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Nathalie küsst

Nathalie küsst

Titel: Nathalie küsst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foenkinos
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angelangt.
    Und bald kam der Zeitpunkt, an dem es einen neuen Abreißkalender gab.
    Dass Nathalie wieder zu arbeiten begonnen hatte, lag einige Monate zurück. Das Maß, in dem sie sich verausgabt hatte, hielten manche für übertrieben. Die Zeit schien wieder ihren gewohnten Lauf zu nehmen. Alles fing von vorne an: die routinemäßigen Besprechungen und die absurde Angewohnheit, die Akten durchzunummerieren wie eine Abfolge von Einheiten ohne irgendwelche Bedeutung. Und der Gipfel der Absurdität: Die Akten werden uns überdauern. Genau dieser Gedanke ging ihr beim Archivieren der Unterlagen durch den Kopf. Dass all der Papierkram uns in vielerlei Hinsicht überlegen war, er erlag keinen Krankheiten, alterte nicht und wurde in keine Unfälle verwickelt. Eine Akte, die beim Sonntagslauf überfahren wurde, gab es nicht.

 
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    Weitere Definitionen von «empfindsam» und «empfindlich», im
Larousse
steht nämlich noch viel mehr
    empfindsam :
    1. zart, behutsam, einfühlsam, taktvoll:
ein e. Mensch
    2. sensibel, zartbesaitet:
in dieser Angelegenheit ist sie sehr e.
    empfindlich [mhd. enphintlich, ahd. inphintlich]:
     
    1. anfällig, schwächlich:
sie ist e. gegen Hitze; das Kind ist sehr e.
    2. spürbar, einschneidend, schmerzlich:
-e Verluste; seine Bemerkung hat sie e. getroffen
    3. gekränkt; leicht beleidigt, reizbar:
e. reagieren

 
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    Seitdem Nathalie wieder da war, hatte Charles gute Laune. Es kam sogar vor, dass er an seinen Schwedisch-Lektionen Spaß hatte. Zwischen ihnen war etwas entstanden, so etwas wie Vertrauen und gegenseitiger Respekt. Nathalie schätzte sich glücklich, den Weisungen eines Mannes zu unterstehen, der ihr so wohlgesinnt war. Doch sie durchschaute seine Absichten, merkte schon, dass er an ihr Gefallen fand. Sie ließ seine mehr oder minder diskreten Andeutungen geschehen. Er hatte nie Gelegenheit, es allzu weit zu treiben, denn sie wahrte eine Distanz, die für ihn unüberwindlich war. Ging nicht ein auf seine Spielchen, aus dem einfachen Grund, weil sie gar nicht fähig war zu spielen. Es ging über ihre Kräfte. Ihre Reserven sparte sie sich für die Arbeit auf. Schon manches Mal hatte er versucht, sie zum Essen einzuladen, vergebliche Mühen, die sie mit einem Schweigen abgewimmelt hatte. Sie fühlte sich schlichtweg nicht in der Lage auszugehen. Am allerwenigsten mit einem Mann. Ihr kam das selbstlächerlich vor, denn wenn sie es schon über sich brachte, den Tag durchzustehen und sich mit Akten ohne Belang zu befassen, warum gönnte sie sich nicht auch Erholungspausen? Sicherlich hing das mit ihrer Vorstellung von Vergnügung zusammen. Sie hatte das Gefühl, kein Recht auf eine wie auch immer geartete Leichtigkeit zu haben. Das war eben so. Sie besaß kein Recht. Und sie zweifelte sogar, ob sie es je wieder besitzen würde.
    An diesem Abend galt eine Ausnahme. Sie hatte sich endlich erweichen lassen, und Charles führte sie zum Abendessen aus. Er hatte einen nicht auszustechenden Trumpf gezogen: Ihre Beförderung musste gefeiert werden. Genau, ihr war nämlich eine hübsche Gehaltsaufbesserung zuteilgeworden, und sie sollte von nun an ein sechsköpfiges Team leiten. Obwohl ihre Kompetenzen diese Maßnahmen vollauf rechtfertigten, fragte sie sich doch, ob ihr beruflicher Aufstieg vielleicht aufgrund des Mitleids, das sie erregte, zustande gekommen war. Sie hatte diese Beförderung zunächst ablehnen wollen, aber dann wurde es ihr zu kompliziert, so ein Angebot auszuschlagen. Als sie in der Folge bemerkte, mit welchem Eifer Charles dieses Abendessen arrangierte, überlegte sie, ob er ihre Karriere nur vorangetrieben hatte, um dieses Essen mit ihr zu erreichen. Es war ja alles möglich, doch es lohnte sich nicht, alles ergründen zu wollen. Sie dachte sich bloß, dass er recht hatte, dass es sicherlich ein guter Anlass war, sich einen kleinen Ruck zu geben und auszugehen. Vielleicht würde sie gar ihre nächtliche Unbeschwertheit wiedererlangen.

 
27
    Für Charles war dieses Essen etwas ganz Besonderes. Ihm war klar, es würde die Weichen stellen. Die Besorgnis, die ihn bei seinen Vorbereitungen auf das Ereignis erfüllt hatte, war die gleiche wie bei seinem ersten jugendlichen Rendezvous. Letztlich hatte er da gar nicht so außergewöhnliche Gefühle gehabt. Beim Gedanken an das Essen mit Nathalie konnte er sich geradezu in die Vorstellung hineinsteigern, dass er zum ersten Mal mit einer Frau essen ging. Es war, als habe Nathalie die seltsame Gabe, all seine

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