Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nashville oder Das Wolfsspiel (German Edition)

Nashville oder Das Wolfsspiel (German Edition)

Titel: Nashville oder Das Wolfsspiel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Michaelis
Vom Netzwerk:
aufschnitt.
    Er sah auf. »Ja, wir«, sagte er. »Oder willst du das alleine machen?«
    »Aber du … du hast Nachtdienst.«
    »Nur heute.«
    »Und du hast nichts mit der ganzen Sache zu tun.«
    Gunnar bestrich eine Brötchenhälfte mit Butter und Marmelade und legte sie auf Svenjas Frühstücksbrett. »Du solltest was essen. Ich habe dich nicht aus dem Rinnstein gekratzt, damit du hier vor dem gedeckten Tisch verhungerst. Wir fangen morgen Nacht an. Jede Nacht ein paar Stunden. Und eure Wäsche schmeiße ich in die Maschine. Am besten alle Sachen.«
    »Die, die ich trage, würde ich gerne anbehalten«, sagte Svenja und grinste.
     
    Gott, wie konnte alles so gut sein? Die Sonne schien, und Svenja war sauber und satt und würde zur Uni gehen. Und Nashville würde hierbleiben und noch da sein, wenn sie zurückkäme.
    Und sie ging zur Uni, und er war noch da, als sie zurückkam.
    Er saß auf dem Bett im Bügelzimmer und schwieg. Er beantwortete keine ihrer Fragen.
    Und da begriff Svenja, dass nicht alles gut war. Nashville war wieder dort, wo er gewesen war, als sie ihn gefunden hatte: in einem Raum-aus-keinen-Worten, dessen Tür er fest hinter sich verschlossen hatte.
    Irgendwann wachte Gunnar auf, der den Schlaf der Nachtdienstnacht nachgeholt hatte, und sie setzte sich zu ihm in die Küche.
    »Er redet nicht mehr mit mir«, sagte sie.
    »Er wird wieder reden«, sagte Gunnar. Aber er klang nicht so sicher, wie er vielleicht klingen wollte. »Ich gehe jetzt noch eine Weile in mein Café«, sagte er. »Mit dem Laptop.«
    »Damit Juliettas Vater dich vielleicht sieht und denkt, du arbeitest nicht.«
    »Hör auf zu lachen«, sagte Gunnar ernst. »Wenn du je verlobt bist, wirst du mich verstehen.«
    »Ich werde mich nie mit dem Vater von jemandem verloben«, sagte Svenja.
    Gunnar sah weg.
    »Heute Abend«, sagte er leise, ehe er ging. »Heute Abend führen wir das Akkordeon aus. Wir treffen uns beim
Ammerschlag
. Neun Uhr. Kennst du den?«
    »Ich frag mich durch«, sagte Svenja. »Was … ist es?«
    »Eine Kneipe mit billigem Kaffee«, sagte Gunnar. Er öffnete die Haustür und trat auf die kleine Terrasse. Dann drehte er plötzlich um.
    »Nashville?«, rief er. »Nashville, die Haustür ist offen, hörst du? Du kannst gehen, wenn du willst. Solange du wieder hier bist, wenn es dunkel wird … Und wir brauchen das Akkordeon heute Abend. Dies wird die erste der Nächte, in denen wir warten.«
    Nashville kam aus dem Bügelzimmer und ging an Gunnar vorbei auf die Terrasse. Er ging nicht weiter, er setzte sich nur auf die Bank, die dort stand. Eine hellblau gestrichene Bank – eine vielleicht von Julietta gestrichene Bank – zwischen vielleicht von Julietta ausgesuchten dunkelblauen Blumentöpfen. An dem kleinen Oleander blühten vier rosa Blüten.
    Gunnar drückte zum Abschied Svenjas Hand, ganz kurz, dann stieg er auf sein Fahrrad.
     
    Sie saßen lange auf der Julietta-Terrasse: Nashville auf der Bank, still wie eine Statue, Svenja auf dem Boden, den
Schiebler
im Schoß. Sie blätterte die Seiten des Buches um, und Nashville blätterte sein Schweigen um, und durch die enge Gasse, die zum Fluss hinunterführte, flatterten die Stadttauben.
    Er wird wieder reden
, stand im
Schiebler
.
Und wir werden den Verrückten mit dem Messer finden, und sie werden ihn einsperren, und wir werden zu dritt hier wohnen, Gunnar und ich und Nashville, wir können ihn adoptieren; das geht, man muss aber wahrscheinlich verheiratet sein.
    »Svenja«, sagte jemand, und die Traumblase platzte wie Kaugummi.
    Svenja sah auf. »Kater Carlo?«
    »Ja«, sagte Kater Carlo, kam die Stufen herauf und setzte sich neben sie auf den Boden. »Hey, Nashville! Wohnt ihr hier jetzt? Hübsche Haus. Habe ich gefunden durch zufällig. Bei uns Bauwagen is eng. Haben wir ewig uns nicht gesehen …«
    »Ja«, sagte Svenja. »Ich dachte, ihr wärt alle verschwunden. Ich habe eine Weile nirgendwo gewohnt, zusammen mit Nashville … Er hat sich um mich gekümmert …« Sie sah den Schatten eines Lächelns über Nashvilles Gesicht gleiten. »Aber jetzt wohnen wir bei Gunnar. Diesem Arzt, der auch beim Wolfsabend da war, weißt du. Er lässt uns hier wohnen, bis … bis alles sich irgendwie geregelt hat, glaube ich. Wo ist Friedel?«
    »Friedel geht nicht gut«, sagte Kater Carlo und seufzte. »Er hat gesagt, du vertraust ihn nicht, du willst sein ohne uns, ohne ihn, weil er nichts hinkriegt. Die letzte Nächte er war in Stadt alleine. Er hat gesagt, er geht in

Weitere Kostenlose Bücher