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Nashville oder Das Wolfsspiel (German Edition)

Nashville oder Das Wolfsspiel (German Edition)

Titel: Nashville oder Das Wolfsspiel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Michaelis
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wollte
dich
gerade was fragen. Nämlich: Was machst du am Freitag? Bei uns läuft eine Party. Thierry hat Geburtstag. So ab neun?«
    »Die Party ist ab neun?« Svenja lachte. »Prima, dann darf ich ja hin, ich bin achtzehn.«
    Friedel rührte mit dem Löffel in seiner Tasse, merkte, dass kein Kaffee mehr darin war, und legte den Löffel weg. »Du weißt, was ich meine.«
    »Wer kommt denn noch?«, fragte Svenja.
    Er zuckte die Schultern. »Keine Ahnung. Gott und die Welt.«
    »Gott wollte ich immer mal auf ’ner Party treffen«, meinte Svenja. »Wo denn überhaupt?«
    »Ach so«, sagte Friedel. »Du weißt ja nicht, wo wir wohnen. Du bist relativ uninformiert, ist dir das klar, Svenja Wiedekind? Ulrichstraße drei. Du musst über die Bahnschienen, nimmst die Blaue Brücke oder die Unterführung. Dann über die Reutlinger drüber, da sind wir. Das Haus an der Ecke, das sollte man sich merken. Da gehen ’ne Menge Sachen. Ich meine, es gibt noch das echte besetzte Haus, aber das ist inzwischen unecht. Das am Bahnhof. Graffiti von oben bis unten, bloß alles inzwischen organisiert und sehr öffentlich. Die Ulrichstraße drei, die ist noch grau außen, aber privat. Wir machen, was wir wollen.«
    »Wow«, sagte Svenja. »Ich bin beeindruckt.«
    Friedel schien das beinahe ernst zu nehmen, aber in diesem Moment beugte sich jemand von hinten über ihn, stützte die Arme auf die Tischplatte und sagte: »Gibst du mal wieder an mit den Haus? Bruchbude, hör ihn gar nicht auf. Hat er dir eingeladen für Freitag?«
    Über dem Tisch hing das schwarzlockengerahmte Gesicht des Spaniers. »Es heißt ›hör nicht auf ihn‹«, verbesserte Friedel. »Und auf Kater Carlo brauchst du auch nicht zu hören.«
    »Natürlich du brauchst«, sagte der Spanier empört. »Kater Carlo is Boss.«
    Friedel boxte ihn in die Seite, und er nahm Friedel gutmütig in den Schwitzkasten. Sein schwarzes T-Shirt ließ die Oberarme frei, und es war klar, wer von ihnen der Stärkere war. »Bringst du noch Leute mit, wenn du willst«, sagte er zu Svenja. »Feiern wir, dass unser kleine Thierry hat überlebt ein ganze Jahr in dieses Stadt.«
    Dann gab er Friedel frei und streckte sich, wirklich, wie ein Kater. »Ich geh ein Kaffee zu holen«, sagte er. »Fast es ist zwei Uhr. Zeit für Frühstück.«
    Svenja begann, sich unsinnig und leicht zu fühlen, als er verschwand. Vielleicht sollte sie zu dieser Party gehen. Vielleicht war es nötig, eine Pause zu machen mit dem Ordentlichsein und Lernen. Sie war nicht von zu Hause ausgezogen, um ordentlich zu sein und zu lernen, sondern um zu leben. Sie dachte an Nashville.
    »Bring ihn mit«, sagte Friedel.
    »Was?« Svenja schüttelte sich. »Kannst du Gedanken lesen?«
    »Deine schon«, sagte Friedel und grinste. »Du willst den Jungen nicht allein lassen, oder?«
    »Ich kann ihn nicht mitbringen. Er ist ein Kind. Und ich sollte lernen …«
    »Nicht mal deine kleinen adretten Medizinermädchenfreunde lernen am Freitagabend«, sagte Friedel. »Die fahren da nämlich nach Hause, damit Mami die Wäsche waschen kann. Aber schau dich mal an, Svenja. Männerhemd, gelbe Turnschuhe, buntes Zeug in den Haaren … Du passt viel besser zu uns.«
    Svenja seufzte. »Ums Passen geht es nicht. Ich will dieses Studium schaffen. Wirklich. Ich will eine Eintrittskarte dafür, in andere Länder zu gehen und da zu arbeiten. Indien, Südamerika. Begreifst du das?«
    »Schon«, sagte Friedel und sah sie an, auf einmal nachdenklich. Seine Augen waren grün mit braunen Sprenkeln und überhaupt nicht wie die von Nashville. Eine der Rastalocken fiel ihm ins Gesicht. Er versuchte vergeblich, sie wegzupusten.
    »Friedel«, sagte Svenja schließlich. »Warum machst du Medizin?«
    Da wandte er sich ab, und das Trennen ihrer Blicke rief in ihrem Kopf ein Geräusch hervor wie das, wenn man einen Gummisaugnapf von Fliesen trennt.
    »Ich bin auch nicht anders als die Typen in den Polohemden«, sagte Friedel leise. »Mein Vater ist Allgemeinarzt, also werde ich Allgemeinarzt. Es ist die logische Konsequenz. Ich erbe die Praxis. Später.«
    »Ach so?«
    »Ja, ach so«, sagte Friedel, schüttete Zucker in seine leere Tasse und begann, darin zu rühren. Er sah Svenja nicht noch einmal an.
     
    Nashville saß auf dem Küchenfußboden und ordnete seine Bilder, die nichts darstellten.
    Er trug ein zu großes T-Shirt von Svenja und eine Jeans, die sie im Supermarkt gekauft hatte. Oben war sie zu weit, weil er immer noch nicht genug wog. Svenja stand

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