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Nathan der Weise

Nathan der Weise

Titel: Nathan der Weise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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war ich nicht ganz Ohr, sooft es dir

    Gefiel, von deinen Glaubenshelden mich

    Zu unterhalten? Hab ich ihren Taten

    Nicht stets Bewunderung; und ihren Leiden

    Nicht immer Tränen gern gezollt? Ihr Glaube

    Schien freilich mir das Heldenmäßigste

    An ihnen nie. Doch so viel tröstender

    War mir die Lehre, daß Ergebenheit

    In Gott von unserm Wähnen über Gott

    So ganz und gar nicht abhängt. - Liebe Daja,

    Das hat mein Vater uns so oft gesagt;

    Darüber hast du selbst mit ihm so oft

    Dich einverstanden: warum untergräbst

    Du denn allein, was du mit ihm zugleich

    Gebauet? - Liebe Daja, das ist kein

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    Gespräch, womit wir unserm Freund’ am besten

    Entgegensehn. Für mich zwar, ja! Denn mir,

    Mir liegt daran unendlich, ob auch er …

    Horch, Daja! - Kommt es nicht an unsre Türe?

    Wenn Er es wäre! horch!

    ZWEITER
    AUFTRITT

    Recha. Daja und der Tempelherr, dem jemand von außen die Türe öffnet, mit den Worten: Nur hier herein!

    RECHA.
    (fährt zusammen, faßt sich und will ihm zu Füßen fallen) Er ist’s! - Mein Retter, ah!
    TEMPELHERR.
    Dies zu vermeiden

    Erschien ich bloß so spät: und doch -
    RECHA. Ich
    will

    Ja zu den Füßen dieses stolzen Mannes

    Nur Gott noch einmal danken; nicht dem Manne.

    Der Mann will keinen Dank; will ihn so wenig

    Als ihn der Wassereimer will, der bei

    Dem Löschen so geschäftig sich erwiesen.

    Der ließ sich füllen, ließ sich leeren, mir

    Nichts, dir nichts: also auch der Mann. Auch der

    Ward nur so in die Glut hineingestoßen;

    Da fiel ich ungefähr ihm in den Arm;

    Da blieb ich ungefähr, so wie ein Funken

    Auf seinem Mantel, ihm in seinen Armen;

    Bis wiederum, ich weiß nicht was, uns beide

    Herausschmiß aus der Glut. - Was gibt es da

    Zu danken? - In Europa treibt der Wein

    Zu noch weit andern Taten. - Tempelherren,

    Die müssen einmal nun so handeln; müssen

    Wie etwas besser zugelernte Hunde,
    Sowohl
    aus
    Feuer,
    als aus Wasser holen.
    TEMPELHERR.
    (der sie mit Erstaunen und Unruhe die Zeit über betrachtet) O Daja, Daja! Wenn in Augenblicken

    Des Kummers und der Galle, meine Laune

    Dich übel anließ, warum jede Torheit,

    Die meiner Zung’ entfuhr, ihr hinterbringen?

    Das hieß sich zu empfindlich rächen, Daja!

    Doch wenn du nur von nun an besser mich

    Bei ihr vertreten willst.
    DAJA.
    Ich denke, Ritter,

    Ich denke nicht, daß diese kleinen Stacheln,

    Ihr an das Herz geworfen, Euch da sehr
    Geschadet
    haben.

    46
    RECHA.
    Wie? Ihr hattet Kummer?

    Und wart mit Euerm Kummer geiziger

    Als Euerm Leben?
    TEMPELHERR.
    Gutes, holdes Kind! -

    Wie ist doch meine Seele zwischen Auge

    Und Ohr geteilt! - Das war das Mädchen nicht,

    Nein, nein, das war es nicht, das aus dem Feuer

    Ich holte. - Denn wer hätte die gekannt,

    Und aus dem Feuer nicht geholt? Wer hätte

    Auf mich gewartet? - Zwar - verstellt - der Schreck.

    (Pause, unter der er, in Anschauung ihrer, sich wie verliert.) RECHA.
    Ich aber find Euch noch den nämlichen. -

    (Dergleichen; bis sie fortfährt, um ihn in seinem An-
    staunen
    zu
    unterbrechen.)

    Nun, Ritter, sagt uns doch, wo Ihr so lange

    Gewesen? - Fast dürft’ ich auch fragen: wo
    Ihr
    itzo
    seid?
    TEMPELHERR.
    Ich bin, - wo ich vielleicht

    Nicht sollte sein. -
    RECHA.
    Wo Ihr gewesen? - Auch

    Wo Ihr vielleicht nicht solltet sein gewesen?

    Das ist nicht gut.
    TEMPELHERR.
    Auf - auf - wie heißt der Berg?
    Auf
    Sinai.
    RECHA.
    Auf Sinai? - Ah schön!

    Nun kann ich zuverlässig doch einmal

    Erfahren, ob es wahr …
    TEMPELHERR.
    Was? was? Ob’s wahr,

    Daß noch daselbst der Ort zu sehn, wo Moses

    Vor Gott gestanden, als …
    RECHA.
    Nun das wohl nicht.

    Denn wo er stand, stand er vor Gott. Und davon

    Ist mir zur Gnüge schon bekannt. - Ob’s wahr,

    Möcht’ ich nur gern von Euch erfahren, daß -

    Daß es bei weitem nicht so mühsam sei,

    Auf diesen Berg hinaufzusteigen, als

    Herab? - Denn seht; soviel ich Berge noch

    Gestiegen bin, war’s just das Gegenteil. -

    Nun, Ritter? - Was? - Ihr kehrt Euch von mir ab?

    Wollt mich nicht sehn?
    TEMPELHERR.
    Weil ich Euch hören will.
    RECHA.
    Weil Ihr mich nicht wollt merken lassen, daß

    Ihr meiner Einfalt lächelt; daß Ihr lächelt,

    Wie ich Euch doch so gar nichts Wichtigers

    Von diesem heiligen Berg’ aller Berge

    Zu fragen weiß? Nicht wahr?
    TEMPELHERR. So
    muß

    Ich doch Euch wieder in die Augen sehn. -

    47

    Was? Nun schlagt Ihr sie nieder? nun verbeißt

    Das Lächeln Ihr? wie ich noch erst in Mienen

    In zweifelhaften

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