Nathaniels Seele
transparenten Kokon. Josephine kniff die Augen zusammen und öffnete sie wieder. Bröckelte ihr Verstand? Erlag sie langsam den Gespenstern, die sie sich erschaffen hatte?
Plötzlich schlossen sich zwei Arme so fest um ihren Oberkörper, dass ihr soeben eingesogener Atem stoßweise entwich.
„Du musst etwas Besonderes sein“, knurrte Nathaniel.
Er drückte sie mit dem Rücken gegen die Boxenwand und grub seine Hand in ihr Haar. Diesmal lag ein Hunger in dieser Berührung, der es ihm unmöglich machen würde, zu verschwinden. Nathaniel presste seine Lippen auf die ihren und umfing mit beiden Händen ihren Kopf. Es war ein Kuss, der sie alles bisher Gespürte vergessen ließ. Gierig und verzweifelt, begehrend und wild. Josephine hätte sich ihm mühelos entziehen können, der Griff seiner Hände war behutsam. Doch sie konnte es nicht. Sie wollte es nicht. Das soeben Geschehene hätte tief in sie hineinschneiden müssen, doch jetzt, da Nathaniels Nähe sie umgab wie eine schützende Aura, rückte die Realität in weite Ferne. Ihre Gedanken und Gefühle beschränkten sich auf das, was hier und jetzt geschah. Josephine öffnete ihre Lippen unter seinem Kuss. Es war die Einladung, auf die er gewartet hatte. Nathaniel stieß ein Seufzen aus. Sein Kuss wurde grober. Gieriger. Als ihre Zungen sich berührten und ein Stromstoß durch ihren Körper jagte, klammerte sie sich schwindelnd an ihn.
„Sag es mir, wenn ich aufhören soll“, raunte er zwischen zwei Küssen. „Sag es mir. Auch wenn es mich umbringen würde.“
„Nicht aufhören.“
Seine Hand ergriff ihren Zopf und zog ihren Kopf nach hinten, die andere glitt nach unten und begann, ihr Hemd aufzuknöpfen. Josephine spürte seine Hand in ihrem Ausschnitt, spürte, wie sie ungeduldig nach unten tastete, unter ihr Hemdchen glitt und ihre Brust umschloss. Sie stöhnte. Nicht leise, sondern unverhohlen genüsslich. Der letzte Strang ihrer Beherrschung zerriss. Ein Verlangen überwältigte sie, dessen Heftigkeit wehtat. Nathaniel erfüllte sie nicht nur mit Leben. Er flutete sie mit einer existenziellen, überschäumenden Gier. Sie wollte alles spüren, alles wahrnehmen. Sie wollte das Leben in sich aufsaugen und es an sich reißen. Es tief in sich aufnehmen. Genauso wie ihn.
Als er für eine Sekunde von ihr abließ, entlud sich ihre Enttäuschung in einem Knurren.
„Wir müssen uns dringend mal miteinander beschäftigen“, schnurrte Nathaniel.
Josephine lachte. „Oh ja. Das müssen wir. Hier und jetzt.“
„Ich werde dir einiges beibringen müssen.“
„Das glaube ich kaum.“
„Oh doch. Ungefähr tausend Arten, jemanden gefechtsunfähig zu machen.“
Nathaniel zerriss mit einem Ruck ihr Hemdchen und schob den Stoff beiseite. Sein Blick verschlang ihre entblößten Brüste, während er mit beiden Daumen ihre längst harten Knospen reizte. Unvermittelt schoss ein Schmerz durch jede Zelle ihres Körpers. Eine Form von ziehender Leere, die nur gefüllt werden konnte, wenn sie ihn heute Nacht besitzen würde. Feucht zog seine Zungenspitze die Form ihrer Ohrmuschel nach. Eine Hand umschlang ihren Nacken, die andere massierte grob ihre Brust. Josephine hob ein Bein und schlang es um seine Hüfte. Die Hand, die zuvor ihren Nacken umschlossen hatte, zog sich zurück und wanderte tiefer. Über den Bogen ihrer Rippen, ihre Taille und ihren Bauch. Als sich die tastenden Spitzen seiner Finger über ihrer weiblichsten Stelle befanden, stieß Josephine ein Wimmern aus.
„Du hast Angst“, raunte Nathaniel.
„Nein.“ Sie schüttelte den Kopf, legte ihre Hand über die seine und dirigierte sie unter den Bund ihrer Jeans.
„Ich kann keine Kinder zeugen“, sagte er leise. „Und ich kann nicht krank werden. Es gibt nichts, worüber du dir Sorgen machen musst.“
„Du kannst nicht …“
„Schsch“, schnurrte er und bedeckte ihre Kehle mit Küssen. „Nicht jetzt.“
Wieder legten sich seine Lippen auf die ihren, nicht zum Kuss, sondern um sie seinen Atem einsaugen zu lassen. Josephines Sinne fanden zu neuer Schärfe. Sie roch seine Lust, seine Männlichkeit und den Duft nach Leder und Wald. Sie spürte, wie sich sein Hemd samtweich an ihre nackte Brust schmiegte, wie seine Haare über ihre Schulter glitten und sein Atem die winzigen Härchen auf ihrer Haut reizte. Seine Finger glitten tiefer. Unter ihren Slip und über das Vlies krauser Haare. Josephine erschlaffte unter seinem Gewicht, das sie gegen die Wand drückte. Endlich! Endlich spürte sie ihn,
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