Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nashville oder Das Wolfsspiel (German Edition)

Nashville oder Das Wolfsspiel (German Edition)

Titel: Nashville oder Das Wolfsspiel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Michaelis
Vom Netzwerk:
hob es auf.
    »Ist es nur altes Stück von Plane«, sagte er.
    Katleen sah sich im Raum um. »Nashville … ist nicht hier.«
    »Nein«, sagte Svenja sehr leise. »Aber wie kann er … Er kann nicht …«
    »Da oben ist Loch«, sagte Kater Carlo und ließ den Schein der Taschenlampe wandern. »Mauer kaputt, hier, Steine sind weggefallen, schau.«
    Svenja rannte hinüber, sie musste auf einmal rennen, quer durch den schrecklichen Raum, den schrecklichsten aller Räume. Man sah die Nacht durch das Loch oben in der Wand, die künstlich beleuchtete Dunkelheit der Stadt. Etwas war von außen gegen die alte Mauer gefallen, etwas hatte dafür gesorgt, dass ein paar Steine herausgebrochen waren, dort, wo die Kellerwand sich über der Erde befand.
    Da war ein Weg ins Freie.
    Sie rannten zurück, die Treppe hoch und um das Haus herum. Die Baumaschinen hatten Spuren in der Erde hinterlassen, sie hatten ihre Arbeit begonnen und nicht weitergeführt, aber hier klaffte eine Wunde in der Wand, kurz über dem Erdboden. Daneben lagen mehrere abgebrochene Äste des Ahorns, dicke, schwere Äste. Der Orkan hatte sie geknickt, und sie hatten der Mauer den Rest gegeben.
    Nashville musste an der Wand hinaufgeklettert sein, um sich durch die schmale Öffnung zu quetschen.
    »Er hat es geschafft«, flüsterte Svenja. »Er hat es geschafft, da rauszukommen … Nashville schafft alles.«
    Friedel stand jetzt neben ihr. »Der Sturm war vor drei Tagen. Vierzehn minus drei«, sagte er. »Er hat elf Tage da unten gesessen.«
    Dann ging er ein paar Schritte beiseite und übergab sich. Svenja dachte an den Präp-Kurs. Sie ging hinüber und gab ihm ein Taschentuch. Und umarmte ihn.
    »Es tut mir leid«, sagte sie leise in das ungewaschene Batik-T-Shirt, das er unter der offenen Kapuzenjacke trug, die ihn als polnischen Peruaner getarnt hatte. »Es tut mir leid, Friedel … es tut mir leid …« Wie oft kann man
Es tut mir leid
sagen, ohne dass die Worte an Bedeutung verlieren? »Ja«, sagte Friedel und streichelte ihr Haar. »Das ist auch gut so.«
    »Warst du nie wirklich besoffen, nachts, in der Stadt? Warst du immer auf der Suche? Nach dem Mörder?«
    »Ja – nein«, sagte Friedel. »Ich war viel zu oft besoffen. Aber irgendwann habe ich es gelassen. Nach der ersten schlimmen Zeit draußen in der Bauwagensiedlung.«
    »Aber warum hast du gesagt, du wärst bei deinen Großeltern gewesen? In dem schrägen Garten? In diesen Nächten, in denen die Morde geschehen sind?«
    Er zuckte die Schultern. »Es war eine so schöne Geschichte. In diesen Nächten war ich in Wirklichkeit sonst wo und tatsächlich besoffen.« Er grinste. »Svenja«, sagte er dann ernst. »Wir müssen ihn finden. Es kann ihm nicht gut gehen.«
    »Wir haben überall gesucht …« Sie sah ihn an, verzweifelt, hilflos.
    »Ja«, sagte Friedel. »Als er noch im Keller war. Wir müssen überall noch einmal suchen. Wir teilen uns auf und machen eine Liste von Orten …«
    Svenja nickte. »Was immer du sagst.«
     
    Sie suchten die ganze Nacht. Es war unsinnig ab einem gewissen Punkt, sie waren alle erschöpft, und es war zu dunkel, es wäre sinnvoller gewesen, bis zum Morgen zu warten. Aber keiner von ihnen konnte nach Hause gehen. Nicht einmal Christin, die auch gekommen war und die Nashville am wenigsten von allen kannte.
    Svenja suchte mit Friedel zusammen. Sie hatte noch eine Menge Es-tut-mir-leids zu sagen. Sie sagte kein einziges. Sie fuhren schweigend durch die Nacht. Sie suchten die Parks ab und das ganze Neckarufer. Schließlich fanden sie sich auf dem Jakobusplatz wieder, auf der Bank, wo sie zuerst miteinander geschlafen hatten, und machten eine Pause. Es war schon fast hell.
    Svenja lehnte sich an Friedel, weil sie sich an irgendetwas anlehnen musste. Sie verbot sich, an den Kellerraum im Haus Nummer drei zu denken, weil sie dann heulen würde. Und dachte an ihn und heulte.
    »Wenn ich ihn je wiedersehe«, sagte sie schließlich, »mache ich alles richtig. Wirklich, ich würde alles tun … Die Sache mit der Polizei, die wird schrecklich, er muss aussagen und alles … Aber irgendwann ist es vorbei. Und dann bekommt er einen Pass und einen richtigen Namen. Ich möchte … ich möchte mit ihm ans Meer fahren. Und es wird warm sein und der Sand ganz weich zwischen den Zehen. Wir werden versuchen, surfen zu lernen, und ich werde mich garantiert wahnsinnig blöd dabei anstellen.«
    »Ich komme mit und stelle mich auch blöd an«, sagte Friedel.
    »Ja, mach das«,

Weitere Kostenlose Bücher