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Nasses Grab

Nasses Grab

Titel: Nasses Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Reich
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abgehauen, der Oberst hätte sofort seinen Hut beim Geheimdienst nehmen müssen. Er hatte Venca also Malta verschafft. Wenn nun alles glattging, würde der Oberst auch ihm zu einem Platz an der Sonne verhelfen. Und zu seinem Platz an Lenkas Seite. Das war nicht Erpressung, beruhigte er sich, das war ausgleichende Gerechtigkeit.
    Im Badezimmer hörte er das Wasser rauschen. Er hatte ihr gesagt, sie solle sich etwas Wasser ins Gesicht spritzen, nicht ein Bad nehmen, verdammt. Frauen, dachte er. Frauen. Er blickte wieder auf die Leiche zu seinen Füßen.
    Venca würde also ungeschoren davonkommen. Aber was tun, damit er nicht selbst ins Fadenkreuz geriet? Niemand würde ihm glauben, dass er Dana zufällig gefunden hatte, so kurz nachdem sie erschlagen worden war. Denn es konnte noch nicht allzu lange her sein. Das Blut war noch dickflüssig, der Körper noch nicht kalt. Wann hatte Venca ihn angerufen? Er sah auf seine Uhr. Erst vor einer halben Stunde.
    »Ich weiß, was wir tun.« Danas Nachbarin stand hinter ihm und sah auf die Leiche. Sie hatte tatsächlich geduscht. Ihr Haar war nass, und sie hatte es zu einem lockeren Knoten aufgesteckt. Auf ihrem T-Shirt waren große nasse Flecke, unter denen sich ihre Brüste deutlich abzeichneten. Sie trug keinen BH.
    »Warum hast du geduscht?«, fragte er mit heiserer Stimme.
    »Ich musste mich übergeben, und mein Abendessen ist auf meine Sachen geraten. Ich habe mich beeilt.«
    Er sah sie zweifelnd an. Sie wirkte plötzlich selbstbewusst. Und sexy. Sie roch nach Danas Parfüm. Chanel N° 5. Eine Welle der Erregung durchflutete seinen Körper. Großer Gott, woran denkst du da? Er verabscheute sich selbst für seine Gedanken. Es half nichts. Sie schmiegte sich an ihn. Er fühlte ihren Atem an seinem Hals.
    »Hör auf«, flüsterte er.
    »Feigling«, hauchte sie ihm lächelnd ins Gesicht und löste sich von ihm. »Na schön, dann eben erst die Arbeit.«
    Er starrte sie fassungslos an. Was für ein kaltblütiges Flittchen. Es machte ihn mehr an, als er sich eingestehen mochte.
    »Ich habe unter der Dusche über das Problem nachgedacht«, sagte sie in einem ruhigen, geschäftsmäßigen Ton. »Venca und du, ihr habt euch mal über ein Krankenhaus unter der Stadt unterhalten. Auf Danas Party vor ein paar Wochen. Er sagte damals, er müsse sich auch noch um die Leichenhalle kümmern und ob du ihm das nicht abnehmen könntest. Wo ist diese Leichenhalle?«
    Honza erinnerte sich. Dieses Krankenhaus gab es in der Tat, klein zwar, aber komplett ausgestattet, für den Fall eines Atomschlags gegen die Stadt. Es befand sich in der als Atombunker konzipierten Metro unter der Altstadt. Und weil man immer mit Toten rechnen muss, gab es auch eine Leichenhalle, mit Särgen.
    »Darf ich Ihnen noch etwas bringen, Herr Redakteur?«
    Er zuckte zusammen. Der Kellner stand mit einem kleinen Tablett in der Hand neben ihm. Er brauchte einen Moment, um sich wieder in der Gegenwart zurechtzufinden.
    »Danke, Herr Milan, ja … ein … äh …«
    »Vielleicht eine Weinschorle?«
    »Ja, danke, das ist genau das Richtige. Und noch ein großes Wasser, bitte.«
    Er blickte auf den Tisch vor sich. Er war so in Gedanken gewesen, dass er gar nicht bemerkt hatte, wie er seinen Kaffee und das Wasser getrunken hatte. Inzwischen war er nicht mehr allein auf der Terrasse. An einem Tisch auf der anderen Seite der Dachterrasse blickte eine blonde Frau durch eine große schwarze Sonnenbrille über die Dächer Prags. Ein älterer Mann saß ein paar Tische weiter, dahinter zwei Touristen mit großen Fotoapparaten. Der Kellner brachte die Weißweinschorle und das Wasser. Er trank es in einem Zug aus.
    Danas Nachbarin hatte damals wirklich einen verrückten Einfall gehabt. Sie hatte vorgeschlagen, die Tote in die Leichenhalle in der Metro zu bringen und dort zu verstecken.
    »Bist du wahnsinnig?«, hatte er entsetzt gefragt. »In die Metro? Wie stellst du dir das vor? Wir kriegen sie nie da rein, ohne gesehen zu werden! Und dann? Ich sage das ja ungern, aber bei diesem Wetter wird es nicht lange dauern, und sie fängt an zu stinken.«
    Sie erschauerte bei seinen letzten Worten, aber sie fing sich gleich wieder.
    »Ich weiß. Aber ich habe eine Idee. Ich habe kürzlich ein Buch über das alte Ägypten gelesen, da stand drin, wie die alten Ägypter ihre Leichen mumifiziert haben. Das werden wir mit Dana machen, dann stinkt sie nicht. Und wenn sie nicht stinkt und in einem dieser Särge da unten in einer geheimen Leichenhalle in

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