Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nashira - Talithas Geheimnis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Nashira - Talithas Geheimnis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Nashira - Talithas Geheimnis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
Vom Netzwerk:
dass dies kein normaler Schneesturm war, sondern etwas, das von sich aus, so als lebte es, mit eigener Kraft und Willen agierte.
    Mit übermenschlicher Anstrengung befreite sie ihre Füße aus dem Eis. Dann war sie bei Saiph und schlug mit der flachen Klinge gegen das Eis, das ihn gefangen hielt. Da sie fürchtete, ihn dabei zu verletzten, fielen ihre Hiebe weniger kraftvoll aus, doch umso beharrlicher arbeitete sie, bis die Eiskruste, die ihn umgab, riss und sich in großen Stücken löste. Noch ein paar wohlbemessene Schläge, dann war der oberere Teil seiner Brust wieder frei, und auch sein bleiches Gesicht mit den tiefblauen Lippen.
    »Saiph, gib nicht auf!«, rief sie, doch er brachte keinen Ton heraus. Immer wütender wirbelte der Schnee um sie herum, immer ähnlicher einer wilden, formlosen Bestie, die nach ihrer Wärme gierte.
    Noch ein letztes Mal ließ Talitha die Klinge niederfahren, und endlich war Saiph frei. Er fiel vornüber und blieb bäuchlings im Schnee liegen, doch sofort zog Talitha ihn hoch.
    »Wir müssen hier fort«, schrie sie ihm ins Ohr.
    Saiph hatte die Augen geschlossen und schien mit seinen Kräften am Ende. Mühevoll murmelte er etwas.
    Talitha ergriff seinen Arm, lud ihn sich auf die Schultern und sprach eine Zauberformel. Der Anhänger an ihrem Hals antwortete nur mit einem schwachen Licht, und dennoch zeichnete sich um sie herum eine dünne magische Schutzwand ab. Voller Wut reagierte der Schnee auf das Hindernis, noch dichter wirbelten die Flocken auf sie zu, brachen sich aber an dem unsichtbaren Schild. Talitha nahm alle Kraft zusammen, senkte den Kopf, und das Schwert noch fester in der Hand stürmte sie vorwärts, mitten in das weiße Herz hinein. Überrascht stellte sie fest, dass sie an Boden gewann, und je entschlossener sie anrannte, desto schwächer schien der Widerstand zu werden, der sich ihr entgegenstellte. Talitha konnte es kaum glauben: Vielleicht reichte die Barriere schon aus, um diesem Albtraum zu entkommen.
    Da klarte es auf, und jäh erstrahlte das Licht, sodass sie geblendet die Augen zusammenkniff: Der blaue Himmel, die beiden Sonnen, das Eis, alles schien wieder so ruhig und rein wie vorher zu sein. Kein Flöckchen fiel mehr nieder.
    Talitha amtete erleichtert auf, als die Erde unter ihren Füßen vibrierte. Sie hob den Blick und sah etwas, was nicht möglich war.
    Der Schnee um sie herum verdichtete sich zu einer gigantischen Gestalt, deren Formen sich langsam herausschälten, und das, was vorher wie Nebel oder Schnee ausgesehen hatte, wurde immer mehr zu purem Eis. Fast wäre Talitha das Schwert aus der Hand gefallen: Vor ihr baute sich ein gigantisches Wesen auf, anders hätte sie es nicht bezeichnen können. Mindestens dreißig Ellen in der Höhe maß es. Sein Kopf war klein und hatte punktförmige schwarze Äuglein, sein Maul aber war riesig und mit scharfen Reißzähnen aus bläulichem Eis besetzt. Die Vordertatzen waren unverhältnismäßig lang und berührten den Erdboden, und jede einzelne lief in zehn lange Krallen, schlank und spitz wie Stilette, aus, während die Hintertatzen stämmig und ebenfalls mit Krallen bewehrt waren.
    Das Schneeungeheuer stellte sich auf die Hinterbeine und baute sich in seiner mächtigen Gestalt vor ihnen auf, ließ die Tatzen kreisen und stieß einen ohrenbetäubenden Schrei zum Himmel aus. Allein der Luftzug durch diese Bewegung war so stark, dass Talitha schwankte, doch sie hielt sich auf den Beinen und stand vor Schreck wie gelähmt da. Solche Dinge konnte es in Talaria nicht geben, es durfte sie nicht geben. Doch ihr Instinkt als Kriegerin war stärker, setzte sich durch und überwand ihre Angst.
    Sie ließ Saiph herunter und entfernte sich ein Stück von ihm, um ihn nicht in den Kampf mit hineinzuziehen. Dann nahm sie das Schwert fest in beide Hände. In diesem Moment versetzte das Schneeungeheuer ihr einen gewaltigen Tritt, aber gerade noch rechtzeitig riss Talitha das Schwert hoch und parierte wie durch ein Wunder. Ihr Schwert widerstand, doch der Stoß schoss durch die Arme in den Körper und ließ sie vor Schmerz laut aufschreien. Erneut hob die entsetzliche Kreatur die Tatze und griff sie an, doch dieses Mal konnte Talitha zur Seite abrollen und dem Angriff ausweichen. Aber die Bestie gab nicht auf: Ihre Tatzen waren wie Hämmer, und jedes Mal, wenn sie auf den Erdboden donnerten, dröhnte dieser wie eine Trommel. Wieder rollte Talitha zur Seite, und einen kurzen Moment verlor sie die Orientierung und wusste nicht

Weitere Kostenlose Bücher