Nashira - Talithas Geheimnis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
gleich mit zwei Gegnern zu tun, doch Talitha schien er unbezwingbar, wie er so dastand und sein Schwert schwang.
»Ja, ja«, schrie sie über das Schwerterklirren hinweg.
In dem Gang war der blutige Kampf voll entbrannt. Angespornt durch den Einsturz der Eiswand kämpften die Rebellen mit neuem Glanz in den Augen. Während die Gardisten ihre erlernten Techniken anwendeten und perfekt geführte Schwerthiebe austeilten, antworteten die Femtiten mit einem Überschwang und einer Begeisterung, die die Vorteile der anderen mehr als ausglichen.
Ein ums andere Mal warfen sie sich mit Gebrüll auf den Feind, schwangen ihre Streitäxte und Schwerter mit einer Energie, als könne nichts sie aufhalten, gestärkt durch die Tatsache, dass sie viele waren und ein großes Ziel sie einte.
Einige Gardisten, die auf diesen Ansturm nicht vorbereitet waren, wurden von Panik überwältigt und gaben nach kurzem Gefecht auf.
Wie im Tanz wirbelte Verbas Schwert durch die Luft, machte mit einem Hieb drei Soldaten nieder, und während ein vierter von hinten hinzueilte, schien die Waffe selbst dies zu spüren. Talitha war, als führe das Schwert ihr die Hand, sie fuhr herum und durchbohrte den Angreifer mit einem Stoß. Wieder bezahlte sie mit dem schon vertrauten Schmerz und wurde gleich darauf mit neuer Kraft belohnt.
In den kurzen Kampfpausen kümmerte sie sich um die Sklaven und half ihnen auf die Beine. Die meisten schauten sie verwundert an, manche machten sich sofort von ihr los.
»Flieht, verdammt noch mal, flieht!«, schrie sie.
Einen kurzen Moment lang versuchte sie mit klarem Kopf die Situation zu überdenken. Die Sklaven strömten hauptsächlich aus einer Richtung herbei, während aus einem anderen Tunnel in regelmäßigen Abständen weitere Gardisten anrückten. Talitha überlegte nicht lange. Sie suchte Melkises Blick, der nickte, und schon stürmten beide zu dem Eingang, der immer neue Feinde ausspuckte. Rücken an Rücken, die Schwerter fest in der Hand, machten sie die Männer nieder, sobald sie herauskamen.
Bald war in Talithas Geist kein Platz mehr für etwas anderes als den Schmerz, den ihr jeder Hieb abforderte, und die Hitze des Kampfes. Das Einzige, was ihr half, nicht den Verstand zu verlieren, war Melkises Rücken, den sie fest an dem ihren spürte. Melkise war da, war die einzige Sicherheit, an die sie sich inmitten des Gestanks des Todes noch halten konnte. Ihr war, als beobachte sie sich von außen, als sei sie gar nicht da, sondern an irgendeinem anderen Ort, vielleicht aber auch nirgendwo. Die Feinde waren keine Personen mehr, sondern nur noch Dinge, die sie niederstechen, zerschlagen, vernichten musste.
Das ist der Krieg , wiederholte sie sich, und für einen anderen Gedanken war kein Raum mehr.
Irgendwann erwachte sie aus diesem Taumel. Sie wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war. Und der Ort, an dem sie sich befand, erschien ihr völlig fremd, so als sei sie versehentlich dorthin katapultiert worden. Sie sah keine Sklaven mehr. Vielleicht war der Kampf zu Ende. Da ergriff jemand ihren Arm.
»Komm, fort hier!«, rief Melkise und zog sie mit sich. Undeutlich erkannte sie, dass sich Soldaten an ihre Fersen hefteten. Sie machte sich los und streckte einen nieder.
Da packte Melkise sie und schüttelte sie heftig. »Hör auf!«
»Aber es leben doch noch welche«, schrie sie zurück. Sie wusste nicht mehr, was sie da tat, spürte nur, dass sie weiterkämpfen musste, weil es nichts anderes mehr gab, wozu sie noch fähig war.
Da stemmte Melkise sie hoch und trug sie aus dem Gang hinaus. Das Licht draußen war so grell, dass sie sich zu Boden warfen, während sie hinter sich immer noch Gebrüll und Wa ffenklirren vernahmen. Talitha wollte aufstehen, doch Melkise hielt sie fest und zog sie wieder zu sich herunter.
»Bleib hier, du hast getan, was du tun konntest. Es reicht, es hat keinen Sinn mehr, noch weiterzukämpfen!«
Talitha blickte in sein Gesicht, das kaum eine Handbreit von dem ihren entfernt war, und kam endlich zu sich. Sie nahm einen tiefen Atemzug, und erst da ließ Melkise sie los und streckte sich neben ihr aus.
Talitha schaute in den Himmel über sich. Sein reines Blau lugte durch das Talarethgeäst hindurch. Der Anblick war dermaßen friedlich, dass es keinen krasseren Gegensatz zum Schlachtfeld und dem gerade Erlebten hätte geben können. Und ganz langsam nahm das Bewusstsein dessen, was sie getan hatte, in ihrem Kopf Gestalt an.
Wir haben unzählige Leben gerettet , sagte sie sich
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