Nathan der Weise
ihrer Muskeln;
Wär’, was sie lächeln macht, des Reizes unwert,
In den es sich auf ihrem Munde kleidet: -
Nein; selbst ihr Lächeln nicht! Ich hab es ja
Wohl schöner noch an Aberwitz, an Tand,
An Höhnerei, an Schmeichler und an Buhler
Verschwenden sehn! - Hat’s da mich auch bezaubert?
Hat’s da mir auch den Wunsch entlockt, mein Leben
In seinem Sonnenscheine zu verflattern? -
Ich wüßte nicht. Und bin auf den doch launisch,
Der diesen höhern Wert allein ihr gab?
Wie das? warum? - Wenn ich den Spott verdiente,
Mit dem mich Saladin entließ! Schon schlimm
Genug,
daß
Saladin
es glauben konnte!
Wie klein ich ihm da scheinen mußte! wie
Verächtlich! - Und das alles um ein Mädchen? -
Curd! Curd! das geht so nicht. Lenk ein! Wenn vollends Mir Daja nur was vorgeplaudert hätte,
Was schwerlich zu erweisen stünde? - Sieh,
Da tritt er endlich, im Gespräch vertieft,
Aus seinem Hause! - Ha! mit wem! - Mit ihm?
Mit meinem Klosterbruder? - Ha! so weiß
Er sicherlich schon alles! ist wohl gar
Dem Patriarchen schon verraten! - Ha!
Was hab ich Querkopf nun gestiftet! - Daß
Ein einz’ger Funken dieser Leidenschaft
Doch unsers Hirns so viel verbrennen kann! -
Geschwind entschließ dich, was nunmehr zu tun!
Ich will hier seitwärts ihrer warten; - ob
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Vielleicht der Klosterbruder ihn verläßt.
VIERTER
AUFTRITT
Nathan und der Klosterbruder.
NATHAN. (im
Näherkommen)
Habt nochmals, guter Bruder, vielen Dank!
KLOSTERBRUDER. Und Ihr desgleichen!
NATHAN.
Ich? von Euch? wofür?
Für meinen Eigensinn, Euch aufzudringen,
Was Ihr nicht braucht? - Ja, wenn ihm Eurer nur
Auch nachgegeben hätt’; Ihr mit Gewalt
Nicht wolltet reicher sein, als ich.
KLOSTERBRUDER. Das Buch
Gehört ja ohnedem nicht mir; gehört
Ja ohnedem der Tochter; ist ja so
Der Tochter ganzes väterliches Erbe. -
Je nu, sie hat ja Euch. - Gott gebe nur,
Daß Ihr es nie bereuen dürft, so viel
Für sie getan zu haben!
NATHAN.
Kann ich das?
Das kann ich nie. Seid unbesorgt!
KLOSTERBRUDER. Nu, nu!
Die Patriarchen und die Tempelherren …
NATHAN.
Vermögen mir des Bösen nie so viel
Zu tun, daß irgend was mich reuen könnte:
Geschweige, das! - Und seid Ihr denn so ganz
Versichert, daß ein Tempelherr es ist,
Der Euern Patriarchen hetzt?
KLOSTERBRUDER. Es kann
Beinah kein andrer sein. Ein Tempelherr
Sprach kurz vorher mit ihm; und was ich hörte,
Das
klang
darnach.
NATHAN.
Es ist doch aber nur
Ein einziger itzt in Jerusalem.
Und diesen kenn ich. Dieser ist mein Freund.
Ein junger, edler, offner Mann!
KLOSTERBRUDER. Ganz recht;
Der nämliche! - Doch was man ist, und was
Man sein muß in der Welt, das paßt ja wohl
Nicht
immer.
NATHAN.
Leider nicht. - So tue, wer’s
Auch immer ist, sein Schlimmstes oder Bestes!
Mit Euerm Buche, Bruder, trotz ich allen;
Und gehe graden Wegs damit zum Sultan.
KLOSTERBRUDER. Viel Glücks! Ich will Euch denn nur hier verlassen.
NATHAN.
Und habt sie nicht einmal gesehn? - Kommt ja
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Doch bald, doch fleißig wieder. - Wenn nur heut
Der Patriarch noch nichts erfährt! - Doch was?
Sagt ihm auch heute, was Ihr wollt.
KLOSTERBRUDER. Ich nicht.
Lebt wohl! (Geht ab.)
NATHAN.
Vergeßt uns ja nicht, Bruder! - Gott!
Daß ich nicht hier gleich unter freiem Himmel
Auf meine Kniee sinken kann! Wie sich
Der Knoten, der so oft mir bange machte,
Nun von sich selber löset! - Gott! wie leicht
Mir wird, daß ich nun weiter auf der Welt
Nichts zu verbergen habe! daß ich vor
Den Menschen nun so frei kann wandeln, als
Vor dir, der du allein den Menschen nicht
Nach seinen Taten brauchst zu richten, die
So selten seine Taten sind, o Gott! -
FÜNFTER
AUFTRITT
Nathan und der Tempelherr, der von der Seite auf ihn zukömmt.
TEMPELHERR.
He! wartet, Nathan; nehmt mich mit!
NATHAN.
Wer ruft? -
Seid Ihr es, Ritter? Wo gewesen, daß
Ihr bei dem Sultan Euch nicht treffen lassen?
TEMPELHERR.
Wir sind einander fehlgegangen. Nehmt’s
Nicht
übel.
NATHAN.
Ich nicht; aber Saladin …
TEMPELHERR.
Ihr wart nur eben fort …
NATHAN.
Und spracht ihn doch?
Nun, so ist’s gut.
TEMPELHERR.
Er will uns aber beide
Zusammen
sprechen.
NATHAN. Desto
besser.
Kommt
Nur mit. Mein Gang stand ohnehin zu ihm. -
TEMPELHERR.
Ich darf ja doch wohl fragen, Nathan, wer
Euch
da
verließ?
NATHAN.
Ihr kennt ihn doch wohl nicht?
TEMPELHERR.
War’s nicht die gute Haut, der
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