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Nathan der Weise

Nathan der Weise

Titel: Nathan der Weise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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beider nicht zu sein. Am Ganges,

    Am Ganges nur gibt’s Menschen. Hier seid Ihr

    Der einzige, der noch so würdig wäre,

    Daß er am Ganges lebte. - Wollt Ihr mit? -

    Laßt ihm mit eins den Plunder ganz im Stiche,

    Um den es ihm zu tun. Er bringt Euch nach

    Und nach doch drum. So wär’ die Plackerei

    Auf einmal aus. Ich schaff Euch einen Delk.
    Kommt!
    kommt!
    NATHAN.
    Ich dächte zwar, das blieb’ uns ja

    Noch immer übrig. Doch, Al-Hafi, will

    Ich’s überlegen. Warte …
    AL-HAFI. Überlegen?

    Nein, so was überlegt sich nicht.
    NATHAN. Nur
    bis

    Ich von dem Sultan wiederkomme; bis

    Ich Abschied erst …
    AL-HAFI.
    Wer überlegt, der sucht

    Bewegungsgründe, nicht zu dürfen. Wer

    Sich Knall und Fall, ihm selbst zu leben, nicht

    Entschließen kann, der lebet andrer Sklav’

    Auf immer. - Wie Ihr wollt! - Lebt wohl! wie’s Euch

    Wohl dünkt. - Mein Weg liegt dort; und Eurer da.
    NATHAN.
    Al-Hafi! Du wirst selbst doch erst das Deine
    Berichtigen?
    AL-HAFI.
    Ach Possen! Der Bestand

    Von meiner Kass’ ist nicht des Zählens wert;

    Und meine Rechnung bürgt - Ihr oder Sittah.
    Lebt
    wohl!
    (Ab.)
    NATHAN. (ihm
    nachsehend)

    Die bürg ich! - Wilder, guter, edler -

    Wie nenn ich ihn? - Der wahre Bettler ist

    Doch einzig und allein der wahre König!

    (Von einer andern Seite ab.)

    DRITTER
    AUFZUG

    43

    ERSTER
    AUFTRITT

    (Szene: in Nathans Hause.)

    Recha
    und
    Daja.

    RECHA.
    Wie, Daja, drückte sich mein Vater aus?

    »Ich dürf’ ihn jeden Augenblick erwarten?«

    Das klingt - nicht wahr? - als ob er noch so bald

    Erscheinen werde. - Wieviel Augenblicke

    Sind aber schon vorbei! - Ah nun: wer denkt

    An die verflossenen? - Ich will allein

    In jedem nächsten Augenblicke leben.

    Er wird doch einmal kommen, der ihn bringt.
    DAJA.
    O der verwünschten Botschaft von dem Sultan!

    Denn Nathan hätte sicher ohne sie

    Ihn gleich mit hergebracht.
    RECHA.
    Und wenn er nun

    Gekommen, dieser Augenblick; wenn denn

    Nun meiner Wünsche wärmster, innigster

    Erfüllet ist: was dann? - was dann?
    DAJA. Was
    dann?

    Dann hoff ich, daß auch meiner Wünsche wärmster

    Soll in Erfüllung gehen.
    RECHA.
    Was wird dann

    In meiner Brust an dessen Stelle treten,

    Die schon verlernt, ohn’ einen herrschenden

    Wunsch aller Wünsche sich zu dehnen? - Nichts?

    Ah, ich erschrecke! …
    DAJA.
    Mein, mein Wunsch wird dann

    An des erfüllten Stelle treten; meiner.

    Mein Wunsch, dich in Europa, dich in Händen

    Zu wissen, welche deiner würdig sind.
    RECHA.
    Du irrst. - Was diesen Wunsch zu deinem macht,

    Das nämliche verhindert, daß er meiner

    Je werden kann. Dich zieht dein Vaterland:

    Und meines, meines sollte mich nicht halten?

    Ein Bild der Deinen, das in deiner Seele

    Noch nicht verloschen, sollte mehr vermögen,

    Als die ich sehn, und greifen kann, und hören,
    Die
    Meinen?
    DAJA.
    Sperre dich, soviel du willst!

    Des Himmels Wege sind des Himmels Wege.

    Und wenn es nun dein Retter selber wäre,

    Durch den sein Gott, für den er kämpft, dich in

    Das Land, dich zu dem Volke führen wollte,

    Für welche du geboren wurdest?

    44
    RECHA. Daja!

    Was sprichst du da nun wieder, liebe Daja!

    Du hast doch wahrlich deine sonderbaren

    Begriffe! »Sein, sein Gott! für den er kämpft!«

    Wem eignet Gott? was ist das für ein Gott,

    Der einem Menschen eignet? der für sich

    Muß kämpfen lassen? - Und wie weiß

    Man denn, für welchen Erdkloß man geboren,

    Wenn man’s für den nicht ist, auf welchem man

    Geboren? - Wenn mein Vater dich so hörte! -

    Was tat er dir, mir immer nur mein Glück

    So weit von ihm als möglich vorzuspiegeln?

    Was tat er dir, den Samen der Vernunft,

    Den er so rein in meine Seele streute,

    Mit deines Landes Unkraut oder Blumen

    So gern zu mischen? - Liebe, liebe Daja,

    Er will nun deine bunten Blumen nicht

    Auf meinem Boden! - Und ich muß dir sagen,

    Ich selber fühle meinen Boden, wenn

    Sie noch so schön ihn kleiden, so entkräftet,

    So ausgezehrt durch deine Blume; fühle

    In ihrem Dufte, sauersüßem Dufte,

    Mich so betäubt, so schwindelnd! - Dein Gehirn

    Ist dessen mehr gewohnt. Ich tadle drum

    Die stärkern Nerven nicht, die ihn vertragen.

    Nur schlägt er mir nicht zu; und schon dein Engel,

    Wie wenig fehlte, daß er mich zur Närrin

    Gemacht? - Noch schäm ich mich vor meinem Vater
    Der
    Posse!
    DAJA.
    Posse! - Als ob der Verstand

    Nur hier zu Hause wäre! Posse! Posse!

    Wenn ich nur reden dürfte!
    RECHA.
    Darfst du nicht?

    Wenn

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