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Nashira

Nashira

Titel: Nashira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Troisi
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an Mira und Alya und daran, dass beide sehr weit über den kleinlichen Interessen der Priesterkaste stehen. Wir auf Erden machen alle Fehler, aber das ändert nichts an der Größe der Gottheiten, die über uns wachen und uns leiten. Deren Wege sind rätselhaft und nur für jene zu ergründen, die aus tiefstem Innern glauben. Das hat mit dem Amt der Kleinen Mutter und den betreffenden Machtspielen gar nichts zu tun.«
    Talitha konnte diese Haltung nur in Ansätzen verstehen, teilen aber nicht. Für sie hatte die Religion kein anderes Gesicht als das grimmige von Schwester Dorothea oder das heuchlerische von Grele. Sie verdrängten alles andere und ließen sie auch das Vertrauen zu Mira verlieren.
    »Vielleicht hast du ja Recht, aber wie dem auch sei, eins weiß ich ganz sicher: Gerade auch dir habe ich es zu verdanken, dass ich hier drinnen noch nicht den Verstand verloren habe«, sagte sie und umarmte Kora dabei.
    »Was ist denn los mit dir?«, fragte diese besorgt. Sie wusste, das Talitha eigentlich keinen Körperkontakt mochte.
    »Nichts. Mir geht’s gut«, antwortete das Mädchen und machte sich von der Freundin los.

    »Ich sag’s dir zum letzten Mal: Geh wieder zurück und leg dich schlafen«, sagte Talitha zu Saiph, der blass, aber entschlossen im Maschinenraum des Lastenaufzugs vor ihr hockte.
    »Ich denk überhaupt nicht daran.«
    »Aber das ist ein Befehl, und nur zu deinem Besten, du verdammter dickschädeliger Sklave. Willst du denn wieder den Stock zu spüren bekommen?«
    »Aber du brauchst mich. Das weiß ich genau. Ich war schon viel öfter hier unten als du und kenne den Weg. Außerdem habe ich ein feineres Gehör als du und weiß, wie man sich bewegt, ohne jemandem aufzufallen. Mein ganzes Leben schon tue ich nichts anderes! Anders gesagt: Du solltest dich wieder schlafen legen, und ich schleiche mich allein in den Kernbezirk.«
    Talitha fluchte und verknotete ihr Gewand in der Hüfte, wie sie es immer tat, wenn sie trainierte. »Dann los jetzt. Geh du vor«, gab sie klein bei.
    So krochen sie unter den Laufstegen entlang und schlugen einen Weg ein, den das Mädchen nicht kannte. Sobald sie die Schritte der patrouillierenden Kombattantinnen über ihren Köpfen hörten, verharrten sie reglos, bis es wieder völlig still war und sie ihren Weg fortsetzen konnten.
    »Da wären wir«, sagte Saiph irgendwann, als sie einen engen, fast senkrechten, kaminähnlichen Gang erreicht hatten. Er kletterte voraus, indem er sich geschickt mit Händen und Füßen an den Wänden abstützte.
    Talitha hatte größere Schwierigkeiten. Als kleines Mädchen
war sie zwar häufig auf Bäumen herumgeklettert und auch geschickt darin, doch nun war sie schon seit Jahren völlig aus der Übung. Außerdem rutschte sie mit ihren Sandalen an der Wand ab, sie zog sie aus kletterte barfuß weiter. Bald schmerzten ihr Arme und Beine, weil sie die Muskeln auf das Äußerste belasten musste, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren und abzustürzen.
    Nachdem sie ein paarmal gefährlich abgerutscht war und sich das Knie aufgeschlagen hatte, konnte sie endlich zu Saiph aufschließen, der vor dem gesuchten Gitter wartete.
    »Kannst du etwas erkennen?«, fragte Talitha außer Atem.
    Saiph presste das Gesicht gegen die Stäbe. »Ja, die Kombattantin ist eingeschlafen. Die liegt da am Boden wie ein nasser Sack.«
    »Dann scheint das Schlafmittel von Schwester Pelei wirklich sehr stark zu sein.«
    »Ja, schon, aber das hilft uns nicht, dieses Gitter aufzubekommen«, antwortete Saiph, wobei er auf das schwere Vorhängeschloss deutete, mit dem es gesichert war.
    »Lass mich mal machen.«
    »Und wie, bitte schön?«
    Talitha kletterte an ihm vorbei direkt unter das Gitter. Sie hatten nur wenig Platz, und ihre Körper streiften einander.
    »Komm nicht auf dumme Gedanken, aber du musst mich festhalten, damit ich beide Hände frei habe, um das Schloss zu öffnen«, sagte sie.
    Saiph errötete und fasste sie um die Hüften. Sie ließ sich halten und stützte sich nur noch mit den Füßen an der Wand ab. Rasch holte sie unter ihrem Gewand eine Haarnadel hervor und flüsterte. »Nicht erschrecken. Ich muss zaubern.«
    Saiph nickte, merkte aber, dass er ohnehin durch andere
Gedanken abgelenkt war. Der Duft ihres Körpers war so intensiv, dass ihm ganz schwindlig wurde. Es war ein Duft, den er an ihr nicht kannte. Er war neu. Der Duft einer Frau.
    Talitha schaffte es, zwei Finger durch das Gitter zu stecken, und konzentrierte sich, wie sie es bei

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