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Nashira - Talithas Geheimnis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Nashira - Talithas Geheimnis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Nashira - Talithas Geheimnis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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mehr, wo oben und unten war. Da nutzte sie eine kurze Pause zwischen den Angriffen ihres monströsen Feindes und kam wieder auf die Beine. In diesem Moment erregte ein Schimmern ihre Aufmerksamkeit. Unter ihrem Wams funkelte der Luftkristall ungewöhnlich hell, während gleichzeitig ein eigentümlicher Strom den Arm durchlief, der das Schwert hielt. Als sie genauer hinschaute, erkannte sie, dass die Waffe ebenfalls funkelte, und zwar in genau dem schönen bläulichen Licht, das auch der Luftkristall abgab. Es war, als seien die beiden Objekte in Resonanz getreten und steigerten gegenseitig ihre Kräfte.
    Talitha stürmte vor, setzte zum Sprung an und versenkte das Schwert in der Schulter des Ungeheuers. Noch heller erstrahle Verbas Klinge und drang mit spielerischer Leichtigkeit in das harte Eis ein. Die riesenhafte Tatze wurde abgetrennt und fiel zu Boden, doch der Jubelschrei, den Talitha zum Himmel hinaufschickte, erstarb ihr in der Kehle, als die Bestie ihre Gliedmaße einfach vom Boden aufhob und sie sich wieder an den Rumpf ansetzte, so als wenn sie diesen Körperteil niemals verloren hätte. Entgeistert beobachtete Talitha die Szene, und eine tiefe Verzweiflung überkam sie. Gegen solch eine Kreatur, die offenbar unsterblich war, hatte sie keine Chance. Doch sie ballte die Fäuste und warf sich mit dem Mut der Verzweiflung wieder brüllend auf das Monster. Aber seine Tatze war flinker als ihr Schwert. Dieses Mal konnte Talitha den Hieb nicht aufhalten oder ihm ausweichen, sondern wurde mit voller Wucht an der Seite getroffen. Ein entsetzlicher Schmerz durchfuhr sie, dann wurde alles schwarz.
    Einige Augenblicke stand das Ungeheuer reglos da und betrachtete den am Boden liegenden Körper. Doch gerade als es ihr die Krallen in die Brust schlagen wollte, erhob sich eine Melodie, die wie ein Lockruf durch die Luft zog. Verwirrt reckte das Ungeheuer den Kopf. Es war eine sanfte Weise, eine einfache Klangfolge von gerade mal drei Tönen, und doch schien sie dem Ungeheuer so furchtbar unangenehm zu sein, dass es sich mit den Tatzen die Ohren zuhalten musste.
    E in Drache erschien am Horizont, geritten von einem Mann mit einer unförmigen Menge Kleider am Leib. Er brachte diese Melodie hervor. Der Drache stieß eine Feuerzunge aus, die einen Kreis um das Schneeungeheuer zog. In panischer Furcht brüllte es auf, denn es spürte, wie sein Eiskörper in der Hitze der Flamme dahinschmolz. Während die Feuerwand immer höher aufloderte, schmolz die Schnauze und die Vordertatzen flossen davon. Wenige Augenblicke später war es, als ob es das Ungeheuer nie gegeben habe.
    Mit weit ausholenden Flügelschlägen schwebte der Drache zur Erde nieder, und der Reiter stieg ab. Er betrachtete die beiden am Boden liegenden Körper, beugte sich zu ihnen hin und fühlte ihnen den Puls, ob sie noch lebten. Er ließ den Blick auf ihnen ruhen und überlegte, was zu tun sei. Schließlich lud er beide auf den Rücken seines Reittieres und flog mit ihnen davon, in Richtung des dunklen Streifens, der sich am Horizont abzeichnete.

6
    E in heftiger Schmerz in der Seite weckte Talitha. Nach und nach tauchten die Erinnerungen in ihrem Geist auf, wurden immer klarer und schauerlicher, und sie hoffte kurz, es möge ein Albtraum gewesen sein. Aber so war es nicht. Doch wie war sie bloß den Fängen diese Ungeheuers entkommen? Und wo war Saiph?
    Sie schlug die Augen auf und wollte sich aufrichten, doch ihr Körper gehorchte ihr nicht: Er war mit einem dicken Seil an den Stamm eines Talareths gefesselt. Sie stemmte sich dagegen, wand sich mit aller Kraft, vergeblich. Was war passiert? Wer hatte sie gefangen?
    Sie blickte sich um und sah, dass sie sich in einem Wald befand. Aber die Talareths, die hier wuchsen, waren merkwürdig. Solche Bäume hatte sie noch nie gesehen. Ihren Blättern nach, die spitz wie Nadeln zuliefen, schienen sie zu der Art zu gehören, die im Reich des Winters verbreitet war. Die Äste aber bildeten keine Kuppeln, wie sonst alle Bäume in Talaria. Sie waren auch sehr niedrig, kaum höher als Buschwerk. Die Blätter waren blassgrün, und dazwischen erkannte sie kleine lilafarbene Beeren.
    Der Baum, an den Talitha gefesselt war, wuchs am Rande einer weiten Lichtung. Zusammengerollt am Boden schlief ein kleiner geflügelter Drache mit einer ungewöhnlichen Hautfarbe, blau mit weißen Flecken. Er maß vielleicht sechs Ellen in der Länge und hatte einen schmalen Kopf und eine spitze Schnauze, in deren Maul sie unzählige kleine

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