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Nasses Grab

Nasses Grab

Titel: Nasses Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Reich
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zeigt eine eindeutige Übereinstimmung, wenn du die beiden Fotos eingibst. Wer sollte diese Frau sonst sein?«
    »Sie ist nur eine Frau, die mir ähnlich sieht – woher zum Teufel soll ich wissen, wer das ist?«, erwiderte ihre Tochter gereizt. »Das ist nicht Dana!«, fügte sie bestimmt hinzu.
    »Natürlich ist sie das. Aber für wen gibt sie sich aus? Wo ist das Foto gemacht worden?«
    »Cassia schreibt, ich hätte eine Doppelgängerin in Prag.«
    »In Prag? Dana ist in Prag?« Die Stimme der alten Frau zitterte. »O Gott – Milena, wir müssen dorthin. Ich will wissen, was es damit auf sich hat. Und wenn es das Letzte ist, was ich tue!« Sie sah ihre Tochter herausfordernd an. »Wir fliegen nach Prag. Sofort, Milena.«
    Milena Axamit seufzte und verbarg ihr Gesicht in ihren Händen.
    »Was wollte Magda neulich wirklich?« Anna Navrátilová betrachtete ihre Tochter prüfend. Sie kannte diese Geste gut. Milena wusste nicht, was sie tun sollte. Anna wartete.
    »Ach, nichts weiter, nur Hallo sagen.«
    »Erzähl mir keine Märchen, Kind. Also, was wollte sie?«
    Milena gab den Widerstand auf, gegen die Hartnäckigkeit ihrer Mutter hatte sie keine Chance. »Sie hat ein Bild von Dana in einer alten Zeitschrift gefunden, und die Ähnlichkeit fiel ihr auf – sie wollte wissen, ob ich eine Dana Volná gekannt habe.«
    »Und was hast du ihr gesagt?«
    »Was hätte ich sagen sollen?«
    »Nun, da gibt es mehrere Möglichkeiten – je nach Wahrheitsliebe. Du weißt, ich war immer dafür …«
    »Ja, ja, ich weiß. Ich habe ihr gesagt, wer Dana Volná war. Sonst nichts.«
    »Milena, mir gefällt das nicht. Ich bin überzeugt, Dana lebt – und sie ist in Prag. Und du weißt so gut wie ich, dass es nur einen Grund gibt, warum sie dort ist.«
    Milena sah sie entsetzt an. »Nein. Nein. Sie wollte doch nie etwas davon wissen. Sie wollte nichts damit zu tun haben …«
    »Doch, ich glaube, genau das ist der Grund. Du hättest es ihr von Anfang an sagen sollen, Milena.«
    Vielleicht hatte ihre Mutter recht – aber dazu war es jetzt zu spät. Sie hatte nie etwas gesagt. Sie hatte geschwiegen. Nach der Sache damals im Urlaub hatte sie sich zurückgezogen, den Kontakt abgebrochen. Auch Dana hatte sich nicht mehr gemeldet, bis sie eines Tages, nach mehreren Jahren, vor Milenas Tür im Studentenwohnheim gestanden hatte.
    »Ich bin in Schwierigkeiten, Milena, du musst mir helfen.« Sie hatte nicht gefragt oder gebeten, sie hatte gefordert. Wie immer. Im ersten Moment hatte Milena ihr die Tür vor der Nase zuschlagen wollen. Dieses egoistische Miststück, hatte sie gedacht. Sie hat sich nicht verändert. Aber sie war ihre Schwester.
    »Was willst du, Dana?«, hatte sie schließlich ebenso unwillig wie unfreundlich gefragt und die Schwester hereingebeten.
    Dana hatte ihr bei einer Tasse Kaffee von ihren Schwierigkeiten erzählt. Milena hatte ein paar Sachen in ihre Reisetasche gestopft, und dann waren sie in Danas Wohnung gegangen, hatten deren bereits gepackte Sachen abgeholt und waren zusammen mit dem Zug nach Hause zu ihrer Mutter gefahren, nach Franzensbad.
    Dana war acht Wochen geblieben und dann eines Morgens, nachdem endlich alles erledigt war, nach Prag zurückgekehrt. Sie hatten in den Wochen davor kaum miteinander gesprochen. Milena hatte nicht versucht, Dana von ihrem Entschluss abzubringen. Sie hatte nur darauf bestanden, die Mutter einzuweihen. Anders geht es nicht, wir brauchen ihre Hilfe, Dana, hatte Milena gesagt. Entweder wir sagen es Mama, oder ich gehe zur Polizei. Die Drohung war ihr nicht leicht über die Lippen gekommen, aber sie hatte gewirkt. Milena hatte es bis zu diesem Moment nicht glauben wollen. Es war also doch kein Hirngespinst gewesen. Ihr hatte vor ihrer Schwester gegraut.
    Dana war gegangen. War aus ihrer aller Leben verschwunden und hatte nie mehr etwas von sich hören lassen. Milena hatte sich in ihrem neuen Leben eingerichtet und jeden Gedanken an ihre Schwester verdrängt. Nur einmal noch, kurz bevor sie mit ihrem frisch angetrauten kanadischen Ehemann, ihren Kindern und ihrer Mutter 1968 das Land verließ, war Milena zu ihrer Schwester gegangen. Sie wusste bis heute nicht, warum. Sie hatte Dana in deren Wohnung auf der Kleinseite aufgesucht. Dana hatte sie noch nicht einmal hereingebeten, wollte nicht reden.
    »Ich will damit nichts zu tun haben, Milena«, hatte sie gesagt. »Lass mich in Ruhe. Das ist nicht mein Leben. Ich wünsche euch viel Glück in Kanada.« Sie hatte die Tür ohne ein weiteres

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