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Nasses Grab

Nasses Grab

Titel: Nasses Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Reich
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am Nebentisch gesessen und war ohne ihr Zutun zum Lauscher geworden. Sie hatte ihre Notizen in den Laptop getippt, als die beiden Beamten sich mit Magda an den Nebentisch gesetzt und über genau den Fall gesprochen hatten, der auch sie beschäftigte. Was für ein glücklicher Zufall. Sie konnte ihren Artikel schreiben, ohne mit der Pathologin gesprochen zu haben, aber würde diese je noch einmal mit ihr reden, wenn sie das belauschte Gespräch in ihrem Artikel zitierte? Immerhin war es möglich, dass die Ärztin sich an Larissa erinnern würde, wenn sie sie wiedersah. Und Larissa würde sicher noch weitere Informationen brauchen, wenn sie, wie sie vorhatte, an dieser Geschichte dranblieb. Ihr blieb also nichts anderes übrig, als zurückzugehen und mit der Frau zu sprechen. Auch wenn es ihr sehr unangenehm war. Entschlossen machte sie kehrt. Außerdem hatte sie einen Bärenhunger.
    Auf dem Weg dachte sie weiter über diese unglaubliche Geschichte nach. Ein Detail fand sie besonders interessant: Magdalena Axamit hatte gesagt, die Mumie könne nicht antik sein, da sie lackierte Fingernägel habe. Das wusste offenbar selbst dieser Oberst nicht. Ein hübscher kleiner Skandal. Seite eins.
     
    »Entschuldigen Sie bitte«, sagte Larissa, als sie an die Bar trat, hinter der Magda Axamit stand und sich eine Weißweinschorle einschenkte. Auf der polierten Arbeitsfläche stand ein Teller mit einem äußerst appetitlich aussehenden Salat. Verschiedene Salatblätter, Cocktailtomaten, winzige Mozzarellakugeln, Basilikumblättchen und Avocadostücke, alles bestreut mit grünen Kräutern und knusprig gebratenem hauchdünnem Speck. Larissa lief das Wasser im Mund zusammen.
    Magda blickte auf. »Ja? Haben Sie vorhin etwas vergessen?«, fragte sie freundlich und sah zu dem Tisch hinüber, an dem Larissa noch vor zehn Minuten gesessen hatte.
    Wie gut, dass ich zurückgekommen bin, dachte Larissa.
    Die Kellnerin hatte den Tisch inzwischen abgewischt und Larissas Weinglas weggetragen. Die Polizisten waren offenbar auch schon fort, aber an Magdas Tisch saß eine ihr unbekannte Frau und blätterte in einer Zeitschrift.
    »Nein. Das heißt – ja, doch – sozusagen«, stammelte Larissa. »Ich – könnte ich Sie wohl einen Moment sprechen?«
    Die Situation war ihr überaus peinlich. Sie hatte ein Gespräch belauscht, wenngleich unabsichtlich, und nun wusste sie nicht recht, wie sie die Sache retten konnte. Larissa lächelte Magda schüchtern an. Die Ärztin war eine schöne Frau von … schwer zu sagen, dachte Larissa, aber Mitte dreißig musste sie bestimmt sein, auch wenn sie nicht danach aussah. Eine sehr attraktive Frau mit schulterlangen dunklen Locken und eisgrauen Augen, die weit mehr Autorität ausstrahlte, als ihr Alter erwarten ließ. Ein zeitlos klassisches Gesicht und eine nahezu perfekte Figur, dabei aber weit entfernt davon, ein Hungerhaken zu sein – so ganz anders, als man sich eine forensische Pathologin gemeinhin vorstellte. Nichts von einem Doktor Frankenstein an ihr. Larissa lächelte innerlich über das Klischee. Magdalena Axamit strahlte Gelassenheit und Lebensfreude aus. Man konnte sich nur schwer vorstellen, dass sie täglich bis zu den Ellenbogen in irgendwelchen Leichen steckte.
    Magda lächelte. »Natürlich, ich habe sowieso nichts zu tun. Kommen Sie, setzen wir uns ans Fenster.« Sie ging mit ihrem Teller voraus an den Tisch, an dem die andere Frau saß. »Darf ich vorstellen? Xenia Bondyová, und das ist …«
    »Larissa Khek«, beendete Larissa Magdas Satz.
    »Freut mich«, sagte die andere Frau lächelnd und legte die Zeitschrift beiseite.
    »Möchten Sie etwas trinken?«, fragte Magda, während sie sich wieder ans Fenster setzte. »Oder vielleicht etwas essen? Es ist zwar schon recht spät, aber die Küche ist noch nicht geschlossen.«
    »Danke. Ein Wasser, bitte.« Larissa vertagte das Essen auf später. Ihr Magen schnürte sich vor Aufregung zusammen.
    Sie setzte sich und stellte ihre Tasche neben ihrem Stuhl auf den Boden. Magda rief nach der Kellnerin und bestellte ein Mineralwasser. Sie saßen in einer Art kleinem Alkoven mit Blick auf die menschenleere Straße. Draußen an den Tischen saßen wieder ein paar Leute und tranken Wein. Larissa musterte unauffällig die Frau, die Magda Axamit als Xenia Bondy vorgestellt hatte. Das war also die Archäologin, die die Sache mit der Mumie ins Rollen gebracht hatte. Sie mochte in Magdas Alter sein, war aber ein ganz anderer Typ. Sie hatte feuerrotes Haar, das

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