Nashville oder Das Wolfsspiel (German Edition)
Jetzt! Los!«
»Tut mir leid, ich gehorche dir nicht, Svenja«, sagte Friedel. »Nicht mehr. Thierry hat dich nicht lange genug aufgehalten, was? Pech für dich. Dann musst du das hier mit ansehen.«
»Habt ihr euch hier verabredet, um Gunnar … beiseitezuschaffen?!« Sie schrie jetzt, endlich. Vielleicht hörte jemand sie, jemand da draußen.
»Warum? Warum denn?« Sie war mit zwei Schritten bei ihm, bückte sich – aber Kater Carlo ließ die Lampe fallen, zog sie zurück und hielt sie eisern fest. Es nützte nichts, zu treten und zu beißen, sie war nicht so geübt darin wie Nashville.
Nashville.
Wo war Nashville, und was hatte er wirklich getan?
Irgendetwas hier lief falsch, völlig falsch.
»Du kannst aufhören mit dem Theater«, sagte Friedel. »Katleen? Greifst du in seine Tasche?«
Svenja konnte sich nicht umdrehen, Kater Carlo hielt sie zu fest, sie sah Katleen erst, als sie schon an ihr vorbeigegangen war. Das Taschenlampenlicht, das vom Boden aus die Szene beleuchtete, ließ die Wirklichkeit bei jeder Bewegung zu neuen Scherben zersplittern.
»Hallo, Svenja«, sagte Katleen. Sie klang traurig. Sie bückte sich und griff in Gunnars Tasche, so wie Friedel es gesagt hatte. Svenja hätte nie gedacht, dass Friedel bei irgendeiner Sache das Kommando übernehmen würde. Er schien verblüffend nüchtern und organisiert.
Als Katleen sich aufrichtete, hielt sie ein Messer in der Hand.
Das Messer war scharf. Es glänzte im Licht. Ein Küchenmesser. Svenja hatte noch am Tag zuvor damit Gemüse geschnitten, in Gunnars Küche. Aber die Klinge hatte nicht so scharf ausgesehen wie jetzt.
»Wir haben also zwei Messer«, sagte Friedel. »Und du hast jetzt keines mehr. Das ist irgendwie schade, Gunnar.«
»Ihr seid wahnsinnig«, flüsterte Gunnar.
»Schon, ein bisschen«, sagte Friedel. »Es ist eben nicht ungefährlich, mit dem Prinzip eines Ideals verheiratet zu sein. So hat Nils das doch gesagt … Nils hat übrigens noch mehr gesagt. Nils konnte auf einmal gar nicht genug sagen. Wie lange hast du ihm Geld gegeben dafür, dass er schweigt?«
»Ihr seid wahnsinnig«, flüsterte Gunnar noch einmal.
»Das Grillen auf den Roßwiesen war von Anfang an eine dumme Idee«, sagte Friedel. »Oder? Du bist nichts gewohnt. Schon gar nicht einen ganzen Abend mit Nils und den Freuden von Juliettas Vater und einer unendlichen Menge an Pitu und Limetten. Er meinte, du konntest nicht mehr geradeaus gehen, als du weg bist. Natürlich bist du früher weg als die anderen, du musst schlafen, hast du gesagt, und du musst noch etwas an dieser verdammten Doktorarbeit tun, die du vor der Hochzeit endlich fertig haben willst … Du warst sauer, sie haben das gemerkt, sauer, dass sie feiern und du arbeiten gehst, obwohl du so müde bist … Du tatest ihm leid. Aber niemand tut Nils lange leid. Und er hat dir natürlich Julietta nie gegönnt.«
Gunnar schwieg und versuchte, den Kopf wegzudrehen, wegzusehen.
»Nils dachte, es wäre Zufall, dass du da runter bist, wo sie später die Leiche gefunden haben. Er dachte, umgebracht hätte sie jemand anders. Aber die Info, dass du da warst, hätte dich natürlich in Schwierigkeiten gebracht. Er dachte, du kaufst sein Schweigen deshalb. Na, irgendwann wurde ihm doch mulmig. Ich habe dich ziemlich lange beobachtet, Gunnar. Am besten war die Farce, die du mit Svenja und dem Akkordeon abgezogen hast. Du hast in all diesen Nächten auf dich selbst gewartet, aber du bist natürlich nicht gekommen.«
»Du erzählst lauter Unsinn«, keuchte Gunnar.
»Ich glaube, ich wusste es, als du Svenja zu dir genommen hast«, sagte Friedel. »Es war zu auffällig. Es war zu … nett.«
»Was …?«, begann Svenja, ließ das WAS aber alleine in der Luft stehen. Es war ein sehr kleines und eingeschüchtertes Was, es war eigentlich schon klinisch tot, als es ihren Mund verließ.
Sie begann zu begreifen. Aber sie wollte nicht. Noch nicht.
»Die Erste war ein Unfall, oder?«, fragte Katleen. »Ich glaube das immer noch. Ein Unfall bis zu dem Punkt, wo sie gesagt hat, sie würde sich an dich erinnern, an den, der sie geschlagen hat. Sie hätte alles beenden können. Schade um die schöne Karriere. Also besser ausschalten. Und sie war ja auch nichts wert. Geben und Nehmen. Sie hat nur genommen. Sie hat dich mitgenommen, weißt du das, Gunnar? Auf einen ziemlich langen Weg den Österberg runter.«
»Hört auf mit dem Quatsch«, sagte Gunnar. »Das sind lauter Märchen. Ich war beim Österberg in der
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