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Nashira

Nashira

Titel: Nashira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Troisi
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waren.
    Es war nicht leicht, sich in Orea zurechtzufinden. Der Ort war ein Labyrinth aus gewundenen Gassen, die alle gleich aussahen. In stinkenden Bächen lief die Jauche am Straßenrand entlang, und es lag Schnee, überall Schnee. Und wirklich, alles sah gleich aus: das Holz, aus dem die Häuser erbaut waren, die Straßenkreuzungen, sogar die Femtiten oder Sklaventreiber, die ihnen unterwegs begegneten.

    Zum Glück beachtete sie niemand. Die Säcke, die sie geschultert hatten, wiesen sie als Sklaven aus, die einen Auftrag zu erfüllen hatten, und so kam niemand auf die Idee, sie anzuhalten. Erst nachdem sie schon eine Weile herumgeirrt waren, fanden sie eine Baracke, die der Beschreibung entsprach.
    Saiph klopfte an, und ein alter Femtit, ein kleingewachsener, dicker Mann, kam an die Tür.
    »Was wollt ihr?«
    »Hergat?«, fragte Saiph.
    »Ja, der bin ich. Aber wer seid Ihr?«
    »Ich bin Saiph, Anyas’ Sohn.«
    Kaum hatte er diesen Namen erwähnt, kam eine alte Frau an die Tür. Entgeistert schlug sie die Hände vor den Mund, doch der Mann schob sie zur Seite und starrte Saiph eine ganze Weile schweigend an. Dann griff er hinter sich in eine Truhe und holte eine Pergamentrolle hervor, die er langsam entrollte. Das Bild, das zum Vorschein kam, war Talitha und Saiph wohlvertraut: »lebendig« stand auf dem Steckbrief.
    Der Alte blickte immer wieder von Saiph zur Zeichnung und schien seine Zweifel nicht ablegen zu können.
    »Meine Mutter hat mir erzählt, ihr habt sie nach Messe geschickt, damit man ihr hier nicht die Zunge rausschneidet.«
    Da krampften sich die Hände des Alten in das Papier, und Tränen begannen in seinen Augenwinkeln zu glitzern. Er legte Saiph eine Hand auf die Schulter.
    »Saiph, Saiph...«, stammelte er und nahm ihn fest in die Arme.
    Einen Moment lang standen sie so da, dann umarmte Saiph auch seine Großmutter und stellte ihnen schließlich Talitha vor.

    »Werdet ihr auch zur Arbeit abgeholt?«, fragte er danach.
    »Ja, immer noch, jeden Morgen. Der Vorarbeiter bringt uns zu den Minen, wo wir bis zum Abend schuften müssen.«
    »Dann kann er jeden Moment kommen. Ihr müsst mich verstecken. Sofort.«
    »Das geht nicht«, antwortete Hergat. »Das ist zu gefährlich. Was meinst du, was sie mit uns machen, wenn sie einen Sklaven finden, der sich vor der Arbeit drückt? Darauf steht die sofortige Hinrichtung.«
    »Aber ihr müsst mich verstecken. Offenbar ist mein Steckbrief auch hier in Umlauf. Jeden Augenblick kann mich jemand erkennen. Ich bin nicht gut genug getarnt. Anders als du«, fügte er an Talitha gewandt hinzu, »du kannst dich noch freier bewegen. Meine Tarnung reicht nicht aus. Ich werde auffliegen.«
    Hergat schaute sich um und blickte dann wieder Saiph ins Gesicht, mit Augen, aus denen Mitgefühl sprach. »Wir haben einen Lagerraum im Keller für unsere Kräuter«, sagte er.
    Saiph nickte. »Ja, versteckt mich dort. Am besten gleich.«
    »Und was ist mit mir?«, fragte das Mädchen verdutzt.
    »Du bist unter den Sklaven sicherer aufgehoben. Du darfst nicht bei mir sein, falls ich geschnappt werde, sonst weiß man sofort, wer du bist und bringt dich zu deinem Vater. Misch dich unter die anderen Femtiten, arbeite mit ihnen, dann hast du viel größere Aussichten, dich zu retten.«
    »Aber man sieht mir doch an, dass ich kein Femtitin bin! Nein, Saiph, das wird böse enden, sehr böse ...«
    Er trat zu ihr und legte ihr die Hände auf die Schultern.
    »Versteh doch, wir werden zusammen gesucht, und der letzte Ort, wo man ein Mädchen wie dich erwartet, ist eine Eismine. Du bist eine Grafentochter, eine Herrin, wer würde
schon auf die Idee kommen, dass du bei Sklaven zu finden bist? Und auch wenn du nicht davon überzeugt bist: Deine Tarnung ist gut. Die hält.«
    Talitha schüttelte den Kopf. »Nein, lass mich nicht allein!«
    Saiph schaute sie eindringlich an. »Du bist ja nicht allein.« Er wandte sich an seinen Großvater. »Kannst du es einrichten, dass sie bei euch arbeitet?«
    Hergat schien verwirrt. »Ich kann ja sagen, dass sie eine Verwandte von uns ist. Der Vorarbeiter ist ein anständiger Mann, der lässt mit sich reden. Ich werde ihn fragen, ob du in der Gruppe von meiner Frau mitarbeiten kannst. Die machen das Eis für den Transport fertig, nachdem es mit Zaubern haltbar gemacht wurde. Das ist keine schwere Arbeit.«
    Saiph sah Talitha wieder an. »Du bleibst bei meiner Großmutter. Da bist du gut und sicher aufgehoben.«
    »Sie kommen«, unterbrach ihn

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