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Natürliche Selektion (German Edition)

Natürliche Selektion (German Edition)

Titel: Natürliche Selektion (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Anderegg
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Lebensgemeinschaften von Pflanzen, deren Namen sie noch nie gehört hatte, von akribischen Auszählungen und Statistiken. Sein Gedächtnis hatte die Arbeit, die er damals nur als lästige Pflicht absolvierte, in allen Einzelheiten aufgezeichnet. Auch wenn solche Erfahrungen im Grunde ihr tägliches Brot als Psychiaterin waren, staunte sie doch jedes Mal von Neuem über die atemberaubende Leistungsfähigkeit des Gehirns.
    Sie schaute auf die Uhr. Zwanzig Minuten waren vergangen, seit sie ihn in Trance versetzt hatte. Es wurde langsam Zeit, die Sitzung abzubrechen. Sie hatte viel erfahren, doch ein entscheidender Hinweis auf irgendeine Unregelmäßigkeit, einen Unfall, ein missglücktes Experiment oder Ähnliches fehlte. Irrte sie sich doch? Vielleicht hatte die Antwort, die sie suchte, nichts mit der Arbeit der Studenten zu tun. Sie stellte ihm noch eine letzte Frage:
    »Was unternehmen Sie am Wochenende?«
    »Wochenende«, wiederholte er leise. Auf seinem Gesicht zeichnete sich ein glückliches Lächeln ab. »Am Wochenende reite ich wieder mit ihr aus.«
    »Wer ist sie?«
    »Meta – sie ist die Schönste von allen. Blonde Locken, riesige Augen, ein paar Sommersprossen auf der Nase und ein süßer Schmollmund. Hinreißend wie die Bardot in ›Viva Maria!‹, sagt Lorenzo, und alle beneiden mich.«
    Es war endgültig Zeit, aufzuhören. Intime Details würden sie nicht weiterführen. Seine Antworten ergaben ein anschauliches Bild des Aufenthalts im Jura, aber sie sah noch immer keinen Anhaltspunkt, der ihren Verdacht untermauert hätte. Halb enttäuscht, halb erleichtert schickte sie sich an, die Hypnose aufzulösen.
    Seine Sinne nahmen die Umgebung wieder wahr. Er rieb sich die Augen und fragte erstaunt: »Schon vorbei?«
    »Wir haben immerhin eine halbe Stunde miteinander geredet«, lächelte sie.
    »Und – was haben Sie herausgefunden?«
    Es gab keinen Grund, ihm seine verschütteten Erinnerungen vorzuenthalten. So erzählte sie ihm in wenigen Worten, was sie gehört hatte. Als sie den Namen der Schönen erwähnte, lachte er plötzlich auf:
    »Meta! Natürlich, jetzt, wo Sie’s sagen – das war eine wilde Zeit. Ich habe doch hoffentlich nicht ...«
    »Keine Angst«, wehrte sie ab. Sie haben nichts Unanständiges verraten.«
    Er erhob sich. Bevor er sich verabschiedete, musterte er sie nachdenklich und sagte: »Nicht sehr ergiebig, wie?«
    Sie zuckte mit den Achseln. »Es ist viel für die erste Sitzung, würde ich zu einem Patienten sagen. Ich werde mich noch mit zwei anderen Herren unterhalten, die dabei waren. Vielleicht ergibt sich dann ein Zusammenhang. Ich werde Sie auf jeden Fall auf dem Laufenden halten, wenn Sie das wünschen.«
     
    Zwei Tage später lag ihr zweiter Kontakt auf der blauen Couch. Sie hätte den jungen Mann auch direkt nach den Einzelheiten fragen können, die sie in der ersten Sitzung erfahren hatte, doch das wollte sie nicht. Es hätte das Bild verfälscht. Die Gefahr, Antworten zu suggerieren, war zu groß. Nun stellte sie ihm mehr oder weniger die gleichen Fragen, die sie an Pollini gerichtet hatte. Und sie bekam übereinstimmende Antworten, was sie nicht weiter erstaunte. Nur als er auf ihre letzte Frage antwortete, traute sie ihren Ohren nicht mehr:
    »Am Wochenende reite ich wieder mit ihr aus.«
    Exakt die gleichen Worte wie Pollini. Es überraschte sie schon nicht mehr, dass auch ihr zweiter Kandidat von der schönen Meta schwärmte. Auch diesmal war sie verführerisch wie die junge Bardot, und auch ihn beneideten die Kameraden. Es handelte sich zweifellos um dieselbe Frau, aber wie konnte sie gleichzeitig die exklusive Flamme beider Männer sein? Höchst seltsam.
     
    Nach der dritten Sitzung am folgenden Abend wusste Leo, dass es sich bei der Erinnerung an die schöne Meta um eine Koinzidenz handelte, die allein mit natürlichen Ursachen kaum zu erklären war. Das sagte sie auch dem forschen Monsieur Fermat, nachdem sie die Hypnose beendet hatte.
    »Pollini, François?«, rief Fermat verächtlich aus. »Unmöglich, dass Meta etwas mit dem hatte.«
    »Ich kann Ihnen versichern: Sie alle drei erzählen genau die gleiche Geschichte über diese Frau. Sie kann aber schlecht gleichzeitig und exklusiv mit drei verschiedenen Männern ausgegangen sein, nicht wahr?«
    »Merde«, fluchte er leise. »Entschuldigung. Vielleicht funktioniert Ihre Hypnose nicht einwandfrei.«
    »Das glaube ich nicht.« Ein Verdacht, der ihr schon nach der zweiten Hypnose durch den Kopf gegangen war, ließ sich

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