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Naschmarkt

Naschmarkt

Titel: Naschmarkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Koschka
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der Hand, für wie dumm halten Sie mich eigentlich? Ich muss jetzt Ihre Personalien aufnehmen. Sie erhalten eine Anzeige wegen Sachbeschädigung. Das gibt eine saftige Geldstrafe. Ihren Ausweis bitte!«
    Ich überlege fieberhaft.
    »Ich habe keinen Ausweis dabei.«
    »Soso.«
    »Ich fahre nicht Auto und laufe gewöhnlich nicht mit dem Reisepass durch die Stadt. Ich habe nicht mal mein Portemonnaie eingesteckt.«
    Der Polizist kratzt sich unentschlossen mit dem Kugelschreiber hinter dem Ohr.
    »Dann sagen Sie mir jetzt bitte ohne weitere Umschweife Ihren Namen und Ihre Adresse.«
    »Loos«, lüge ich, einer spontanen Eingebung folgend. »Sorina Loos.«
    »Mit Doppel-O?«
    »Genau.«
    Was mache ich da bloß? Ich schwärze gerade meine Chefin bei der Polizei an.
    »Adresse?«
    »Kleeblattgasse 1  b«, antworte ich, weil mir gerade nichts anderes einfällt.
    »Kleeblattgasse 1  b«, wiederholt der Polizist, während er schreibt.
    »Telefonnummer?«
    Ich nenne die Büronummer der Loos, die ich zum Glück auswendig kann. Der Polizist macht sich noch ein paar Notizen, klappt endlich das Büchlein zu und steckt es in die Brusttasche seiner Uniform.
    »Die Anzeige wird Ihnen zugeschickt. Und jetzt sorgen Sie dafür, dass dieser Baum vom Heldenplatz verschwindet!«
    Er dreht sich auf den Absätzen um und entfernt sich mit wippenden Schritten. Ich sehe ihm nach, atme tief durch und betrachte schließlich nachdenklich das kleine Täfelchen, das neben der hübschen, schlanken Birke steht. Jemand hat tatsächlich mitten in der Wiese gegenüber der Nationalbibliothek ein Loch gegraben und das Bäumchen gepflanzt. Dieser Jemand – nennen wir ihn djfleming – hat außerdem ein richtiges Schild anfertigen lassen, wie man es oft in botanischen Gärten findet, um die Pflanzen zu bezeichnen. Dieses Schild mit der Gravur »icherzählerin« hat er vor dem Baum plaziert. Ich fahre mit dem Finger über die Buchstaben, als käme ich der Lösung des Rätsels dadurch näher.
    Die Stelle, an der ich suchen musste, war nach Mr. Pferdekopfs Tipp leicht zu finden. Ein wenig Google-Recherche am Feiertag, und schon stieß ich auf den Prinzen und den Erzherzog, die Helden sind. Warum bin ich nicht selbst draufgekommen? Es gibt in Wien nur einen prominenten Ort, der den Begriff »Helden« im Namen trägt: der Heldenplatz. Die Reiterstandbilder werfen ihre Schatten, und darunter knie ich im Gras und denke fieberhaft nach. Die entscheidende Frage ist: Was jetzt?
    Seit meinem Besuch bei Annili ließ mich das Thema Mut nicht mehr los. Ist es tatsächlich so, dass ich zu feige bin, um einen Schritt zu riskieren, der mich womöglich einem anderen Menschen näher bringt? Verweigere ich das Wachstum ganz bewusst? Leide ich unter einer krankhaften Beziehungsneurose oder nur unter einer gesunden Datingallergie?
    Den Gedanken an Lorenz’ Hand auf meiner Hüfte schiebe ich schnell beiseite. Das ist ein Punkt, mit dem ich mich erst beschäftigen will, sobald ich gezwungenermaßen wieder in die Redaktion muss.
    Fakt ist: djfleming hat mich neugierig gemacht. Der Schuh mit der Botschaft, die Dinge, die er von mir weiß, und jetzt dieser icherzählende Baum, noch dazu eine Birke, mein absoluter Lieblingsbaum. All das spricht dafür, dass er sich Gedanken macht und nicht nur irgendein Typ mit einer guten Masche ist. Selbst wenn es sich um jemanden handelt, den ich kenne – Gott bewahre, dass Lorenz dahintersteckt –, zeigen die Bemühungen doch, dass der Mann sich wirklich für mich interessiert. Ich sollte ihm zumindest die Chance geben, mit seinem Spiel zum Punkt zu kommen.
    Aber genau das ist das Problem. Ich bin heute früh zum Heldenplatz gefahren, in Erwartung einer Begegnung oder einer neuen Botschaft, die schließlich zu einem Treffen führt. Doch stattdessen finde ich nur einen Baum und ein Schild mit meinem Internetnamen sowie einen beschränkten Polizisten. Ich wäre beinahe verhaftet worden – was, zum Teufel, soll mir das sagen, djfleming!?
    Natürlich habe ich mittlerweile den starken Verdacht, dass die Stationen dieser Schnitzeljagd etwas mit dem Kinderreim zu tun haben.
And the green grass grows all around, all around …
Erst das Loch im Boden, jetzt der Baum im Loch, als Nächstes wäre eigentlich ein Nest dran, das sich auf dem Baum befindet. Doch die kleine Birke trägt kein Nest und auch sonst keinen weiterführenden Hinweis.
    Also mache ich da weiter, wo ich aufgehört habe, als der Polizist mich unterbrochen hat: Ich grabe mit den

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