Nathan der Weise
Daja.
ACHTER
AUFTRITT
Daja.
Nathan.
NATHAN.
Was gilt’s? nun drückt’s euch beiden schon das Herz,
Noch ganz was anders zu erfahren, als
Was Saladin mir will.
DAJA.
Verdenkt Ihr’s ihr?
Ihr
fingt
soeben
an, vertraulicher
Mit ihm zu sprechen: als des Sultans Botschaft
Uns von dem Fenster scheuchte.
NATHAN.
Nun, so sag
Ihr nur, daß sie ihn jeden Augenblick
Erwarten
darf.
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DAJA. Gewiß?
gewiß?
NATHAN. Ich
kann
Mich doch auf dich verlassen, Daja? Sei
Auf deiner Hut; ich bitte dich. Es soll
Dich nicht gereuen. Dein Gewissen selbst
Soll seine Rechnung dabei finden. Nur
Verdirb mir nichts in meinem Plane. Nur
Erzähl und frage mit Bescheidenheit,
Mit
Rückhalt
…
DAJA.
Daß Ihr doch noch erst so was
Erinnern könnt! - Ich geh; geht Ihr nur auch.
Denn seht! ich glaube gar, da kömmt vom Sultan
Ein zweiter Bot’, Al-Hafi, Euer Derwisch. (Geht ab.)
NEUNTER
AUFTRITT
Nathan.
Al-Hafi.
AL-HAFI.
Ha! ha! zu Euch wollt’ ich nun eben wieder.
NATHAN.
Ist’s denn so eilig? Was verlangt er denn
Von
mir?
AL-HAFI. Wer?
NATHAN.
Saladin. - Ich komm, ich komme.
AL-HAFI.
Zu wem? Zum Saladin?
NATHAN. Schickt
Saladin
Dich
nicht?
AL-HAFI.
Mich? nein. Hat er denn schon geschickt?
NATHAN.
Ja freilich hat er.
AL-HAFI.
Nun, so ist es richtig.
NATHAN.
Was? was ist richtig?
AL-HAFI.
Daß … ich bin nicht schuld;
Gott weiß, ich bin nicht schuld. - Was hab ich nicht
Von Euch gesagt, gelogen, um es abzuwenden!
NATHAN.
Was abzuwenden? Was ist richtig?
AL-HAFI. Daß
Nun Ihr sein Defterdar geworden. Ich
Bedaur’ Euch. Doch mit ansehn will ich’s nicht.
Ich geh von Stund an; geh. Ihr habt es schon
Gehört, wohin; und wißt den Weg. - Habt Ihr
Des Wegs was zu bestellen, sagt: ich bin
Zu Diensten. Freilich muß es mehr nicht sein,
Als was ein Nackter mit sich schleppen kann.
Ich geh, sagt bald.
NATHAN.
Besinn dich doch, Al-Hafi.
Besinn dich, daß ich noch von gar nichts weiß.
Was plauderst du denn da?
AL-HAFI.
Ihr bringt sie doch
Gleich mit, die Beutel?
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NATHAN. Beutel?
AL-HAFI. Nun,
das
Geld,
Das Ihr dem Saladin vorschießen sollt.
NATHAN.
Und weiter ist es nichts?
AL-HAFI.
Ich sollt’ es wohl
Mit ansehn, wie er Euch von Tag zu Tag
Aushöhlen wird bis auf die Zehen? Sollt’
Es wohl mit ansehn, daß Verschwendung aus
Der weisen Milde sonst nie leeren Scheuern
So lange borgt, und borgt, und borgt, bis auch
Die armen eingebornen Mäuschen drin
Verhungern? - Bildet Ihr vielleicht Euch ein,
Wer Euers Gelds bedürftig sei, der werde
Doch Euerm Rate wohl auch folgen? - Ja;
Er Rate folgen! Wenn hat Saladin
Sich raten lassen? - Denkt nur, Nathan, was
Mir eben itzt mit ihm begegnet.
NATHAN. Nun?
AL-HAFI.
Da komm ich zu ihm, eben daß er Schach
Gespielt mit seiner Schwester. Sittah spielt
Nicht übel; und das Spiel, das Saladin
Verloren
glaubte,
schon gegeben hatte,
Das stand noch ganz so da. Ich seh Euch hin,
Und sehe, daß das Spiel noch lange nicht
Verloren.
NATHAN.
Ei! das war für dich ein Fund!
AL-HAFI.
Er durfte mit dem König an den Bauer
Nur rücken, auf ihr Schach. - Wenn ich’s Euch gleich
Nur zeigen könnte!
NATHAN.
O ich traue dir!
AL-HAFI.
Denn so bekam der Roche Feld: und sie
War hin. - Das alles will ich ihm nun weisen
Und ruf ihn. - Denkt! …
NATHAN.
Er ist nicht deiner Meinung?
AL-HAFI.
Er hört mich gar nicht an, und wirft verächtlich
Das ganze Spiel in Klumpen.
NATHAN.
Ist das möglich?
AL-HAFI.
Und sagt: er wolle matt nun einmal sein;
Er wolle! Heißt das spielen?
NATHAN. Schwerlich
wohl;
Heißt mit dem Spielen spielen.
AL-HAFI. Gleichwohl
galt
Es keine taube Nuß.
NATHAN.
Geld hin, Geld her!
Das ist das wenigste. Allein dich gar
Nicht anzuhören! über einen Punkt
Von
solcher
Wichtigkeit dich nicht einmal
Zu hören! deinen Adlerblick nicht zu
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Bewundern! das, das schreit um Rache; nicht?
AL-HAFI.
Ach was! Ich sag Euch das nur, damit
Ihr sehen könnt, was für ein Kopf er ist.
Kurz, ich, ich halt’s mit ihm nicht länger aus.
Da lauf ich nun bei allen schmutz’gen Mohren
Herum, und frage, wer ihm borgen will.
Ich, der ich nie für mich gebettelt habe,
Soll nun für andre borgen. Borgen ist
Viel besser nicht als betteln: so wie leihen,
Auf Wucher leihen, nicht viel besser ist,
Als stehlen. Unter meinen Ghebern, an
Dem Ganges, brauch ich beides nicht, und brauche
Das Werkzeug
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