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Nathan der Weise

Nathan der Weise

Titel: Nathan der Weise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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Gemeine

    Verkennt man selten.
    TEMPELHERR. Und
    das
    Seltene

    Vergißt man schwerlich. - Nathan, ja;

    Wir müssen, müssen Freunde werden.
    NATHAN. Sind

    Es schon. - Wie wird sich meine Recha freuen! -

    Und ah! welch eine heitre Ferne schließt

    Sich meinen Blicken auf! - Kennt sie nur erst.
    TEMPELHERR.
    Ich brenne vor Verlangen. - Wer stürzt dort

    Aus Euerm Hause? Ist’s nicht ihre Daja?
    NATHAN.
    Jawohl. So ängstlich?
    TEMPELHERR.
    Unsrer Recha ist
    Doch
    nichts
    begegnet?

    SECHSTER
    AUFTRITT

    Die Vorigen und Daja eilig.

    DAJA. Nathan!
    Nathan!
    NATHAN. Nun?
    DAJA.
    Verzeihet, edler Ritter, daß ich Euch
    Muß
    unterbrechen.
    NATHAN.
    Nun, was ist’s?
    TEMPELHERR. Was
    ist’s?
    DAJA.
    Der Sultan hat geschickt. Der Sultan will

    Euch sprechen. Gott, der Sultan!
    NATHAN. Mich?
    der
    Sultan?

    Er wird begierig sein, zu sehen, was

    Ich Neues mitgebracht. Sag nur, es sei

    Noch wenig oder gar nichts ausgepackt.
    DAJA.
    Nein, nein; er will nichts sehen; will Euch sprechen, Euch in Person, und bald; sobald Ihr könnt.
    NATHAN.
    Ich werde kommen. - Geh nur wieder, geht!
    DAJA.
    Nehmt ja nicht übel auf, gestrenger Ritter -

    Gott, wir sind so bekümmert, was der Sultan
    Doch
    will.
    NATHAN.
    Das wird sich zeigen. Geh nur, geh!

    38
    SIEBENTER
    AUFTRITT

    Nathan und der Tempelherr.

    TEMPELHERR.
    So kennt Ihr ihn noch nicht? - ich meine, von
    Person.
    NATHAN.
    Den Saladin? Noch nicht. Ich habe

    Ihn nicht vermieden, nicht gesucht zu kennen.

    Der allgemeine Ruf sprach viel zu gut

    Von ihm, daß ich nicht lieber glauben wollte,

    Als sehn. Doch nun, - wenn anders dem so ist, -

    Hat er durch Sparung Eures Lebens …
    TEMPELHERR. Ja;

    Dem allerdings ist so. Das Leben, das
    Ich
    leb,
    ist
    sein Geschenk.
    NATHAN.
    Durch das er mir

    Ein doppelt, dreifach Leben schenkte. Dies

    Hat alles zwischen uns verändert; hat

    Mit eins ein Seil mir umgeworfen, das

    Mich seinem Dienst auf ewig fesselt. Kaum,

    Und kaum, kann ich es nun erwarten, was

    Er mir zuerst befehlen wird. Ich bin

    Bereit zu allem; bin bereit ihm zu

    Gestehn, daß ich es Euertwegen bin.
    TEMPELHERR.
    Noch hab ich selber ihm nicht danken können:

    Sooft ich auch ihm in den Weg getreten.

    Der Eindruck, den ich auf ihn machte, kam

    So schnell, als schnell er wiederum verschwunden.

    Wer weiß, ob er sich meiner gar erinnert.

    Und dennoch muß er, einmal wenigstens

    Sich meiner noch erinnern, um mein Schicksal

    Ganz zu entscheiden. Nicht genug, daß ich

    Auf sein Geheiß noch bin, mit seinem Willen

    Noch leb: ich muß nun auch von ihm erwarten,

    Nach wessen Willen ich zu leben habe.
    NATHAN.
    Nicht anders; um so mehr will ich nicht säumen. -

    Es fällt vielleicht ein Wort, das mir, auf Euch

    Zu kommen, Anlaß gibt. - Erlaubt, verzeiht -

    Ich eile - Wenn, wenn aber sehn wir Euch
    Bei
    uns?
    TEMPELHERR.
    Sobald ich darf.
    NATHAN. Sobald
    Ihr
    wollt.
    TEMPELHERR. Noch
    heut.
    NATHAN.
    Und Euer Name? - muß ich bitten.
    TEMPELHERR.
    Mein Name war - ist Curd von Stauffen - Curd!
    NATHAN.
    Von Stauffen? - Stauffen? - Stauffen?
    TEMPELHERR. Warum
    fällt

    Euch das so auf?

    39
    NATHAN.
    Von Stauffen? - Des Geschlechts

    Sind wohl noch mehrere …
    TEMPELHERR.
    O ja! hier waren,

    Hier faulen des Geschlechts schon mehrere.

    Mein Oheim selbst, - mein Vater will ich sagen, -

    Doch warum schärft sich Euer Blick auf mich

    Je mehr und mehr?
    NATHAN.
    O nichts! o nichts! Wie kann

    Ich Euch zu sehn ermüden?
    TEMPELHERR. Drum
    verlaß

    Ich Euch zuerst. Der Blick des Forschers fand

    Nicht selten mehr, als er zu finden wünschte.

    Ich fürcht ihn, Nathan. Laßt die Zeit allmählich,

    Und nicht die Neugier, unsre Kundschaft machen.
    (Er
    geht.)
    NATHAN.
    (der ihm mit Erstaunen nachsieht)

    »Der Forscher fand nicht selten mehr, als er

    zu finden wünschte.« - Ist es doch, als ob

    In meiner Seel’ er lese! - Wahrlich ja;

    Das könnt’ auch mir begegnen. - Nicht allein

    Wolfs Wuchs, Wolfs Gang: auch seine Stimme. So,

    Vollkommen so, warf Wolf sogar den Kopf;

    Trug Wolf sogar das Schwert im Arm’; strich Wolf

    Sogar die Augenbraunen mit der Hand,

    Gleichsam das Feuer seines Blicks zu bergen. -

    Wie solche tiefgeprägte Bilder doch

    Zu Zeiten in uns schlafen können, bis

    Ein Wort, ein Laut sie weckt. - Von Stauffen! -

    Ganz recht, ganz recht; Filnek und Stauffen. -

    Ich will das bald genauer wissen; bald.

    Nur erst zum Saladin. - Doch wie? lauscht dort

    Nicht Daja? - Nun so komm nur näher,

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