Nasses Grab
machst. Die wird nicht lange Strohwitwe bleiben – Kind hin oder her.« Neulich habe er Dana bei einem intimen Tête-à-Tête mit einem Mann gesehen, hatte Franta hinzugefügt und hatte vielsagend gepfiffen.
ˇerný hatte innerlich gezittert vor Wut. Sein Blick war auf Honza gefallen, der blass wie eine Wand an einem der Schreibtische gelehnt hatte. Einen Augenblick lang hatten sie sich in die Augen gesehen, dann hatte Honza den Blick abgewandt. Fast wäre Venca diesem Idioten Franta an die Kehle gegangen. Franta hatte zwischen ihnen beiden hin- und hergeblickt und sich gebogen vor Lachen.
Dana hatte ein Kind in Franzensbad. Hatte sie? Oder war das nur ein schlechter Scherz auf seine Kosten gewesen? Franta war das zuzutrauen. An Verehrern in Danas Umkreis war nie ein Mangel gewesen. Hatte sie ihn betrogen? Er wusste es nicht. Aber die Geschichte mit dem Kind musste ein Scherz gewesen sein. Er wusste nichts von einer Schwangerschaft, geschweige denn von einem Kind. Wann hätte sie das auch bekommen sollen? Sie war immer in Prag gewesen. Warum hätte sie ihm davon nicht erzählen sollen? Sie wusste doch, dass er sie heiraten, mit ihr eine Familie gründen wollte. Er hätte sich gefreut. Ein Kind.
Hatte er ihre Schwangerschaft nicht bemerkt? Himmel, er war doch Arzt, es wäre ihm aufgefallen! Aber da war nichts gewesen. Er liebte sie. Auch wenn ständig Gerüchte umliefen, sie habe hier und dort ein Verhältnis. Manchmal war er rasend gewesen vor Eifersucht. Sie hatte ihn immer nur ausgelacht. »Hast du so wenig Selbstvertrauen, Liebling? Befürchtest du, du könntest mich nicht halten? Wie amüsant!«
An jenem Abend hatte er verrückt gespielt. Er hatte nach Beweisen ihrer Schuld suchen wollen, und da stand sie plötzlich vor ihm.
Als er die Tür geöffnet und sie im Türrahmen des Schlafzimmers gesehen hatte, eine schlanke Silhouette in einem schimmernden Abendkleid, das lange dunkle Haar war ihr ins Gesicht gefallen, war sie vor ihm zurückgewichen. Er hatte ihr Vorwürfe gemacht, sie mit seinen Anschuldigungen überfallen, und dann hatte er plötzlich ihren Hals in seinen Händen gehalten. Sie hatte sich gewehrt und geschrien. Er hatte zugedrückt und schließlich seine rechte Hand auf ihren schönen Mund gepresst. Und dann hatte sie ihn gebissen. Ein Schmerz durchzuckte ihn bis in die Hand hinein, die er damals mit einem entsetzten Schrei von ihrem Mund gerissen hatte.
Der Schmerz hatte ihn bis heute nicht verlassen. Phantomschmerz seiner Wahnsinnstat. Sie war gestürzt. Auf diese schreckliche Kommode. Die Bronzestatue, die auf der Kommode gestanden hatte, war heruntergefallen, nur Zentimeter neben Danas Kopf. Dana hatte eine Platzwunde gehabt, sicher auch eine Gehirnerschütterung. Sie war bewusstlos gewesen. Aber nicht tot. Nein, nicht tot . Er wusste das. Oder hatte die Statue sie doch getroffen, und er hatte es nicht bemerkt? Hatte er in geistiger Umnachtung zugeschlagen? Hatte er sie getötet und es verdrängt? Du spinnst, Mann. Sie war nicht tot.
Er starrte auf seine Hände. Seine Rechte hielt den kleinen Plastikbeutel, den er aus dem Schreibtisch von Magdalena Axamit genommen hatte. Er steckte den Beutel in seine Jackentasche. Seine Hände zitterten noch immer. Ein schneidender Schmerz pochte in seinem rechten kleinen Finger, weitete sich aus, griff auf seine Brust über, schnürte ihm die Kehle zu.
Er dachte an den Tag, als eine tschechische Kollegin im Krankenhaus in La Valletta ihm von Dana Volnás Tod erzählt hatte. Die Schauspielerin sei im Urlaub bei einem Unfall ums Leben gekommen, ihre Tochter habe im Internat davon gehört. Tragisch, nicht wahr? Er hatte nur genickt, benommen von dieser schrecklichen Nachricht. Aber er war auch erleichtert gewesen damals. Er hatte sie nicht ernsthaft verletzt an jenem Abend in ihrer Wohnung, sie war in den ersehnten »Urlaub« gefahren. In den Tod.
ˇerný stand auf, nahm seine alte Aktentasche und verließ sein Büro. Wohin sollte er gehen? Was sollte er tun? Er fühlte Panik in sich aufsteigen. Zum Flughafen fahren und den erstbesten Flieger ins Ausland nehmen? Weg? Wie damals?
Auf der Straße blieb er stehen. Du verdammter Esel! Nichts hat dich eingeholt. Er atmete tief durch. Niemand weiß, dass du in jener Nacht dort warst. Niemand hat dich gesehen. Denn sonst hättest du längst Besuch von der Polizei gehabt. Niemand außer Honza. Honza, der geholfen hatte. Honza, der … Aber warum sollte Honza ihn hinhängen? Er hatte allen Grund, weiter zu
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