Nashira - Talithas Geheimnis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
fast besiegt.«
»Ja, natürlich, du hast wirklich Sinn für Humor … Und jetzt spar die deinen Atem für den Weg. Das kann anstrengend werden.«
»Wo bringst du uns denn hin? Und wieso lässt du Saiph nicht frei? Er ist doch so wie du und hat mit dieser ganzen Geschichte gar nichts zu tun. Lass ihn gehen«, redete Talitha auf den Femtiten ein.
Der erhob sich, kramte wieder in seiner Tasche und warf ein verdrecktes Bündel vor sie hin. »Ich werde dich losbinden, aber denk dran, ich hab meinen Dolch immer in Reichweite, und der lechzt geradezu nach Talaritenblut … Also, lass es dir gesagt sein: Komm nicht auf dumme Gedanken.«
Er löste ihre Fesseln, legte ihr dafür aber eine Schlinge um den Hals und nahm das andere Ende des Seiles in die Hand. Talitha öffnete das Bündel. Es enthielt einen Kanten halb verschimmeltes Brot und etwas, das wohl Käse sein sollte.
»Iss! Morgen früh brechen wir auf, und für die Reise musst du bei Kräften sein.«
Talitha hätte sich am liebsten geweigert, doch der Hunger war stärker. Sie stürzte sich auf das Essen und verschlang es so gierig, dass sie von dem widerlichen Geschmack nichts mitbekam.
»So ist es brav, junge Gräfin«, krächzte der Femtit mit einem Lachen und ließ sich nieder, um ebenfalls sein Mahl einzunehmen.
Den restlichen Tag über blieb Talitha angebunden. Als es Abend wurde, kam ihr der Wald noch bizarrer vor.
Die Beeren an den Büschen begannen, in einem schwachen gelblichen Licht zu schimmern, so als glimme in ihnen eine Art innere Energiequelle, und auf dem Boden der kleinen Lichtung erschienen bläuliche Linien, deren Licht durch die Erde drang. Sie wirkten wie unterirdische Wurzeln, die den Wald mit einer Talitha wohlbekannten Farbe durchströmten: dem Blau des Luftkristalls. Dort unten gab es also eine Ader dieses Gesteins, oder genauer, mehr als eine. Drei zählte sie; sie waren schmal und verzweigt und schnitten sich an verschiedenen Punkten.
Diese unterirdischen Adern genügten, um die Lichtung sowie den ganzen Wald zu erhellen. Ihr Schimmer schien das Verwunschene dieses Ortes noch zu steigern, verlieh den Bäumen ein gespenstisches Aussehen und verstärkte fast noch das Rauschen ihrer Blätter.
Als die Nacht herabsank, füllte sich die Luft mit den seltsamsten Lauten: Getrippel, gedämpfte Schritte, Geraschel. Hin und wieder erhob sich ein Brüllen in der Ferne, das lange nachhallte und dann zwischen den Baumkronen verklang. Es hörte sich an wie Drachenbrüllen, aber so wütend und wild, dass Talitha es kaum wiedererkannte.
Bei jedem Brüllen erschauderte sie, während der gescheckte Drache vor ihr ruckartig den Kopf hob und schnüffelte. Das Tier war nicht einfach wach, es wachte, den Hals fast beständig gereckt, während seine Augen argwöhnisch ins Dunkel der Lichtung spähten. Offensichtlich fürchtete der Drache etwas, aber was, wusste Talitha nicht. In ihrer Vorstellung waren Drachen die stärksten und mächtigsten Tiere Nashiras, Raubtiere, die nie selbst zur Beute wurden. Doch in diesem Wald schien etwas zu lauern, das sogar einem Drachen Angst machte.
Immer unruhiger und nervöser wurde sie, und bald hatte sie keinen Zweifel mehr. Nach ihrem langen Umherirren waren sie dort gelandet, wohin sie unterwegs waren. Sie waren im Verbotenen Wald.
7
E in fahles Morgengrauen tauchte die Lichtung in ein rosafarbenes Licht und weckte Talitha aus einem leichten Schlaf. Der Himmel war noch bedeckt, hier und dort waberte Dunst zwischen den Bäumen. Matt und gedämpft drang das Licht der beiden Sonnen durch den Wolkenschleier, wärmte aber dennoch in einem Maße, das Talitha beunruhigte. Es erinnerte sie daran, dass das Schicksal Nashiras bedroht war, und der Einzige, der die verhängnisvolle Entwicklung vielleicht aufhalten konnte, nahm beharrlich vor ihnen Reißaus.
Zu ihrer Rechten raschelte es. Sie fuhr herum, und ihr stockte der Atem. Ein Tier, wie sie es noch nie gesehen hatte, starrte sie an. Es war eine Art Reptil von einer Elle Länge mit acht Beinen und einem endlos langen Schwanz. Aus dem Maul schnellte in einem fort eine schmale Zunge hervor und zog sich gleich wieder zurück. Mit gelben Raubtieraugen sah es Talitha so aufmerksam an, als wolle es sein Opfer ausspähen, bevor es angriff.
Talitha scharrte laut mit den Füßen und versuchte so, das Tier zu vertreiben. Doch statt zu verschwinden, stellte es sich auf die Hinterbeine, schlug den breiten Kamm, der seinen Kopf umgab, wie einen Fächer auf, dann spreizte es
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