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Nashira

Nashira

Titel: Nashira
Autoren: L Troisi
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Hergat.
    »Wir sehen uns heute Abend«, sagte Saiph hastig und verschwand mit seinem Großvater hinter einem Vorhang am anderen Ende des Raums. Gleich darauf erschien der Alte wieder, allein.
    »Alles in Ordnung«, sagte er.
    Die Tür ging auf, und instinktiv nahm die alte Frau Talitha in den Arm. Auf der Schwelle stand ein Femtit, der schwere Handschuhe und hohe Lederstiefel trug. Bekleidet war er mit einem roten Kittel, der mit einem grünen Stern gekennzeichnet war.
    »Seid ihr fertig?«, fragte er. Dann bemerkte er Talitha, die erstarrte, obwohl er nicht feindselig blickte, sondern nur staunte. »Und wer ist das?«, fragte er.
    »Unsere Enkelin Adina. Sie ist heute angekommen.«

    Der Mann holte eine Liste hervor und ließ den Blick darüber wandern. »Adina? Ich finde hier keine Adina.«
    »Wir haben sie aus einer anderen Gruppe übernommen. Wir möchten sie gern bei uns behalten. Sie hat sehr gelitten auf dem Weg, und ...«
    Der Vorarbeiter hob die Hände. »Schon gut, schon gut, kein Problem. Hauptsache, du packst richtig an.«
    Talitha deutete auf ihre verschlossenen Lippen.
    »Sie ist stumm«, erklärte Saiphs Großmutter.
    »Dann ist sie ja hier genau richtig.«
    »Es wäre gut, wenn sie neben mir arbeiten könnte, zumindest die ersten Tage«, fuhr die Frau fort.
    Der Vorarbeiter musterte sie ernst und beugte sich dann zu ihr vor. »Dann bekomme ich heute Abend doch sicher ein Bund Kräuter...«
    »Ja, natürlich«, versicherte Hergat schnell.
    Der Vorarbeiter lächelte der alten Frau zu. »Gut, abgemacht. Deine Enkelin kann bei dir am Tisch arbeiten. Aber jetzt müssen wir los, sonst bekomme ich Ärger.«
    Draußen standen etwa zehn Sklaven aufgereiht, die frierend, die Arme vor der Brust gekreuzt und die Hände auf den Schultern, von einem Fuß auf den anderen traten. Der Vorarbeiter zählte sie durch, trug etwas in seine Liste ein und gab der Kolonne ein Zeichen. Sofort setzte sie sich in Marsch.
    Der Weg führte hinauf in Richtung Bergkette. Obwohl sich Talitha an Saiphs Großmutter hielt, fühlte sie sich entsetzlich allein: Seit ihrer Flucht aus dem Kloster war sie praktisch ständig mit Saiph zusammen gewesen, und seine Abwesenheit versetzte sie in große Unruhe. Die alte Frau hatte sie fest untergehakt, doch das reichte nicht, um ihre
Ängste zu vertreiben. Eigentlich wusste sie nichts von dieser Frau, noch nicht einmal ihren Namen. Konnte sie ihr vertrauen?
    Am Rand des Orts, bei der Abzweigung zu einem Baumpfad, machte die Kolonne Halt. Hergat verabschiedete sich von seiner Frau und folgte dann, zusammen mit den anderen Männern, dem Weg, der zu den Mineneingängen führte.
    Die Frauen hingegen marschierten bis zu einer Halle mit Holzwänden weiter. Von außen erinnerte sie Talitha an die Fabrik, in der sie damals hinaufgeklettert waren, um aus Messe zu flüchten. Sie begann zu zittern.
    »Keine Angst«, flüsterte Saiphs Großmutter ihr zu, »die Arbeit ist nicht schwer. Es wird schon gut gehen. Und in deiner Aufmachung siehst du wirklich wie ein echtes Halbblut aus.« Sie zwang sich zu einem Lächeln.
    Durch ein breites Tor traten sie ein. Der erste Eindruck hatte nicht getäuscht: Das Innere der Fabrikhalle war genauso, wie sie es in Messe gesehen hatten. Es war ein einziger riesengroßer Kasten, dessen Decke von schweren Holzpfeilern getragen wurde. Ein Kamin zu einer Seite sorgte für gerade so viel Wärme, dass die Sklaven nicht erfroren.
    Lange Gleise durchliefen die gesamte Halle, von einer großen Öffnung auf der den Bergen zugewandten Seite bis zu dem Tor gegenüber, das nach Orea hinausging. Scharen von Sklaven, die bis zu den höchsten Gipfeln hinaufklettern mussten, brachten die Eisblöcke zur Halle hinunter, wo das Eis in kleinere Stücke zerlegt und den Priestern übergeben wurde, die es durch ihre Zauber haltbar machten. Schließlich wurde das konservierte Eis auf große Karren geladen, die Erddrachen zogen und zu ihrem Bestimmungsort transportierten.

    Saiphs Großmutter trat an einen langen steinernen Tisch, an dem die zerkleinerten Blöcke entlanggeführt wurden. Talitha stellte sich neben sie.
    Der Vorarbeiter kam zu ihnen, bückte sich und fesselte ihre Füße mit Eisenringen an eine lange Kette, die alle Sklaven an dem Tisch miteinander verband. »Du erklärst ihr, wie es gemacht wird«, sagte er zu Saiphs Großmutter, als er sich wieder aufgerichtet hatte.
    Die nickte. Der Vorarbeiter entfernte sich, und die beiden blieben allein. Sie waren die Letzten in der Reihe. »Du
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