kerle, die keine Ehe in ihrer Zukunftsplanung sehen. Zumindest nicht mit einem Mädchen wie mir.
»Es ist meine Schuld.« Das habe ich Shari immer wieder versichert, als ich zur Tür hereingekommen bin. »Wie kann ich erwarten, dass er mich heiratet, wenn er mich erst seit sechs Monaten kennt?«
»Selbst wenn er nicht heiraten will«, sagte Pat kategorisch, »er müsste merken, wie wichtig die Ehe für eine Frau ist, die ihren Lebensunterhalt mit Brautkleidern verdient.«
»Damit verdiene ich meinen Lebensunterhalt nicht«, informierte ich sie.
»Jedenfalls ist er eine miese Ratte«, meinte Shari. »Da, trink das.«
Der Whiskey half mir. Dass sie Luke eine »miese Ratte« genannt hat, stört mich. Denn in der Tiefe meines Herzens erkenne ich, dass er das nicht ist, sondern einfach nur ein Junge, der vor ein paar Monaten noch nicht gewusst hat, was er mit seinem Leben anfangen soll. Oder er wusste es, wagte aber nicht, ein Risiko einzugehen und es zu versuchen. Bis ich aufgetaucht bin und ihn zu seinem Medizinstudium ermutigt habe.
Wahrscheinlich liegt darin sein Problem mit der Ehe. Er fürchtet das Risiko, glaubt jedoch, dass es irgendwo da draußen ein Mädchen gibt, mit dem er’s wagen könnte. Offensichtlich bin ich dieses Mädchen nicht. Weil wir trotz allem, was ich mir in dieser ganzen Zeit eingeredet habe, nicht zueinander passen. Vielleicht bin ich meinem Seelenkameraden noch nicht begegnet. Oder doch, und ich hab’s nicht mitgekriegt.
Oder, wie Chaz immer sagt, man biegt sich seinen eigenen Seelenkameraden zurecht.
Vermutlich ist eine Ehe gar nicht das Wichtigste im Universum. Viele glückliche Paare sind unverheiratet. Und die sitzen keineswegs herum und jammern. Womöglich lachen sie sogar über den Gedanken, sie könnten heiraten. Es ist gar nicht so schlimm, Single zu bleiben...
... und das erkläre ich meiner Mutter und meinen Schwestern, als ich am nächsten Tag nach Ann Arbor zurückkehre. Weil sie an meinen rot geweinten Augen natürlich merken, dass irgendwas nicht stimmt.
»Luke und ich haben Schluss gemacht«, erzähle ich. »Für eine feste Bindung war er nicht bereit. Und ich schon.«
Dazu geben Rose und Sarah ein paar markige Kommentare ab.
Rose: »Wusste ich’s doch, es wird nicht lange dauern. Ich meine, du hast ihn im Urlaub kennengelernt. Und Ferienflirts führen niemals zu einer ernsthaften Beziehung.«
Sarah: »Die Jungs wollen sich nie binden. Deshalb hättest du einfach schwanger werden sollen. Sobald einer weiß, ein Brötchen liegt im Ofen, kommt er sehr schnell zur Vernunft. Auf jeden Fall, sobald seine Mom erfährt, dass sie Großmutter wird.«
Aber ich will meinen Partner fürs Leben nicht so einfangen wie meine Schwestern ihre Ehemänner. Weil das genauso heimtückisch ist wie meine Taktik »Kleines Waldtier«. Und was bei dieser Strategie herausgekommen ist, sieht man ja.
Glücklicherweise lenkt Sharis Ankündigung in ihrem Elternhaus, die ihre neue Freundin betrifft, die allgemeine Aufmerksamkeit
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