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Nathan der Weise

Nathan der Weise

Titel: Nathan der Weise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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ihrer Muskeln;

    Wär’, was sie lächeln macht, des Reizes unwert,

    In den es sich auf ihrem Munde kleidet: -

    Nein; selbst ihr Lächeln nicht! Ich hab es ja

    Wohl schöner noch an Aberwitz, an Tand,

    An Höhnerei, an Schmeichler und an Buhler

    Verschwenden sehn! - Hat’s da mich auch bezaubert?

    Hat’s da mir auch den Wunsch entlockt, mein Leben

    In seinem Sonnenscheine zu verflattern? -

    Ich wüßte nicht. Und bin auf den doch launisch,

    Der diesen höhern Wert allein ihr gab?

    Wie das? warum? - Wenn ich den Spott verdiente,

    Mit dem mich Saladin entließ! Schon schlimm
    Genug,
    daß
    Saladin
    es glauben konnte!

    Wie klein ich ihm da scheinen mußte! wie

    Verächtlich! - Und das alles um ein Mädchen? -

    Curd! Curd! das geht so nicht. Lenk ein! Wenn vollends Mir Daja nur was vorgeplaudert hätte,

    Was schwerlich zu erweisen stünde? - Sieh,

    Da tritt er endlich, im Gespräch vertieft,

    Aus seinem Hause! - Ha! mit wem! - Mit ihm?

    Mit meinem Klosterbruder? - Ha! so weiß

    Er sicherlich schon alles! ist wohl gar

    Dem Patriarchen schon verraten! - Ha!

    Was hab ich Querkopf nun gestiftet! - Daß

    Ein einz’ger Funken dieser Leidenschaft

    Doch unsers Hirns so viel verbrennen kann! -

    Geschwind entschließ dich, was nunmehr zu tun!

    Ich will hier seitwärts ihrer warten; - ob

    91

    Vielleicht der Klosterbruder ihn verläßt.

    VIERTER
    AUFTRITT

    Nathan und der Klosterbruder.

    NATHAN. (im
    Näherkommen)

    Habt nochmals, guter Bruder, vielen Dank!
    KLOSTERBRUDER. Und Ihr desgleichen!
    NATHAN.
    Ich? von Euch? wofür?

    Für meinen Eigensinn, Euch aufzudringen,

    Was Ihr nicht braucht? - Ja, wenn ihm Eurer nur

    Auch nachgegeben hätt’; Ihr mit Gewalt

    Nicht wolltet reicher sein, als ich.
    KLOSTERBRUDER. Das Buch

    Gehört ja ohnedem nicht mir; gehört

    Ja ohnedem der Tochter; ist ja so

    Der Tochter ganzes väterliches Erbe. -

    Je nu, sie hat ja Euch. - Gott gebe nur,

    Daß Ihr es nie bereuen dürft, so viel

    Für sie getan zu haben!
    NATHAN.
    Kann ich das?

    Das kann ich nie. Seid unbesorgt!
    KLOSTERBRUDER. Nu, nu!

    Die Patriarchen und die Tempelherren …
    NATHAN.
    Vermögen mir des Bösen nie so viel

    Zu tun, daß irgend was mich reuen könnte:

    Geschweige, das! - Und seid Ihr denn so ganz

    Versichert, daß ein Tempelherr es ist,

    Der Euern Patriarchen hetzt?
    KLOSTERBRUDER. Es kann

    Beinah kein andrer sein. Ein Tempelherr

    Sprach kurz vorher mit ihm; und was ich hörte,
    Das
    klang
    darnach.
    NATHAN.
    Es ist doch aber nur

    Ein einziger itzt in Jerusalem.

    Und diesen kenn ich. Dieser ist mein Freund.

    Ein junger, edler, offner Mann!
    KLOSTERBRUDER. Ganz recht;

    Der nämliche! - Doch was man ist, und was

    Man sein muß in der Welt, das paßt ja wohl
    Nicht
    immer.
    NATHAN.
    Leider nicht. - So tue, wer’s

    Auch immer ist, sein Schlimmstes oder Bestes!

    Mit Euerm Buche, Bruder, trotz ich allen;

    Und gehe graden Wegs damit zum Sultan.
    KLOSTERBRUDER. Viel Glücks! Ich will Euch denn nur hier verlassen.
    NATHAN.
    Und habt sie nicht einmal gesehn? - Kommt ja

    92

    Doch bald, doch fleißig wieder. - Wenn nur heut

    Der Patriarch noch nichts erfährt! - Doch was?

    Sagt ihm auch heute, was Ihr wollt.
    KLOSTERBRUDER. Ich nicht.

    Lebt wohl! (Geht ab.)
    NATHAN.
    Vergeßt uns ja nicht, Bruder! - Gott!

    Daß ich nicht hier gleich unter freiem Himmel

    Auf meine Kniee sinken kann! Wie sich

    Der Knoten, der so oft mir bange machte,

    Nun von sich selber löset! - Gott! wie leicht

    Mir wird, daß ich nun weiter auf der Welt

    Nichts zu verbergen habe! daß ich vor

    Den Menschen nun so frei kann wandeln, als

    Vor dir, der du allein den Menschen nicht

    Nach seinen Taten brauchst zu richten, die

    So selten seine Taten sind, o Gott! -

    FÜNFTER
    AUFTRITT

    Nathan und der Tempelherr, der von der Seite auf ihn zukömmt.

    TEMPELHERR.
    He! wartet, Nathan; nehmt mich mit!
    NATHAN.
    Wer ruft? -

    Seid Ihr es, Ritter? Wo gewesen, daß

    Ihr bei dem Sultan Euch nicht treffen lassen?
    TEMPELHERR.
    Wir sind einander fehlgegangen. Nehmt’s
    Nicht
    übel.
    NATHAN.
    Ich nicht; aber Saladin …
    TEMPELHERR.
    Ihr wart nur eben fort …

    NATHAN.
    Und spracht ihn doch?

    Nun, so ist’s gut.
    TEMPELHERR.
    Er will uns aber beide
    Zusammen
    sprechen.
    NATHAN. Desto
    besser.
    Kommt

    Nur mit. Mein Gang stand ohnehin zu ihm. -
    TEMPELHERR.
    Ich darf ja doch wohl fragen, Nathan, wer
    Euch
    da
    verließ?
    NATHAN.
    Ihr kennt ihn doch wohl nicht?
    TEMPELHERR.
    War’s nicht die gute Haut, der

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