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Nashira

Nashira

Titel: Nashira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Troisi
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Schwester Pelei gelernt hatte: Nach einigen Augenblicken begann die Haarnadel schwach zu glühen und sich zu verformen. Noch stärker konzentrierte sie sich und steckte die Nadel ins Schloss, während der Luftkristall auf ihrer Brust ebenfalls strahlte. Doch als sie die Nadel zu drehen versuchte, tat sich nichts. Allerdings war es ein schwieriges Unterfangen, denn sie musste das Es so formen, das es sich dem Zylinder im Schloss einpasste: War der Mechanismus zu kompliziert, hätte sie höchstens noch die Möglichkeit gehabt, das Schloss mit Gewalt aufzubrechen. Doch sie hatten Glück, nach ein paar weiteren Versuchen hörten sie, wie es aufsprang. Talitha löste das Schloss, zog den Riegel zurück, und gemeinsam stießen sie das Gitter auf.
    Auf den Ellbogen stemmten sie sich hinauf und fanden sich in einem großen runden Vorraum wieder, dessen Wände ganz von Bücherregalen eingenommen wurden. Eine Leuchtkugel auf einer Konsole sorgte für Licht und erhellte eine verschlossene Tür. Über deren Sturz war ein Fries zu erkennen, auf dem eine Gruppe kniender Frauen dargestellt war, die einen Luftkristall anbeteten. Kein Zweifel, dies musste der Zugang zu dem Teil des Kernbezirks sein, der zur Kristallkammer hinaufführte.
    Saiph betastete die Wände und klopfte sie mit den Fingerknöcheln ab. »Das sind keine Außenmauern, wir befinden uns in einer Art Stollen. Deswegen auch das Gitter: Es dient der Luftzufuhr.«

    Mit dem Fuß drehte Talitha die Kombattantin auf den Rücken. Sie sah wie tot aus, und nur wenn man aufmerksam lauschte, waren ihre langsamen Atemzüge zu hören.
    »Wie viel von dem Schlafmittel hast du benutzt?«
    »Die ganze Ampulle.«
    Talitha fuhr herum. »Bist du wahnsinnig? Ein paar Tropfen hätten gereicht.«
    »Ich weiß. Aber ich wusste eben nicht, welcher Teller für sie war, sondern nur, welcher Sklave sie bedienen würde. Deshalb habe ich den gesamten Inhalt auf die vier Teller verteilt, die er an den Tisch tragen musste. Die anderen drei Priesterinnen werden sich heute Nacht auch endlich mal richtig ausruhen können.«
    Das Mädchen kicherte, beugte sich dann über die leblose Kombattantin und suchte sie ab. Der Schlüsselbund hing an ihrem Gürtel.
    »Hinter diesem Regal müsste die Geheimtür sein«, sagte Saiph.
    Er betastete die Wand und spürte unter den Fingern eine feine Unebenheit, die auf eine Öffnung hinwies. »Ich glaube, ich hab sie gefunden. Reich mir mal den Schlüsselbund.«
    »Versuch den mal«, antwortete Talitha und reichte ihm den kleinsten Schlüssel. Tatsächlich öffnete sich eine Tür und gab den Blick auf eine Wendeltreppe mit schmalen Stufen frei. Sie war aus dem Holz herausgeschnitzt, das streng riechendes Harz absonderte. Aus unzähligen kleinen Löchern krochen fette Larven heraus.
    »Iiih. Das ist ja eklig«, murmelte Talitha.
    »Wieso? Was hast du denn anderes erwartet? Schließlich befinden wir uns im Herzen des Talareths«, sagte Saiph, während er die ersten Stufen nahm.

    In regelmäßigen Abständen gingen von der Holzwand Türen ab, in deren Sturz verschiedene Symbole eingeritzt waren: eine Ellipse, die in einen größeren Kreis eingefügt war, oder die gleiche Ellipse mit einem Kreis darin. Talitha holte den Schlüssel hervor, den ihr Lebitha hinterlassen hatte, und hielt ihn, während sie weiter hinaufstieg, fest in der Hand. Der Schacht war dunkel und wurde nur von der Leuchtkugel erhellt, die sie klugerweise aus dem Raum mitgenommen hatte, in dem die Kombattantin lag.
    »Es ist so unwirklich«, murmelte sie. »Hier oben liegt der größte Luftkristall überhaupt, der die Luft für ganz Messe speichert. Und das ist der Ort, an dem Lebitha ihre letzten Lebensjahre verbracht hat.« Ihre Stimme zitterte vor Erregung.
    »Der Luftkristall wird sicher sehr gut bewacht. Wir müssen auf der Hut vor anderen Kombattantinnen sein«, bemerkte Saiph, dem der Schweiß auf der Stirn stand.
    Talitha hätte den großen Luftkristall gern einmal gesehen. Zum einen, um besser verstehen zu können, wofür ihre Schwester ihr Leben geopfert hatte. Und zum anderen, um eine der sinnlosen Regeln dieser Priesterinnen zu brechen, nach der nur Auserwählte hinaufsteigen durften, um nicht nur den Luftkristall zu sehen, sondern auch die grenzenlose Weite des Himmels, an dem Miraval und Cetus ihren ewigen Kampf austrugen.
    Saiph riss sie aus ihren Gedanken, indem er ihren Arm ergriff. »Schau mal«, sagte er leise und zeigte auf eine Tür, über der das Symbol prangte, nach dem sie

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