Natur
schönen Erscheinungsbilds bevorzugte Orte, deren Anblick wohl tut, sie vermögen noch mehr, wie Korpela, Kyttä & Hartig (2002) in ihrer Untersuchung mit 8- bis 13-Jährigen festgestellt haben. Lieblingsorte tragen mittels ihrer emotionalen Kongruenz dazu bei, nach Enttäuschungen, Rückschlägen und Niedergeschlagenheit wieder zu einem emotionalen Gleichgewicht zu gelangen. Sie dienen der psychischen Regulation. Am Lieblingsort kann man rascher wieder mit sich selbst ins Reine kommen.
Da die Motive individuell unterschiedlich sind, ist ein und dieselbe Umwelt auch unterschiedlich motivational kongruent. Das, was der eine anstrebt, ist nicht unbedingt auch das, was ein anderer im Sinn hat. Für die Planung heißt das, dass Umwelten entweder vielfältige Angebote liefern oder nutzungsoffen gestaltet sein müssen, um nicht nur für einige wenige, sondern für möglichst viele Menschen kompatibel zu sein. Zum Beispiel besitzt ein Stadtpark ein hohes Potential an Kompatibilität, wenn er so angelegt ist, dass alle Besucher dort die Gelegenheit haben, ihre Absichten zu realisieren, z. B. die einen, indem sie spazieren gehen, die anderen, indem sie sich Anregungen für den eigenen Garten holen.
Messung des Erholungspotentials
Hartig, Kaiser & Bowler (1997) haben zur Erfassung des Erholungspotentials von Umwelten die «Perceived Restorativeness Scale» (PRS) konstruiert, wobei sie von vier Faktoren ausgingen: being away, Faszination, Kompatibilität und Kohärenz. Diese Faktoren repräsentieren unterschiedliche Aspekte erholsamer Umwelten; es sind jedoch keine unabhängigenDimensionen. Ein Entfernt sein vom Alltag ist z. B. nur dann erholsam, wenn der andere Ort als passend, als faszinierend und nicht als trostlos und eintönig erlebt wird.
Tabelle 2-3: Perceived Restorativeness Scale, nach Komponenten geordnet (Purcell et al., 2001, S. 99)
In einer neueren Variante der PRS, die Purcell, Peron & Berto (2001) vorgelegt haben, wird als fünfter Faktor die wahrgenommene Weite ermittelt (vgl. Tabelle 2-3 ). Auch hier interessiert nicht nur der Gesamtwert, sondern das differenzierende Profil. Ein Park kann z. B. wegen seiner Blütenpracht besonders faszinierend und aus diesem Grunde auch überdurchschnittlich erholsam sein, ein anderer bietet dagegen viel Weite und fördert deshalb die Erholung. Purcell et al. (2001) verwendeten für die Beurteilung der vorlegten Aussagen eine Skala mit 11 Stufen, wobei der Skalenwert 0 bedeutet: stimmt überhaupt nicht, und 10 = stimmt vollkommen. Erst ab einem Wert über 5,5 verdienen die auf diese Weise bewerteten Umwelten das Label «erholsam».
Die Forscher ließen Studierende Bilder von verschiedenen Umwelttypen mit der PRS beurteilen, wobei sich folgende Mittelwerte ergaben:
• für Industriegebiete 3,6
• für Häuser 3,9
• für innerstädtische Straßen 4,5
• für hügelige Landschaften 5,9
• für Naturlandschaften mit Seen 6,2.
Nur die hügeligen Landschaften und die Seenlandschaften wurden als erholsam bewertet. Bei allen anderen Umwelten lag der Skalenmittelwert unter 5,5.
Mit zwei weiteren Aussagen, die ebenfalls auf 11-stufigen Skalen zu beurteilen waren, ermittelten die Forscher die Wertschätzung und die Präferenz für den jeweiligen Umwelttyp:
• ich liebe diesen Ort
• ich bevorzuge diesen Ort gegenüber allen anderen, an denen ich jemals gewesen bin.
Wie sich zeigte, korrelieren der wahrgenommene Erholungswert einer Umwelt und die Vorliebe dafür hochsignifikant. Wer z. B. seine Wohnumwelt als Lieblingsort empfindet, kann sich dort auch erholen.
Mit der PRS lässt sich das Erholungspotential differenziert erfassen. Tenngart & Hagerhall (2008) haben mit der PRS von Purcell et al. (2001) zwei Gärten unterschiedlicher Größe und unterschiedlichen Typs hinsichtlich ihres Erholungspotentials untersucht. Beide Gärten wurden als therapeutische Orte für Menschen angelegt, die an Stress bedingten Beschwerden leiden. Von den Gärten wurden Fotoserien gemacht, die von Studierenden der Psychologie und der Landschaftsarchitektur beurteilt wurden.
Beide Gärten erwiesen sich als als «restorative environments», wobei der größere Garten A insgesamt noch wirksamer ist als der Garten B. Nur hinsichtlich der Kohärenz ist der Garten B dem Garten A überlegen (vgl. Tabelle 2-4 ).
Tabelle 2-4: Bewertungen des Erholungspotentials von zwei Gärten mit der PRS durch Studierende der Psychologie und Landschaftsarchitektur (Tenngart & Hagerhall, 2008, S.
Weitere Kostenlose Bücher