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Nashira - Talithas Geheimnis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Nashira - Talithas Geheimnis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Nashira - Talithas Geheimnis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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Last der Eisblöcke dahin. Blieb einer stehen, oder entglitt einem das Eis, war sofort ein Aufseher zur Stelle und schlug mit der Peitsche, an dessen Ende ein Luftkristall funkelte, auf ihn ein.
    Eine gewaltige Wut kam in Talitha auf. »Jetzt«, sagte sie zu Melkise.
    Beiden war klar, dass sie dort unten vor allem so viele Gardisten wie möglich versammeln und gleichzeitig die dort arbeitenden Sklaven aus der Gefahrenzone entfernen mussten.
    Melkise packte Talitha, drehte ihr einen Arm auf den Rücken, hielt ihr den Dolch an die Kehle und stieß sie bis zur Kante der überhängenden Eiswand vor. Sie betete, dass sie noch tragen möge. Mittlerweile musste sie sich mit Wasser vollgesogen haben, wie ein in eine Waschschüssel getauchter Lappen. Dennoch fühlte sie sich bei dem Gedanken, dass Melkise hinter ihr stand und sie festhielt, fast sicher, so als könne ihr nichts Böses geschehen.
    »Schaut her, hier ist sie, eure kleine Gräfin«, brüllte Melkise. »Wollt ihr sie haben?«
    Zunächst hob nur hier und dort ein Gardist den Kopf, aber dann schauten alle in die Höhe.
    »Das könnte euch so passen! Zunächst will ich mit eurem Anführer sprechen. Verstanden?!«
    Ein immer lauter werdendes Stimmengewirr erhob sich von der Menge vor der Mine.
    »Schickt die Sklaven weg und holt euren Kommandanten her.«
    Die Gardisten beratschlagten, dann entfernten sich zwei von ihnen, wohl um ihren Befehlshaber zu holen. Melkise und Talitha rührten sich nicht.
    Immer mehr Gardisten trafen nun ein. Offenbar verbreitete sich die Nachricht ihrer Gefangennahme rasend schnell. Es überraschte Talitha immer wieder, wie wichtig ihr Schicksal für die Talariten zu sein schien: Offenbar hatte ihr Vater in den vergangenen Monaten seine Macht weiter ausgedehnt und allen Untertanen befohlen, nichts unversucht zu lassen, ihm seine Tochter zurückzubringen.
    »Verschwindet von hier«, brüllten irgendwann die Soldaten den Sklaven zu und drängten sie in eine Richtung fort.
    Kurz darauf traf der Befehlshaber der Garde ein. »Also, wie lauten deine Bedingungen«, rief er zu Melkise hinauf. Der Mann stand genau unter der überhängenden Eiswand, umringt von einer großen Schar seiner Männer, mit denen er angerückt war, weil er einen Überraschungsangriff der Rebellen fürchtete.
    Auf diesen Augenblick hatten sie gewartet.
    Talitha schloss die Augen und lehnte sich gegen Melkise zurück. Er würde ihr das Zeichen geben.
    Sie sammelte alle Kräfte, sammelte das ganze Es, das in ihren Adern floss, und verdichtete es in der Brust, bereit zur Explosion. Der Anhänger um ihren Hals leuchtete hell auf. Melkise nahm ihn in die Hand und schob ihn ihr sanft unter die Jacke.
    »Das helle Licht könnte sie Verdacht schöpfen lassen«, flüsterte er.
    Talitha bemühte sich, konzentriert zu bleiben. Sie war bereit. Ihre Ungeduld konnte sie kaum noch zähmen, eine Folge der Kräfte, die sie gesammelt hatte und die der Luftkristall fast bis ins Unerträgliche verstärkte. Jede Faser ihres Körpers vibrierte, und ein fast schmerzhaftes Kribbeln durchlief sie von Kopf bis Fuß.
    »Ich halte es nicht mehr aus«, zischte sie.
    »Nun mach schon! Sag, was verlangst du, um uns das Mädchen zu überlassen?«, wiederholte der Kommandeur unter ihnen.
    »Jetzt«, flüsterte Melkise.
    Talitha stieß einen Schrei aus. Das Licht, das der Anhänger freisetzte, war so stark, dass es ihre Jacke durchdrang und die Strahlung ihr die Haut verbrannte. Sie spürte, wie das Es mit Macht hinausdrängte, wie ein lange aufgestauter Fluss, und von ihren Füßen aus in das Eis einbrach und sich unaufhaltsam immer weiter verzweigte. Mehr und mehr dehnte das Wasser sich aus – und explodierte. Ein gewaltiger Schlag, sie taumelten zurück, während ein ohrenbetäubendes Getöse alle anderen Geräusche auslöschte.
    Langsam, so als wolle sie sich Zeit lassen, sank die Eismasse hinab. Wer darunter stand, starrte mit weit offenem Mund hinauf, überwältigt von diesem Schauspiel zerstörender Schönheit. Dann war nur noch Tod.
    Es schien kein Ende nehmen zu wollen und bis in Ewigkeit anzudauern. Ihre Sinne waren bis aufs Äußerste geschärft: Mit unerträglicher Klarheit nahm Talitha alles wahr, was sie umgab, das Eis an ihren Handflächen und selbst jeden Atemhauch, den sie ausstieß. Da riss die Eismasse unter ihnen.
    Sie fiel, und einen Augenblick lang dachte sie, dass sie sterben würde. Doch im selben Moment packte jemand unsanft ihr Handgelenk, und ein schmerzhafter Ruck durchfuhr ihren

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