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Nashira

Nashira

Titel: Nashira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Troisi
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gesucht hatten.
    Die Tür war klein und schlicht, aber das Schloss funkelte, schien gut geölt und kompliziert zu sein. Vorsichtig führte Talitha den Schlüssel ein. Anfangs hatte sie den Eindruck,
dass er nicht passte. Mit Kraft bewegte sie ihn in beiden Richtungen, aber nichts tat sich. Dann zog sie ihn ein klein wenig heraus, und plötzlich ließ er sich leicht hin und her drehen, der Zylinder rotierte, und das Schloss öffnete sich.
    Sie stieß die Tür auf.
    Der Raum dahinter war eng und besaß weder Fenster noch weitere Türen. Obwohl er aus dem Holz herausgearbeitet war, waren die Wände zusätzlich mit Ziegeln verkleidet, wie sie durch die wenigen Lücken zwischen den Regalen erkennen konnten. Die Regale reichten bis zur Decke und waren mit Büchern und Pergamenten angefüllt.
    Talitha holte das Blatt mit der Zeichnung hervor, drehte es um und las noch einmal die Hinweise, die Lebitha auf der Rückseite notiert hatte.
    Himmlische Annalen, zwanz. Jahrh., dritte Folge.
Aufzeichnungen der Ketzerpriesterin Juno, vierter Monat
Verhör des Mannes vom Namenlosen Ort

    Sie blickte sich um. Auf den Rücken der Bücher waren keinerlei Symbole zu erkennen, und so sahen sie für Talitha alle gleich aus, unterschieden sich nur in der Farbe und Größe.
    »Wie sollen wir nur diese drei Bücher finden«, fragte sie mutlos.
    Saiph nahm die Leuchtkugel zur Hand und trat einige Schritte vor. Da fiel ihm auf, dass in jedem Regal unten auf der Erde ein großes, nur wenige Seiten dickes Buch quer lag und nicht aufrecht stand. Er nahm eins davon in die Hand, blätterte kurz darin herum und blickte dann zu Talitha: »So«, sagte er und zeigte auf die Seiten.

    Es war ein Verzeichnis aller Bände im Regal, und daneben der genaue Standort.
    »Du schaust dir das an, ich sehe das dort drüben durch.«
    So machten sie sich an die Arbeit.
    Es dauerte nicht lange, bis Saiph etwas gefunden hatte. »Himmlische Annalen, zwanzigstes Jahrhundert, aus dem Antiken Krieg. Da haben wir es doch«, sagte er, wobei er einen dicken Band aus einem Regal zog. Er legte ihn aufgeschlagen auf den Boden und machte sich dann wieder auf die Suche, während sich Talitha sofort darauf stürzte. Es handelte sich um ein astronomisches Werk. Beschrieben waren da Objekte, die »Sterne« genannt wurden, mit ihren genauen Positionen, ihrem Verlauf am Himmel und Angaben zu ihrer Helligkeit. Talitha hatte schon mal von ihnen gehört: Es waren kleine Lichter, die zusammen mit den beiden Monden am Nachthimmel standen. Manchmal hatte sie sogar, wenn sie genau hinsah, solch einen Stern zwischen den Ästen des Talareths hervorscheinen sehen. Diesem Buch nach mussten davon Abertausende am Himmel stehen. Sie las noch ein wenig darin, fand aber nichts, was sie weitergebracht hätte.
    Was wollte mir meine Schwester damit mitteilen? Was steht so Wichtiges in den Sternen?
    Sie blätterte weiter. »Dritte Folge« stand darüber. Um Sterne ging es nicht mehr, sondern um den Himmel bei Tag. Talithas Herz machte einen Sprung, denn eingeleitet wurde dieser Abschnitt von einer herrlichen Illustration, die eine ganze Doppelseite einnahm: Eingerahmt von einem aus Reben und Blättern geflochtenen Kranz, sah man eine unendliche blaue Weite, von der sich zwei Kugeln abhoben. Die eine war groß und strahlte in einem betörenden orangefarbenen
Licht, die andere war kleiner und leuchtete grell weiß. Verbunden waren sie durch ein feines rötliches Band.
    »Saiph!«, rief sie mit erstickter Stimme.
    »Ich hab das zweite gefunden«, verkündete der und zeigte auf ein kleineres Buch. Dann trat er zu Talitha. Als er das Bild sah, wich er einen Schritt zurück und legte instinktiv eine Hand vor die Augen. »Ist es das, was ich denke?«
    »Ja, das sind Miraval und Cetus, so wie meine Schwester die Sonnen jeden Tag in den letzten Jahren gesehen hat und wie sie täglich über uns und über dem Talareth scheinen.« Beide fühlten sich ganz klein angesichts dieser dargestellten Naturgewalten und schwiegen einen Augenblick. Talitha blätterte um. Wieder eine Zeichnung, die ganz genauso aussah wie die davor. Darunter ein Datum, die Angaben zur Position am Himmel, zum Auf- und Untergang, zur Helligkeit beider Gestirne.
    Sie blätterte alle Seiten durch, während sich Saiph wieder dem zweiten Buch zuwandte. Die Sonnendarstellungen schienen alle gleich zu sein, und doch meinte sie zu erkennen, dass sich irgendetwas geringfügig änderte. Und das lag nicht nur an der Hand des Miniaturenmalers, dem es nicht

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