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Nashville oder Das Wolfsspiel (German Edition)

Nashville oder Das Wolfsspiel (German Edition)

Titel: Nashville oder Das Wolfsspiel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Michaelis
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zum Weinen bringen konnte, Friedel mit all seiner gutmütigen Verplantheit. Nichts von dem, was er eben gesagt hatte, hatte verplant geklungen. Vielleicht war es wahr, er trank zu viel, und er war zu viel unterwegs – aber da war eine völlig neue Entschlossenheit hinter dem, was er tat. Da war etwas, das sie warnte. Das flüsterte:
Nimm ihn ernst.
Etwas, das ihr Angst machte.
    Als sie sich zum Klo durchkämpfte, fand sie auch Nils nirgends im Gedränge an der Bar. Sie hatte ihn fragen wollen, was er gemeint hatte, aber er war nicht mehr im
Ammerschlag
. Genauso wenig wie Friedel.
    Sie kehrte zurück zu ihrem kaum angerührten Bier und war sehr allein. Es war längst nach neun, sie sah es auf irgendjemandes Armbanduhr. Und auf einmal wusste sie, dass Gunnar nicht kommen würde. Natürlich, er war froh, sie los zu sein.
    Der Ort zwischen den Zeilen war wie ein Sog, und er sog sie ein.
    Sie war wieder unsichtbar.
     
    Die Hand auf ihrer Schulter war so leicht und unerwartet, dass sie zusammenzuckte, als hätte jemand sie geschlagen.
    »Svenja«, sagte Gunnar. »Ich bin spät dran. Tut mir leid.« Er setzte sich neben sie auf die Bank, obwohl dort kein Platz mehr frei war, sie spürte seine Wärme durch ihre Kleidung hindurch.
    »Ich dachte, du kommst nicht.«
    »Bitte? Warum sollte ich nicht kommen?«
    »Ich dachte, weil …«
    Ich bin zurückgerutscht in die Dunkelheit von letzter Woche. Ich war plötzlich wieder jemand, der auf der Straße lebt. Ich war wieder außerhalb.
    Nein, sie konnte es ihm nicht erklären. »Ich habe kein Geld«, sagte sie ganz leise. »Kannst du zwei Bier bezahlen? Ich gebe es dir zurück, sobald ich an das Geld auf meinem Konto komme.«
    »Wenn zwei Bier im
Ammerschlag
alles sind, was man braucht, um dich glücklich zu machen«, sagte Gunnar und lachte. »Julietta ist etwas teurer im Unterhalt.«
    Er legte eine Hand auf ihre. Wie zuvor Friedel, und doch ganz anders. Die Sommersprossen auf seinem Handrücken waren alle zu sehen, obwohl es so schummerig war. Svenja sehnte sich danach, ihre Wange an seine Pulloverschulter zu legen. Halt mich, schütz mich, tröste mich. Vertreib die Dunkelheit des Regens draußen.
    Aber er nahm seine Hand weg und sagte: »Komm. Ich bezahle das Bier, und wir gehen. Nimmst du das Akkordeon?«
     
    Und sie gingen. Sie wünschte, sie hätten Hand in Hand gehen können.
    »Wohin?«, flüsterte sie.
    »Die Unterführung bei dem Platz mit der Kastanie«, sagte Gunnar. »Du weißt schon, da, wo der kleine König Fahrrad fährt. Mit der fangen wir an. Es gibt keine Kameras dort; ein absolut blinder Fleck. Eine Weile waren die Penner von da verschwunden, nach dem Mord in der anderen Unterführung. Aber dann sind sie langsam zurückgesickert in die Schatten.«
    Die Schatten waren kalt.
    Sie legten den Köder sorgsam aus, stellten das Akkordeon in das schwarze Eingangsmaul der Unterführung, an den Rand, sodass das Straßenlaternenlicht gerade noch darauffiel. Dann griff Gunnar in seinen Rucksack und holte drei sorgsam zusammengerollte Decken heraus. Es war nicht schwer, daraus etwas wie eine schlafende Kinderfigur zu formen.
    Sie setzten sich ein Stück tiefer in den Betonschlund, die Rücken an den kalten Stein gelehnt.
    »Glaubst du wirklich, das nützt etwas?«, fragte Svenja. »Ich meine, wenn der Mörder noch in der Stadt wäre, hätte er Nashville längst umbringen können.« Sie schauderte, als sie es sagte. »Trotz der Schaufenster und der Kameras …«
    »Ihr wart zu zweit. Unser Umriss ist allein. Und vielleicht hat es sich herumgesprochen, dass du bei mir wohnst und Nashville möglicherweise von dort abgehauen ist.«
    Sie nickte. Sie wollte ja glauben, dass es funktionierte. Sie wollte, dass alles vorüber war, sie wünschte sich den Umriss mit dem Messer mit solcher Kraft herbei, dass er auftauchen musste. Er würde das Messer zücken, Gunnar würde die Polizei anrufen, und Svenja würde seine Taschenlampe anmachen. Und dann würden sie ihn endlich sehen. Sie mussten ihn nur so lange festhalten, bis die Polizei kam, aber er war allein, und sie waren zu zweit. Der Plan war vernünftig und durchdacht – und völlig abstrus.
    Sie saßen lange im Dunkeln.
    Irgendwann legte Gunnar den Arm um Svenja. »Du bist eiskalt«, flüsterte er.
    »Erzähl mir was. Dann wird mir wärmer. Erzähl mir von dir.«
    »Über mich gibt es nichts zu erzählen«, flüsterte Gunnar. »Ich arbeite. Ich habe immer gearbeitet, und irgendwann werde ich irgendwo ankommen. Ich habe dir

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