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Nashville oder Das Wolfsspiel (German Edition)

Nashville oder Das Wolfsspiel (German Edition)

Titel: Nashville oder Das Wolfsspiel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Michaelis
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mit Käse, glaube ich, irgendwie scharf. Katleen hat sie mitgebracht.«
    Svenja setzte sich auf. »Moment. Katleen? Katleen Frank aus der Madergasse? Ich fahre mit dem Fahrrad ihrer abhandengekommenen Mitbewohnerin …«
    Friedel grinste. »Die Welt ist klein. Sagte der Neandertaler und fraß den Globus. Katleen studiert mit unserem Kater.«
    Svenja biss nachdenklich in den Pfannkuchen. »Kater Carlo macht Kunst und kennt Katleen. Das ist leicht zu merken.«
    »Svenja …« Er legte ihr eine Hand auf die Stirn. »Hast du Fieber? Ich meine,
hast du dir eben wirklich eine Eselsbrücke ausgedacht, um auswendig zu lernen, wer wen woher kennt

    »Ich fürchte.«
    »Du lernst zu viel. War bei mir auch mal so, vor dem Knochentestat im ersten Semester. Irgendwann bin ich aufgewacht und habe versucht, mir die Uhrzeit auf dem Digitalwecker zu merken. Ich hatte sie gerade auswendig gelernt, da sprang die Minute um, und ich habe mich tierisch geärgert, dass ich mir jetzt alles neu merken muss. Kater Carlo sagt, Ärzte spinnen sowieso.«
    »Kater Carlo … Wieso heißt er so?«, fragte Svenja.
    Friedel zuckte die Achseln. »Er streunt herum wie ein Kater. Macht nachts die Straßen unsicher, kennt jede Kneipe besser als der Wirt. Aber der tut auch nur so cool. In Wahrheit ist er unglücklich verliebt.«
    »Verliebt? In wen?«
    »Mach die Augen auf.« Friedel grinste wieder. »Kommst du mit runter? Ich höre den Caipi rufen: ›Friedel, Friiiiiedel …‹ Er hat Sehnsucht nach mir.«
    In der Küche herrschte ein furchtbares Gedränge. Thierry hockte auf dem Boden und zerschlug mit einem Hammer mehr Eis, das sie in Plastiktüten zu Blöcken gefroren hatten. Für seine zierliche Statur war er erstaunlich gut im Eiszerschlagen. Er bemerkte Svenjas Blick und lächelte.
    »Karl kann das nicht«, sagte er mit einem unwiderstehlichen französischen Akzent. »Er sagt, ihm kommt es vor, als wäre das Eis lebendig. Eigentlich eine ganz interessante Vorstellung.« Er betrachtete kurz den Hammer und holte wieder aus.
    Ein komischer Typ, dachte Svenja.
    Nachdem er mit dem Eis fertig war, steckte er den Hammer in den Gürtel, der seine Jeans auf der Hüfte hielt. Der Gürtel war auch so eine Sache, der Gürtel war mit Metallnoppen besetzt und sah nach Motorradfahrer aus, aber der Rest von Thierry sah nach Model und nach Hautcreme aus, es passte nicht.
    »Auf Thierry«, sagte ein Mädchen mit zu langem rotem Haar und gab Svenja ein Glas. Ihre Fingernägel waren jeder in einer anderen Farbe lackiert, und um den Hals trug sie etwas, das womöglich ein Stück Backstein war. Kunststudentin vermutlich.
    Das Gewühle in der Küche zerstreute sich, im Saal tanzten die Schatten wieder, und Svenja wurde Besitzerin eines zweiten und vielleicht dritten Caipis und sehr leicht. Zu irgendeinem Zeitpunkt saß sie mit Katleen auf einem Balkon voller Cannabispflanzen und sprach über etwas, das sie später vergaß, das in dem Moment aber essenziell erschien.
    Als sie später noch einmal an dem Balkon vorbeikam, stand Kater Carlo dort und sah in den verwilderten Hintergarten hinaus. Svenja stellte sich neben ihn. Sie spürte, dass er sich nach etwas sehnte.
    Nach einer Weile legte er schweigend einen Arm um sie. Dann leerte er sein Glas in die grün bewurzelte Erde.
    »Spät«, sagte er, »Zeit für meine Geburtstagwalzer. Gehen wir zu die anderen.«
    Er stürmte den Saal ähnlich wie beim ersten Mal. Diesmal sprang er auf eine Sessellehne.
    »Walzer!«, schrie er. »Die Geburtstagwalzer! Ist Tradition!«
    »Wo?«, fragte Svenja und ließ sich wieder in einen Sessel sinken. »In Spanien oder in der Ulrichstraße?«
    »In Karls Kopf«, antwortete Friedel neben ihr. Kurz darauf erklangen wirklich die Töne eines Walzers.
    »Himmel«, sagte Svenja. »Das ist
An der schönen blauen Donau

    »Ja«, sagte Friedel. »Filmmusik zu
2001
, Kubrick. Die Szene mit dem Raumschiff, das sich da im All draußen dreht … Was anderes haben wir auf die Schnelle nicht gefunden.«
    Kater Carlo sprang von seiner Sessellehne und pflückte Thierry aus einem ernsthaften Gespräch mit dem rothaarigen Mädchen und ihren Freundinnen.
    »Komm, Geburtstagkind«, sagte er. »Öffnen wir den Tanzfläche!«
    Er fasste Thierry um die schmale Hüfte, seine große Hand lag an dem Noppengürtel, und dann walzten sie tatsächlich hinaus in die Mitte des Raumes, stockbesoffen, zur
Blauen Donau
. Sie konnten Walzer, alle beide, es war eine perfekt abstruse Szene. Alle sahen schweigend zu,

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