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Nasses Grab

Nasses Grab

Titel: Nasses Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Reich
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eine kriege«, sagte Xenia lächelnd. Larissa hielt ihr die Schachtel hin, und Xenia bediente sich.
    Nachdem Larissa ihnen beiden Feuer gegeben hatte, saßen sie eine Weile schweigend da und hingen ihren Gedanken nach. »Aber seltsam ist es schon, dass ein Mann Sie anruft und behauptet, die Mumie sei Dana Volná«, sagte Xenia schließlich. »Sie ist ja nicht verschwunden, sondern alle wissen, dass sie tot ist. Warum sollte er Sie also anrufen?«
    »Das habe ich mich auch gefragt. Wahrscheinlich hat Anděl recht, und der Typ wollte sich nur wichtig machen. Ein Scherz auf meine Kosten.«
    »Hm. Wahrscheinlich. Aber was hat die Karafiátová Ihnen denn nun erzählt?«
    »Viel! Sie war eine gute Freundin von der Volná. Sie erzählte allerlei Anekdoten über das Kleeblatt – sie waren drei Freundinnen. Zum Glück hatte ich mein Diktiergerät dabei. Da wäre nicht mal eine Stenotypistin mitgekommen. Die Frau spricht wie ein Maschinengewehr. Aber es war schon ganz interessant. Sie erwähnte eine Freundin von Dana Volná, eine Lenka. Die war auch Schauspielerin. Wie hieß sie doch gleich?« Larissa dachte einen Moment nach. »Ist mir entfallen, aber ich glaube, Lída hat ihren Namen erwähnt. Egal, das Beste war«, sie machte eine kleine dramatische Pause, »Dana und diese Lenka hatten vor, in den Westen abzuhauen!«
    »Wow, na, das könnte ja noch ein spannender Artikel werden«, sagte Xenia überrascht. »Die junge Schauspielerin, die auf der Flucht in die Freiheit einem Verkehrsunfall zum Opfer fällt. Reicht zwar nicht für die Titelseite, aber ein Feature wird das allemal. Glückwunsch.«
    »Mal sehen«, sagte Larissa zweifelnd. »Ich muss nachher das Band abhören, wegen des Nachnamens. Die Karafiátová werde ich auf jeden Fall noch einmal anrufen müssen.«
    »Ja, ohne Nachnamen wird es schwer sein; Lenka ist eine häufige Koseform – das könnte eine Magdalena gewesen sein, aber auch eine Helena oder eine Milena.« Sie blickte nachdenklich aus dem Fenster. »Aber ich glaube, ich kann Ihnen helfen«, sagte sie plötzlich. »Ich habe neulich unseren Keller hier unten ausgemistet, und da habe ich ein paar Kisten mit alten Zeitschriften gefunden. Warten Sie, ich habe sie im Büro hinten. Ich wollte mir die kommunistische Boulevardpresse nämlich noch ansehen, bevor ich sie wegwerfe.«
    »Sie arbeiten auch hier? Ich dachte, Sie …«
    »Ja und nein«, Xenia schnitt eine Grimasse. »Ich bin inzwischen nur stille Teilhaberin. Magda und ich haben das Lokal eröffnet, als wir noch keine ›ordentlichen‹ Arbeitsplätze hatten. Irgendwie muss man schließlich sein Geld verdienen. Anfangs hat Magda gekocht, und ich habe bedient – aber nicht lange. Schließlich haben wir Zorka und ihre Tochter eingestellt und uns auf das konzentriert, was wir wirklich können. Magda kocht ausgezeichnet, aber hauptberuflich Köchin zu sein, war nicht ihr Traum, und ich bin auch nicht mit Leib und Seele Kellnerin. Außerdem sind die Arbeitszeiten nicht gerade familienfreundlich.« Sie stand auf und verschwand hinter einem aufwendig geschnitzten Holzparavent, der eine schlichte Holztür neben der Küche verbarg.
    Larissa widmete sich den Resten ihres Bagels und blätterte geistesabwesend in ihren Notizen. Es ist schon seltsam, dachte sie, dass das Ráj nie in der Liste der Restaurantempfehlungen der Prague Post auftauchte. Die Küche war hervorragend, der Service für Prager Verhältnisse ausgezeichnet, und die Atmosphäre war sehr angenehm. Im Sommer standen draußen sogar eine Handvoll Tische in der Sonne. Der Schankraum war in einem dunklen Rot gehalten, die Möbel waren einfach, aber stilvoll, und das Ganze verströmte einen mediterranen Charme, ohne wie eines dieser modischen Landhaus-Restaurants zu wirken. Das Lokal ist wie seine Besitzerinnen, dachte sie. Auf eine schlichte, ruhige Art elegant und ohne jeglichen Schnickschnack.
    »So.« Magda ließ sich auf den Stuhl sinken. »Waffenstillstand. Von Frieden kann ja leider keine Rede sein.« Sie trank einen Schluck Rotwein und lächelte Larissa an.
    »Sagen Sie«, fragte Larissa, »warum steht Ihr wunderbares kleines Lokal nie in der Prague Post ?«
    Magda grinste bereit.
    »O nein. Da kommt es nicht hinein. Nur über meine Leiche! Denken Sie gar nicht erst über einen Artikel nach.«
    »Warum, das wäre doch keine schlechte Reklame?«
    »Genau. Und dann wäre es binnen kürzester Zeit überlaufen von Touristen und Expats. No way, José! Es wissen genug Leute davon. Sie kommen, weil es

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