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Natalia, ein Mädchen aus der Taiga

Natalia, ein Mädchen aus der Taiga

Titel: Natalia, ein Mädchen aus der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gehört …«
    »Hast du tatarisches Ungeheuer Idiot zu mir gesagt oder nicht?« brüllte Petrow zurück, und Jefim lachte schrill.
    Der echte Idiot hüpfte an der Tür hin und her, als sei er ein dressierter Affe. Als Nikolai aus dem Zimmer gehen wollte, einer dunklen Ahnung folgend, sein Auto sei bereits gestohlen worden, gab Jefim ihm einen so kräftigen Stoß, daß Nikolai ins Zimmer zurückstolperte und ihn verblüfft anstarrte.
    »Und was ist der da?« fragte Kassugai erregt.
    »Er ist ein Idiot, und er weiß es auch! Ich aber bin der Dorfsowjet, und mit mir beleidigt ihr den ganzen Staat und die Partei! Ihr seid bis auf weiteres festgesetzt!«
    »Was sind wir?« fragte Kassugai ungläubig.
    »Ihr kommt ins Gefängnis!« schrie Petrow. »Ich werde einen Boten nach Batkit schicken und nachfragen, was ihr ausgefressen habt! Und in Batkit wird man sich nach euch in der großen Stadt Mutorej erkundigen! Hier ist zwar das Ende der Welt, aber es bläst ein rauher Wind hier! Merkt euch das, Halunken!«
    »Wir kommen ja aus Mutorej!« sagte Kassugai ungeduldig.
    »Aha! Aha! Ein Teilgeständnis! Was habt ihr verbrochen, ihr Schiefmäuler? Gesteht!«
    »Wir suchen ein Mädchen …« Kassugai starrte auf die schwere Armeepistole … Der Lauf zeigte genau auf seinen Magen. Auch wenn der Kerl ihm gegenüber so gräßlich schielte, daß sein Anblick einem die Tränen in die Augen trieb – mit einer Waffe kann er umgehen! Das sah man.
    Petrow blickte zu Jefim hinüber – das heißt, zu erkennen war das nicht. »Du hörst es! Sie gestehen es! Es sind Lustmörder …«
    Jefim lachte und tanzte, aber in diesem Augenblick wirkte er gar nicht blöde, denn seine Augen waren kalt dabei. »Weiße Beinchen, weiße Brüstchen, und dazwischen … hihihi …«, sang er und klatschte dabei in die Hände. »Schieß ihnen die Köpfe weg, Bruder …«
    »Man muß es anders machen«, sagte Kassugai leise zu seinem Begleiter. »Wenn ich ihn habe, wirf dich hinter mich! Es geht nicht anders …«
    Dann packte er Jefim, genau in dem Augenblick, als der an ihm vorbeihüpfte. Er riß ihn an sich und hielt ihn wie einen Schild vor sich. Gleichzeitig ließ sich Nikolai fallen. Jefim schrie auf, schlug um sich, wollte treten, aber Kassugai hatte Kräfte wie ein Bulle.
    Er preßte die Hände um den Hals des Narren und drückte zu. Noch ein paarmal zuckte der Arme, dann verlor er das Bewußtsein und hing schlaff in Kassugais Händen. Petrow hatte hinter seinem Schreibtisch Deckung genommen und zielte mit seiner Waffe über die Tischplatte. Aber es war nichts zu machen, immer hatte er Jefim vor dem Lauf, denn Kassugai hielt den schlaffen Körper fest.
    »Können wir jetzt vernünftig miteinander reden?« rief er Petrow zu. »Ich bin Rostislaw Alimowitsch Kassugai und Vorsitzender der ›Sowchose Oktoberrevolution‹.«
    »Haha!« brüllte Petrow und zielte erneut. »Lügen kann er wie ein Ehemann, der die Freundinnen seiner Frau beschläft! Laß Jefim los, Halunke! Ich erschieße euch alle drei … Auf Jefim kommt es gar nicht an …«
    »Wir sind seit Wochen unterwegs, kreuz und quer durch die Taiga. Begreifen Sie das doch endlich, Genosse!«
    »Das klingt schon höflicher!« Petrow tauchte hinter seinem Schreibtisch auf, und Kassugai atmete hörbar auf. »Seit Wochen, sagen Sie? Warum? Hatten Sie sich verirrt?«
    »Wir suchen ein Mädchen, das geflüchtet ist.« Kassugai ließ den ohnmächtigen Jefim auf den Dielenboden fallen. Die unmittelbare Gefahr war vorbei, das sah er. Petrow hörte jetzt zu, der Dampfkessel stand nicht mehr unter Hochdruck. »Mittelgroß, ein schmales Gesicht, lange braune Haare. Natalia Nikolajewna Miranski heißt sie.«
    »Unbekannt«, sagte Petrow und blickte Kassugai lauernd an. »Was ist mit dieser Natalia?«
    »Man sucht sie wegen Mordes.«
    »Oha! Ein so schönes Mädchen?«
    »Woher wissen Sie, daß sie schön ist? Sie war also hier?«
    »Genosse Rostislaw, Sie haben das Mädchen eben geschildert, und Ihre Augen leuchteten dabei! Also ist sie schön! Wir Menschen in der Taiga erkennen jeden Blick! Uns belügt kein Auge!« Petrow stützte sich auf den Lauf seiner Pistole. Sein Finger blieb am Abzug.
    »Wen hat sie denn ermordet?«
    »Ihren Liebhaber.«
    »Hoho! War er zu faul oder zu fleißig?«
    Kassugai überhörte die Frage. Zu seinen Füßen bewegte sich Jefim. Er stöhnte leise und rieb sich, noch halb ohnmächtig, den Hals.
    »Sie können sich tausend Rubel verdienen, Jakow Michailowitsch«, sagte

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