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Nashira

Nashira

Titel: Nashira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Troisi
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Miene und stolzem Blick trat er ein.
    Mit Verneigungen und höflichen Floskeln begrüßten ihn die Gäste, und auch Talitha senkte das Haupt, während Graf Megassa sie zufrieden ansah.
    Jetzt trat gemessenen Schrittes eine ganz in Grün gekleidete Frau ein. Es war die Hohepriesterin, die irdische Stellvertreterin Keryas, der Schutzgöttin des Reichs des Frühlings, und höchste religiöse Autorität dieses Landes. Ihr folgten zwei weitere Priesterinnen in himmelblauen Gewändern sowie, mit zwei Schritten Abstand und lautlos wie ein Schatten, eine braun gekleidete schlanke Gestalt, deren Gesicht hinter einer eigentümlichen, an einen Baum mit Blättern erinnernden Maske verborgen war. Es war eine Kombattantin, eine Priesterkriegerin. Mit einer besonderen Ehrenbezeugung begrüßten die Gäste die Hohepriesterin, indem sie niederknieten und mit drei Fingern der rechten Hand den Boden
berührten: ein Gruß an die Götter, die unter der Erde wohnten.
    Als Letzte traten die Eltern des Brautpaares ein, während die jungen Brautleute selbst nicht zugegen waren, denn es war Sitte, dass sie sich am Tag vor der Vermählung nicht sahen. Alle knieten nieder, und die Eltern des Bräutigams schritten die Reihen ab und begrüßten einzeln ihre Gäste, die sich, nachdem sie ihre Huldigung dargebracht hatten, nacheinander wieder erhoben.
    »Es ist mir eine große Freude, die Ehre Eurer Gastfreundschaft genießen zu dürfen«, sagte Megassa, der ein wenig länger als die anderen auf Knien verharrt war.
    »Und uns ist es eine große Freude, einen so aufrechten und gerechten Mann wie Euch willkommen heißen zu dürfen«, erwiderte der Hausherr förmlich.
    Der weitere Wortwechsel ging für Talitha im allgemeinen Stimmgewirr unter, das sich wieder erhoben hatte. Der Empfang entwickelte sich genau so, wie sie es sich vorgestellt hatte, langweilig und endlos lang. Längst kannte sie den genauen Ablauf: Die Gäste wurden nicht müde, die aufgetragenen Speisen und die Disziplin der Sklaven zu loben, und ihr Vater erging sich darin, die Tischgenossen, exakt nach Rang und Macht dosiert, zu umschmeicheln, um dann die gesamte Priesterkaste zu rühmen und schließlich Lebithas Tugenden zu preisen.
    Das Mahl war opulent, ein ungeheurer Luxus, der da in diesen kargen Zeiten aufgeboten wurde. Während sie auf ihrem Teller mit verschiedensten Sorten Grillfleisch herumstocherte, fragte sich Talitha, wie viele Sklaven wohl an diesem Abend hungern würden, um den Gästen an der Festtafel all die Leckereien zu ermöglichen. Gewiss, die edelsten Gänge
mit Wildspezialitäten, hätten sie ohnehin nicht genießen können, denn die Femtiten aßen kein Fleisch. Ihre Kost bestand überwiegend aus Obst, Brot und Gemüse. Sie zu ernähren, war daher ziemlich billig für ihre Herren, aber wenn magere Zeiten kamen, waren die Sklaven doch die Ersten, die es am eigenen Leib spürten.
    »So wollte man Euren Schützling sogar vorzeitig zur Priesterin weihen, Schwester Lantania?«
    »O ja«, antwortete die alte Priesterin, die Lebitha begleitete, »schon sehr früh hat sie sich als eine Novizin von außerordentlicher Begabung erwiesen.«
    »Und was ist mit Euch, junge Gräfin?«, sprach einer der Tischgenossen die junge Gräfin an. »Von Eurer Schwester haben wir schon viel gehört, aber wie verbringt Ihr Eure Zeit?«
    Talitha wollte gerade etwas antworten, doch ihr Vater kam ihr zuvor. »Meine Tochter ist noch sehr jung: Sie erhält Unterricht auf allen Gebieten und genießt darüber hinaus auch eine Ausbildung an den Waffen in unserem Gardepalast«, erklärte er und warf dabei dem Oberst der Garde von Larea einen komplizenhaften Blick zu.
    Dieser, ein korpulenter Talarit mit einer auffallend großen Nase, der vor einem Kelch mit vergorenem Fruchtsaft saß, blickte auf. »Ach, da kann sich die Garde von Messe aber glücklich schätzen, ein solch schönes Mädchen in ihren Reihen zu haben«, bemerkte er.
    »Und dabei handelt es sich nicht um eine der üblichen Ausbildungen, wie sie viele Kinder aus hohen Häusern bloß zum Zeitvertreib durchlaufen. Nein, Talitha erlernt ernsthaft und von Grund auf die Kunst der Waffen.«
    Einen Moment lang hatte das Mädchen den Eindruck, dass ihr Vater tatsächlich stolz auf sie sei.

    »Gut, sehr gut, so wollt Ihr also tatsächlich eine Gardistin werden«, wandte sich der Graf von Laja an Talitha.
    Es gibt nichts auf der Welt, was ich lieber sein möchte, wollte diese gerade antworten. Doch da spürte sie plötzlich den eiskalten Blick

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