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Nasses Grab

Nasses Grab

Titel: Nasses Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Reich
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zurecht, stellte das Zuckerglas und den Aschenbecher in die Mitte des Tischs, rupfte ein paar verwelkte Blättchen von dem Bonsaibäumchen, das auf einem dunkelgrünen Filzdeckchen stand. Schließlich blieb sie am Fenster stehen, um gebannt auf den kleinen, in Dunkelheit gehüllten Platz vor dem Ráj zu starren.
     
    Voller Zweifel las Larissa ihren Artikel durch. Sie hatte die halbe Nacht daran gesessen und keinen Gedanken mehr an einen romantischen Abend mit Robin verschwendet. Dafür würde ein anderes Mal Zeit sein. Magda und Xenia waren mit den Notizen einverstanden gewesen, auch mit den Zitaten. Dennoch, viele Informationen hatte Larissa noch nicht. Särge und eine Mumie waren in der Metro gefunden worden. Es war wohl besser, von einer mumifizierten Leiche zu sprechen. Sie korrigierte die entsprechenden Passagen. Sie hatte eine Beschreibung der Leiche, bei der es sich um eine Frau noch ungewissen Alters handelte, und Informationen über die Vertuschungsversuche des Leiters der Mordparta . Nicht zu vergessen, die Sache mit den Fingernägeln. Sie konnte damit belegen, dass es sich kaum um eine antike Mumie handeln konnte.
    Larissa hatte gleich morgens bei der Mordparta angerufen, doch dort hatte sie außer einem kurzen »Kein Kommentar!« nichts erfahren. Schade zwar, aber auch das konnte man schließlich zitieren, als Beleg für die offensichtlichen Vertuschungsversuche. Trotzdem war das alles ihrer Meinung nach zu wenig für eine wirklich gute Titelgeschichte. Niemand schien zu wissen, wie Särge in einen Lagerraum der Metro gekommen waren und warum man sie dort überhaupt aufbewahrt hatte.
    Der Pressesprecher der Metroverwaltung, den sie danach angerufen hatte, war auch sehr zugeknöpft gewesen. Er könne sich dazu leider nicht äußern, hatte er gesagt. Immerhin hatte ihr seine Sekretärin nach einigem Hin und Her die Durchwahl des Sicherheitschefs der Metro gegeben. Nachdem sie endlos von einer Stelle zur anderen verbunden worden war, hatte sie endlich dessen Stellvertreter in der Leitung gehabt.
    Er war von ihrem Anruf wenig begeistert gewesen. Er dürfe eigentlich gar nicht mit ihr sprechen, hatte er gleich gesagt, sein Chef würde ihn einen Kopf kürzer machen, wenn er es erführe. Schließlich hatte sie ihm versprochen, ihn nicht namentlich zu erwähnen und was er ihr sage nur als Hintergrundinformation zu verwenden. Lang und breit erklärte ihr der Mann dann mit schleppender Stimme, wann und wie welche der drei Metrolinien gebaut worden war.
    Ob es denn Bereiche in der Metro gebe, die nichts mit dem eigentlichen Metrobetrieb zu tun hätten, hatte Larissa ihn schließlich unterbrochen.
    »Eigentlich nicht«, sagte er, »außer natürlich, dass die Metro im Bereich der Altstadt als Atombunker konzipiert wurde.«
    »Als Atombunker?«, wiederholte Larissa verblüfft.
    »Na ja, die Metro wurde Anfang der Siebzigerjahre gebaut, mitten im Kalten Krieg, da machte man sich natürlich Gedanken, wie man im Fall eines Atomschlags die Menschen in Sicherheit bringen könnte. Wissen Sie, der Untergrund in der Altstadt ist sandig, und man kann da nicht einfach unter den alten Häusern buddeln, wenn Sie verstehen, was ich meine. Reguläre Bunker zu bauen, war da nicht möglich, und da hat man eben zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.«
    »Interessant. Und wie funktioniert dieser Bunker?«, hatte Larissa nachgehakt. Das wurde ja immer besser. Erst Särge, jetzt ein Atombunker.
    »Dazu kann ich Ihnen nichts weiter sagen, das ist eine Frage der Sicherheit, eine Geheimsache, wenn Sie verstehen, dafür ist nun wirklich mein Chef verantwortlich, und ich darf eigentlich gar nicht mit der Presse sprechen.«
    »Ich verstehe Sie völlig«, versicherte Larissa schnell. »Haben Sie vielen Dank, und keine Sorge, Sie können sich auf mein Stillschweigen verlassen.«
    Also ein Bunker. Die Metro als Atombunker unter der Altstadt. Aber die Frage nach den Särgen, geschweige denn der Mumie, war damit noch immer nicht beantwortet. Larissa überlegte, wer ihr weiterhelfen könnte. Robin! Natürlich. Sie nahm ihr Handy und wählte seine Nummer.
    »Robin, kannst du reden?«, fragte sie, als er sich nach dem dritten Klingeln meldete.
    »Klar, ich habe heute frei und faulenze im Café. Hast du nicht Lust vorbeizukommen? Ich bin in den Weinbergen in der Krásná Kavárna und sitze in diesem herrlich sonnigen Hinterhof. Ahhh! – Was brauchst du?« Er klang sehr viel ausgeschlafener als bei ihrem letzten Gespräch.
    Larissa berichtete kurz,

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