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Nathan der Weise

Nathan der Weise

Titel: Nathan der Weise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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Sultan!
    …
    SALADIN.
    Nun steh ich auch zu deinen Diensten …
    NATHAN. Sultan!
    …
    SALADIN.
    Die Karawan’ ist da. Ich bin so reich

    Nun wieder, als ich lange nicht gewesen. -

    Komm, sag mir, was du brauchst, so recht was Großes

    Zu unternehmen! Denn auch ihr, auch ihr,

    Ihr Handelsleute, könnt des baren Geldes

    Zuviel nie haben!
    NATHAN. Und
    warum
    zuerst

    Von dieser Kleinigkeit? - Ich sehe dort

    Ein Aug’ in Tränen, das zu trocknen, mir

    Weit angelegner ist. (Geht auf Recha zu.)

    Du hast geweint?

    Was fehlt dir? - bist doch meine Tochter noch?
    RECHA.
    Mein Vater! …
    NATHAN.
    Wir verstehen uns. Genug! -

    103

    Sei heiter! Sei gefaßt! Wenn sonst dein Herz

    Nur dein noch ist! Wenn deinem Herzen sonst

    Nur kein Verlust nicht droht! - Dein Vater ist
    Dir
    unverloren!
    RECHA.
    Keiner, keiner sonst!
    TEMPELHERR.
    Sonst keiner? - Nun! so hab ich mich betrogen.

    Was man nicht zu verlieren fürchtet, hat

    Man zu besitzen nie geglaubt, und nie

    Gewünscht. - Recht wohl! recht wohl! - Das ändert, Nathan, Das
    ändert
    alles!
    - Saladin, wir kamen

    Auf dein Geheiß. Allein, ich hatte dich

    Verleitet; itzt bemüh dich nur nicht weiter!
    SALADIN.
    Wie gach nun wieder, junger Mann! - Soll alles

    Dir denn entgegenkommen? Alles dich
    Erraten?
    TEMPELHERR.
    Nun du hörst ja! siehst ja, Sultan!
    SALADIN.
    Ei wahrlich! - Schlimm genug, daß deiner Sache

    Du nicht gewisser warst!
    TEMPELHERR.
    So bin ich’s nun.
    SALADIN.
    Wer so auf irgendeine Wohltat trotzt,

    Nimmt sie zurück. Was du gerettet, ist

    Deswegen nicht dein Eigentum. Sonst wär’

    Der Räuber, den sein Geiz ins Feuer jagt,

    So gut ein Held wie du!

    (Auf Recha zugehend, um sie dem Tempelherrn

    zuzuführen.) Komm, liebes Mädchen,

    Komm! Nimm’s mit ihm nicht so genau. Denn wär’

    Er anders; wär’ er minder warm und stolz:

    Er hätt’ es bleibenlassen, dich zu retten.

    Du mußt ihm eins fürs andre rechnen. - Komm!

    Beschäm ihn! tu, was ihm zu tun geziemte!

    Bekenn ihm deine Liebe! trage dich ihm an!

    Und wenn er dich verschmäht; dir’s je vergißt,

    Wie ungleich mehr in diesem Schritte du

    Für ihn getan, als er für dich … Was hat

    Er denn für dich getan? Ein wenig sich

    Beräuchern lassen! ist was Rechts! - so hat

    Er meines Bruders, meines Assad, nichts!

    So trägt er seine Larve, nicht sein Herz.

    Komm, Liebe …
    SITTAH.
    Geh! geh, Liebe, geh! Es ist

    Für deine Dankbarkeit noch immer wenig;
    Noch
    immer
    nichts.
    NATHAN.
    Halt Saladin! halt Sittah!
    SALADIN. Auch
    du?
    NATHAN.
    Hier hat noch einer mitzusprechen …
    SALADIN.
    Wer leugnet das? - Unstreitig, Nathan, kömmt

    So einem Pflegevater eine Stimme

    104

    Mit zu! Die erste, wenn du willst. - Du hörst,

    Ich weiß der Sache ganze Lage.
    NATHAN.
    Nicht so ganz! -

    Ich rede nicht von mir. Es ist ein andrer;

    Weit, weit ein andrer, den ich, Saladin,

    Doch auch vorher zu hören bitte.
    SALADIN. Wer?
    NATHAN. Ihr
    Bruder!
    SALADIN. Rechas
    Bruder?
    NATHAN. Ja!
    RECHA. Mein
    Bruder?

    So hab ich einen Bruder?
    TEMPELHERR.
    (aus seiner wilden, stummen Zerstreuung auffahrend)

    Wo? wo ist

    Er, dieser Bruder? Noch nicht hier? Ich sollt’

    Ihn hier ja treffen.
    NATHAN. Nur
    Geduld!
    TEMPELHERR.
    (äußerst bitter) Er hat

    Ihr einen Vater aufgebunden: - wird

    Er keinen Bruder für sie finden?
    SALADIN. Das

    Hat noch gefehlt! Christ! ein so niedriger

    Verdacht wär’ über Assads Lippen nicht

    Gekommen. - Gut! fahr nur so fort!
    NATHAN. Verzeih

    Ihm! - Ich verzeih ihm gern. - Wer weiß, was wir

    An seiner Stell’, in seinem Alter dächten!
    (Freundschaftlich
    auf ihn zugehend.)

    Natürlich, Ritter! - Argwohn folgt auf Mißtraun! -

    Wenn Ihr mich Eures wahren Namens gleich
    Gewürdigt
    hättet
    …
    TEMPELHERR. Wie?
    NATHAN.
    Ihr seid kein Stauffen!
    TEMPELHERR.
    Wer bin ich denn?
    NATHAN.
    Heißt Curd von Stauffen nicht!
    TEMPELHERR.
    Wie heiß ich denn?
    NATHAN.
    Heißt Leu von Filnek.
    TEMPELHERR. Wie?
    NATHAN. Ihr
    stutzt?
    TEMPELHERR.
    Mit Recht! Wer sagt das?
    NATHAN. Ich;
    der
    mehr,

    Noch mehr Euch sagen kann. Ich straf indes

    Euch keiner Lüge.
    TEMPELHERR. Nicht?
    NATHAN.
    Kann doch wohl sein,

    Daß jener Nam’ Euch ebenfalls gebührt.
    TEMPELHERR.
    Das sollt’ ich meinen! - (Das hieß Gott ihn sprechen!) NATHAN.
    Denn Eure Mutter - die war eine Stauffin.

    105

    Ihr Bruder, Euer Ohm, der Euch erzogen,

    Dem Eure Eltern Euch in Deutschland ließen,

    Als, von dem rauhen Himmel dort vertrieben,

    Sie wieder hierzulande

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